„Wir wollen in den Bundestag. Punkt.“

Johannes Vogel besucht LokalPlus-Redaktion


  • Kreis Olpe, 17.06.2015
  • Von Matthias Clever
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    Matthias Clever

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Johannes Vogel (Mitte) informierte sich im Gespräch mit Matthias Kramer (links, Geschäftsleitung) und Matthias Clever (Kreisredakteur) über die App LokalPlus. von s: Sven Prillwitz
Johannes Vogel (Mitte) informierte sich im Gespräch mit Matthias Kramer (links, Geschäftsleitung) und Matthias Clever (Kreisredakteur) über die App LokalPlus. © s: Sven Prillwitz

Mehr Bildung, mehr Freiheit, mehr Chancen: Der ehemalige heimische FDP-Bundestagsabgeordnete, aktuelle NRW-Generalsekretär der Partei und FDP-Kreisvorsitzende Johannes Vogel besuchte die LokalPlus-Redaktion (LP). Der Politiker schaute sich die Redaktion in Lennestadt-Altenhundem an und ließ sich zeigen, wie die innovative LP-App funktioniert. Anschließend diskutierte Vogel mit Matthias Kramer (Geschäftsführung) und Matthias Clever (Redaktion) über den Rauswurf der FDP aus dem Bundestag, Versagensängste, „German Mut“ und ob das Land eine liberale Partei braucht.


64 Jahre im Bundestag, zwei liberale Bundespräsidenten, fast 50 Jahre regierte die FDP mit – als die Partei im September 2013 bei der Bundestagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, war Johannes Vogel fassungslos. „Persönlich habe ich mich darauf eingestellt, dass Bundestag immer ein Mandat auf Zeit ist. Kalt erwischt hat es mich aber, dass die FDP aus dem Bundestag geflogen ist“, sagt Johannes Vogel. Der bis dahin heimische Bundestagsabgeordnete suchte neue Arbeitsstellen für seine Mitarbeiter und wickelte die Büros ab. Danach floh er, wie der Politiker sagt, nach Peking. Drei Monate Auszeit in Asien und Neuseeland – dort überlegte er, wie es mit ihm weiter geht. Beruflich, politisch, privat. Schnell war ihm klar, dass Deutschland eine liberale Kraft braucht. Daher entschied er sich, beim Wiederaufbau der FDP zu helfen. Eine Entscheidung gegen das große Geld der Wirtschaft und eine für die Bundesagentur für Arbeit – dort ist es ihm möglich, weiter politisch aktiv zu sein. In Bonn leitet der heute 33-Jährige den Bereich „Strategie und Geschäftsentwicklung“ der internationalen Abteilung und überlegt vereinfacht gesagt, wie ausländische Fachkräfte angeworben und in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden können. Als logischen Mittelpunkt entschied sich Vogel seine Zelte in Köln aufzuschlagen. Von dort sei er schnell in Bonn (Agentur für Arbeit), Düsseldorf (FDP-Landessitz) und Olpe (sein Heimatkreis).
„Die Grundwerte haben sich nicht verändert“
Parallel stieß Johannes Vogel den größten Erneuerungsprozess in der FDP-Geschichte mit an: In Ideenlabore, Treffen, Mitgliederentscheiden und vielem mehr entwickelte die FDP innerhalb von rund einem Jahr ein neues Profil. Setzte politische Schwerpunkte und strukturierte sich neu. „Die Grundwerte haben sich nicht verändert, sondern die Partei hat sich wieder genau darauf besonnen“, sagt Johannes Vogel. Die FDP sei in der Vergangenheit häufig als die Steuersparpartei wahrgenommen worden – im Gegensatz dazu sei die FDP aber die Partei für alle freiheitsliebenden Menschen. Vogel: „Ich kenne kein anderes Beispiel, wo so viel erneuert wurde.“ Durch das Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag sei die Partei finanziell „rasiert“ gewesen und hätte neue ehrenamtliche Formen suchen müssen. Inzwischen erzielen die Liberalen in bundesweiten Umfragen fünf Prozent und mehr, in NRW sogar neun Prozent. „Das sind Anzeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind – mehr nicht. Entscheidend ist für uns nur, was bei der Wahl Ende 2017 rumkommt.“ Vogel spricht von Morgenröte am Horizont.
Die aktuellen Umfragewerte will Johannes Vogel als Fundament zementieren und darauf weiter aufbauen. Dazu setzt der Generalsekretär auf vier Themen: 1. Bildung: Ziel müsse es sein, die weltbeste Bildung anzubieten. Es könne nicht sein, dass Kinder wegen ihrer sozialen Herkunft oder wegen unterschiedlicher Begabungen im Bildungsnetz durchfallen. Johannes Vogel spricht in diesem Zusammenhang von einer intensiveren Kooperation zwischen den einzelnen Bundesländern. 16 verschiedene Systeme sorgten derzeit für Verwirrung. Dazu müssten Mindeststandards gesetzt werden. Dazu gehört Freiheit für die Schulträger. Als Beispiel nannte er die Gemeinde Schalksmühle (Märkischer Kreis) – dort ist eine Primusschule errichtet worden, an der Schüler von Klasse 1 bis 10 unterrichtet werden. Außerdem müsse eine frühzeitige individuelle Förderung realisiert werden. Daher werde sich die FDP für einen Rechtsanspruch für kleine Klassen und Ganztagsangebote einsetzen. Des Weiteren müsse es in Schulen einen Unterricht geben, der sich an den digitalen Möglichkeiten orientiert. Unmöglich sei, dass der Alltag durch neue innovative Produkte und Medien geprägt sei und dann in den Klassen eine Zeitreise in die – im wahrsten Sinne des Wortes – Kreidezeit stattfände. Finanziert werden könnte dies laut Johannes Vogel anstelle von 230 Milliarden, die die Bundesregierung ins Rentensystem „versenken“ wolle. 2. Gründerkultur: Bürger müssten durch eigene Leistungen vorankommen können. Behördliche Hürden sollten nach Ansicht von Vogel abgebaut werden. „Denkbar wäre etwa ein bürokratiefreies erstes Jahr, wo der Gewerbeschein genügt“, schlägt Johannes Vogel vor. Deutschland belege derzeit Platz 22 der 26 Wirtschaftsnationen bei den Neugründungen von Firmen. Neben den gesetzlichen Bestimmungen müsste sich aber auch die Mentalität der Deutschen ändern. „Es muss normal sein, wenn eine Idee nicht funktioniert.“ Stattdessen werden in der Wahrnehmung von Vogel Unternehmen als Versager abgestempelt. Anders sei dies etwa in Amerika – dort werde gesagt: „Gut, dass du es versucht hast. Beim nächsten Mal klappt es.“ 3. Renteneintritt: Seit Bismarck werde von Politikern festgelegt, wer wann in Rente geht. Obwohl die Menschen länger und älter fit bleiben, gebe es feste Renteneintritte. Johannes Vogel glaubt stattdessen an ein System, in dem jeder selbst bestimmen kann, wann er in den Ruhestand geht. Aktuell müssten Menschen, die nach Renteneintritt doch noch einmal angestellt arbeiten, alles, was mehr als 400 Euro dazuverdient wird, abgeben. „Das ist doch absolut ungerecht und verständlich – schließlich braucht die Wirtschaft dringend Fachkräfte.“ 4. Zuwanderung: Der Mangel an Fachkräften wird laut Johannes Vogel in den nächsten Jahren zu einem großen Problem. Daher müssten Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden. Als positives Beispiel nannte er die „Blue Card“, die die FDP damals in Regierungsverantwortung noch mit auf den Weg gebracht hat. Die Blaue Karte ist eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis für hochqualifizierte Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten, die den Weg in die Europäische Union ebnet. Die „Blue Card“ sei aber nur ein Schritt in die richtige Richtung. Weitere müssten folgen, etwa ein Punktesystem. „Wir brauchen eine moderne Zuwanderungspolitik.“ Mit diesem Teil des Themenbündels will die FDP 2017 den Sprung in den Bundestag schaffen. Ob die Liberalen direkt zurück in Regierungsverantwortung wollen, ließ Vogel offen: „Darüber machen wir uns zu diesem Zeitpunkt noch keine Gedanken. Wir wollen in den Bundestag. Punkt.“ Letztlich gehe es aber darum, das Land positiv zu gestalten und nach vorne zu bringen. Vogel sei der festen Überzeugung, dass das Beste des Landes noch vor Deutschland liege. Daher habe die FDP auch den Slogan „German Mut statt German Angst“ geprägt.
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