Wie wichtig es ist, die Erinnerung an den Holocaust aufrechtzuerhalten

Interview mit Tom Kleine


  • Kreis Olpe, 27.01.2024
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Tom Kleine und Hartmut Hosenfeld mit dem ehemaligen NRW-Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, Johannes Remmel (v.r.), auf dem jüdischen Friedhof in Attendorn. von Nicole Voss
Tom Kleine und Hartmut Hosenfeld mit dem ehemaligen NRW-Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, Johannes Remmel (v.r.), auf dem jüdischen Friedhof in Attendorn. © Nicole Voss

Kreis Olpe. Im Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus wurde am 27. Januar 1996 der Holocaust-Gedenktag in Deutschland eingeführt. In Attendorn gab es dazu einen parteiübergreifenden, informativen Rundgang durch die Stadt. Die Initiative „Jüdisch in Attendorn“ lädt am Folgetag zur Reinigung der Stolpersteine ein. LokalPlus-Redakteurin Nicole Voss hat mit Tom Kleine von der Initiative „Jüdisch in Attendorn“ über die Bedeutung, die Erinnerungen lebendig zu halten, gesprochen.


Erleben Sie in Attendorn Judenfeindlichkeit?

Nicht konkret oder unmittelbar gegen unsere Initiative „Jüdisch in Attendorn“ gerichtet. Dennoch leben auch wir gewiss nicht im Paradies. Auch bei uns in Attendorn gibt es Hakenkreuz-Schmierereien oder Sprüche in den sozialen Medien.

Ein Blick in die Glaskugel: Wie geht es weiter – wie sollte es weitergehen?

Unsere Arbeit liegt darin, die reichhaltige jüdische Geschichte in unserer Stadt immer wieder in Erinnerung zu rufen. Wir halten uns dabei an den Passus aus dem Talmud: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Dabei ist uns insbesondere der Kontakt zu jungen Menschen wichtig, damit das Thema auch in Zukunft ein Thema in unserer Stadt bleibt.

Hartmut Hosenfeld (3.v.l.) gibt Infos zur Initiative „Jüdisch in Attendorn“. Rechts daneben Tom Kleine. von Nicole Voss
Hartmut Hosenfeld (3.v.l.) gibt Infos zur Initiative „Jüdisch in Attendorn“. Rechts daneben Tom Kleine. © Nicole Voss

Was ist das Schlimmste, das passieren könnte?

Dass die Menschen aus der dunklen Geschichte unseres Landes nichts gelernt haben und sich die Ereignisse durch die Wahl antidemokratischer Parteien wieder dramatisch verschärfen. Und dass sich auch in Attendorn der Gedanke einschleichen könnte, dass es in einer Kleinstadt schon nicht so schlimm werden könnte. Das ist ein fataler Irrtum, wie uns auch unsere Stadtgeschichte zwischen 1933 und 1945 gelehrt hat.

Hartmut Hosenfeld erforscht jüdische Geschichte

Wann und warum haben Hartmut Hosenfeld und Sie die Initiative „Jüdisch in Attendorn“ gegründet?

Hartmut Hosenfeld erforscht bereits seit über 40 Jahren das Thema jüdische Geschichte in Attendorn und hat hierzu zwei Bücher verfasst. Ich bin 2015 dazu gestoßen. Im Hinblick auf unsere große Veranstaltungsreihe „Shalom Attendorn 2018“ haben wir dann im Jahr 2017 die Initiative „Jüdisch in Attendorn“ gegründet. Mit Wolfgang Dröpper haben wir seit dem vergangenen Jahr einen weiteren Mitstreiter gewinnen können.

Das jährliche Reinigen der Stolpersteine in Attendorn ist ein wichtiger Termin, um die Erinnerungen aufrecht zu erhalten. von Nicole Voss
Das jährliche Reinigen der Stolpersteine in Attendorn ist ein wichtiger Termin, um die Erinnerungen aufrecht zu erhalten. © Nicole Voss

Welche Aktionen hat es gegeben/gibt es?

In den Jahren 2018 und 2021 haben wir in der Summe über 50 Projekte und Veranstaltungen angeschoben und durchgeführt. Das waren außergewöhnliche Jahre. In „normalen“ Jahren bieten wir Stadtführungen durch das frühere jüdische Leben in Attendorn an.

Dazu buchen uns Schulen für Veranstaltungen in und außerhalb der Klassenräume. Auch unterstützen wir Schüler bei Facharbeiten zum Thema jüdische Geschichte in Attendorn. Wir nehmen an Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Antisemitismus teil und stehen mit den Angehörigen der früheren jüdischen Familien aus Attendorn, die heute in aller Welt leben, in Kontakt. Und wir reinigen regelmäßig die 14 Stolpersteine. Über Langeweile können wir uns nicht beklagen (lacht).

Der jüdische Friedhof in Attendorn wird ständig gepflegt. von Nicole Voss
Der jüdische Friedhof in Attendorn wird ständig gepflegt. © Nicole Voss

Welches Feedback bekommt ihr?

Das Feedback ist fast durchweg positiv. Wir erhalten Unterstützung durch die Schulen, die Lokalpolitik, den Bürgermeister, die Stadtverwaltung, durch Vereine und Privatpersonen. Kritiker gibt es mit Sicherheit, hier reicht ein Blick in die sozialen – oft leider asozialen – Medien.

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