Wie man einen Journalisten auf die Palme bringt

LP-Randnotizen


Topnews
 von Grafik: Sophia Poggel
© Grafik: Sophia Poggel

„Zu seinem 100-jährigen Bestehen hat der Musikverein „Klangvoll“ ein großes Jubiläumskonzert durchgeführt. Die Stadthalle war bis auf den letzten Platz besetzt und verschiedene Ehrengäste gratulierten dem Verein.“ Eine fröhliche und gesellige Veranstaltung – und so mancher Redakteur sitzt mit Schweißausbrüchen am Schreibtisch.


Es gibt Wörter und Formulierungen, die wir oft und immer wieder benutzen. Unscheinbare Phrasen, über deren wörtliche Bedeutung man nie so wirklich nachgedacht hat, quasi alteingesessene Mitglieder unseres alltäglichen Wortschatzes. Sie sind die kleinen Übeltäter, mit denen man einige Journalisten auf die Palme bringen kann. Als Volontärin lerne ich immer mal wieder, welche das sind.

Das Wort „durchführen“ lässt zum Beispiel die Alarmglocken läuten. „Der einzige, der jemanden durchgeführt hat, war Moses, der die Israeliten durch das Rote Meer geführt hat!“ Einmal gelernt, für immer verinnerlicht.

Und eine Halle, die „bis auf den letzten Platz“ besetzt ist, spricht zwar für eine gut besuchte Veranstaltung, aber es ist noch Luft nach oben – schließlich ist der letzte Platz ja noch frei.

Zombies im Haus

„Das muss aber eine gruselige Veranstaltung gewesen sein“, hätte der ehemalige Chef einer Kollegin die Passage zum Jubiläumsfest wahrscheinlich kommentiert. Denn „verschieden“ kann auch verstorben bedeuten – waren also Zombies zu Gast?

Und die Aufreger gehen hier noch nicht zu Ende. Es gibt sogar ganze Listen mit diesen journalistischen „Unwörtern“ und No-Gos.

Zum Glück ist Sprache auch manchmal mehrdeutig und immer vielseitig, individuell und in ständiger Entwicklung. Einige Wörter kann ich jetzt trotzdem nie mehr so betrachten wie vorher.

Auf Wiederlesen und ein schönes Wochenende!

Lorena Klein

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