Wie lebt es sich im Alltag mit einer Behinderung?
Gruppen-Selbstversuch
- Kreis Olpe, 30.11.2018
- Von Christine Schmidt
Altenhundem. Eine ungewöhnliche Truppe ist jetzt durch Altenhundem gezogen: Das eine Mädchen mit einer Schlafmaske vor den Augen, das zweite mit neonfarbenen Stöpseln im Ohr, die Dritte schob ihre Freundin im Rollstuhl. Vier FSJ’lerinnen (Freiwilliges Soziales Jahr) im Selbstversuch: Wie ist es eigentlich, mit einer Behinderung im Alltag klar zu kommen?
Auch an die Schuhe in dem oberen Regal kommt sie nicht. „Das ist für alle Rollstuhlfahrer ein Hindernis. Wenn Produkte oben positioniert sind, kommt man da nicht ran“, so die Olperin. Die Menschen sind immer auf Hilfe angewiesen.
Auch beim Punkt Blindenschrift gibt es großen Nachholbedarf. Ob bei gekauften Produkten oder gar an Bushaltestellen – blinde Menschen sind auf die Hilfe anderer angewiesen. „Man muss anderen oft vertrauen“, sagt Michelle Petunin, „ich weiß doch beispielweise nie, wie viel Wechselgeld ich wirklich zurückbekomme.“
Aber auch Michelle Wuntke, die jetzt im Rollstuhl sitzt, hat es schwer. Sie versucht, die Straße auf eigene Faust zu überqueren. Sie ist mit dem „Rolli“ zu langsam, sodass die Ampel schon wieder auf Rot geschaltet hat.
Sie hängt am Bordstein fest und schafft es nicht, mit eigener Kraft diese Hürde zu überwinden. Ein Lkw, der vor ihr steht, will weiterfahren. Da es nur eine gestellte Situation ist, steht Michelle auf, nimmt den Rollstuhl und hebt ihn über die Kante. Für sie machbar, für beeinträchtigte Menschen nicht.
Passend zur Adventszeit testen die vier Mädels auch die Zugänglichkeit auf dem Weihnachtsmarkt. Für eine gemütliche Atmosphäre sind dort, bis auf einen kleinen Weg, überall Hackschnitzel verteilt. Für Menschen, die im Rollstuhl sitzen, wird das zu einem Kraftakt. Maren Kinkel versucht angestrengt die dünnen Reifen durch die tiefen Späne zu bewegen. Kein Vorankommen. Sie versinkt darin.
So wie hier macht die Gruppe in vielen Geschäften weitere positive Erfahrungen: Die Tür wird aufgehalten, der Rollstuhl hineingehoben oder der Aufzug gezeigt.
Info:
Der Rollstuhl wurde von dem Sanitätshaus Fritsch zur Verfügung gestellt.
Die Gruppenarbeit gehört zu einem Seminar des In Via Bildungswerks, das momentan im Jugendhof Pallotti Lennestadt stattfindet.