Wenn Menschen ein Warum zurücklassen – weitermachen nach dem Verlust

Welttag der Suizid-Prävention


  • Kreis Olpe, 10.09.2023
  • Verschiedenes
  • Von Lorena Klein
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Am 10. September ist Welttag der Suizidprävention. von pixabay.com
Am 10. September ist Welttag der Suizidprävention. © pixabay.com

Kreis Olpe. Aufmerksamkeit schaffen und Tabus brechen – das sind Anliegen des Welttages der Suizidprävention am heutigen Sonntag, 10. September. Menschen auffangen, damit es nicht so weit kommt. Aber auch jene, die Menschen daran verloren haben. Und weitermachen, nachdem eine Welt zusammengebrochen ist.


In diesem Artikel geht es um Suizid und den Tod eines geliebten Menschen. Wenn dich das Thema selber belastet und extrem negative Emotionen auslöst, solltest du den Artikel nicht lesen.

Warum? Auf diese Frage wird Hannah S. (Name von der Redaktion geändert) niemals eine Antwort erhalten. Einige Jahre ist es her, dass ihr Partner sich das Leben nahm. Mit seinem Suizid brach auch das Leben der jungen Frau aus dem Kreis Olpe zusammen.

Seit längerer Zeit stand ihr Freund damals auf der Warteliste für eine Psychotherapie. Diagnose: Depression. Doch das Ausmaß, das die Krankheit angenommen hatte, blieb im Verborgenen. „Ich habe nichts davon geahnt“, erzählt Hannah. Es habe keine Indizien gegeben.

Im Tunnel der Fragen

Und plötzlich war da ein klaffendes Loch, gefüllt mit tausend Fragen: „Hätte ich etwas ändern können? Hätte ich etwas merken müssen? Warum hat er mir das angetan und sich mir nicht anvertraut? Warum ich? Warum er?“ Schock, Hilflosigkeit, Schuldgefühle, aber auch Wut habe sie damals empfunden. „Ich war wie in einem Tunnel und habe nur noch funktioniert“.

Angehörige stehen nach dem Suizid eines Menschen vor tausend Fragen. von Nils Dinkel
Angehörige stehen nach dem Suizid eines Menschen vor tausend Fragen. © Nils Dinkel

Es aus diesem Tunnel hinaus zu schaffen, war ein langer Weg. Und Hannah entschloss sich, ihn zu gehen, weiterzumachen. Was ihr vor allem dabei half, war Ablenkung und Gesellschaft. „Es war erstaunlich, wie viele Menschen für mich da waren.“

Sie sei nie allein gewesen, verbrachte viel Zeit mit Freunden und Familie und nahm sich Zeit für ihre Hobbys. „Ich habe in der ersten Zeit nur das getan, was mir wirklich guttat“, erzählt Hannah.

Auch psychologische Hilfe holte sie sich, besuchte eine Trauergruppe und tauschte sich mit anderen aus, die dasselbe erlebt haben. Das Infomaterial des Vereins AGUS (Angehörige um Suizid) habe ihr ebenfalls sehr geholfen und auch Fachliteratur schaffte sie sich an. „Diese konnte ich allerdings nur an wirklich guten Tagen lesen“, erinnert sich Hannah.

Eine Narbe, die bleibt

„Das erste Jahr war das schwierigste. Geburtstag, Weihnachten, der Todestag… Als das vorbei war, wurde es erträglicher.“ Jetzt ist sie stolz, dass sie es geschafft hat. Die vielfältigen Hilfsangebote hätten ihr die Möglichkeit gegeben, das Erlebte zu sortieren, zu verarbeiten und somit neue Lebenswege zu gehen: zum Beispiel eine neue Partnerschaft, das Erreichen neuer Ziele und das Leben wieder positiv wahrzunehmen.

„Es ist wie eine Narbe, die mich ausmacht“, beschreibt Hannah. Doch sie weiß, wie sie mit ihr leben kann. „Die Narbe bleibt, aber der Schmerz lässt nach.“ Hannah redet offen über das Erlebte, möchte Mut machen und somit auch anderen Betroffenen helfen.

Vielfältige Hilfsangebote

Trauerbegleitung, -gruppen und -seminare, Selbsthilfegruppen und psychologische Hilfe – unterschiedliche Anlaufstellen können helfen. Angehörigen legt Hannah vor allem den Verein AGUS ans Herz, der breit gefächerte Unterstützung anbietet.

Für Angehörige gibt es vielseitige Angebote der Trauerbewältigung. von pixabay.com
Für Angehörige gibt es vielseitige Angebote der Trauerbewältigung. © pixabay.com

So veranstaltet AGUS zum Welttag der Suizidprävention die Austellung „Suizid – keine Trauer wie jede andere. Gegen die Mauer des Schweigens“ von Freitag, 15. September, bis Samstag, 30. September, im Forum der Volkshochschule Olpe.

Jeder Mensch trauert anders, weiß Hannah. Und jeder geht anders mit der Trauer um. „Jedes Gefühl und jeder Umgang damit ist in Ordnung“, betont sie. „Man ist in dieser Situation nicht alleine und wenn man sich Hilfe suchen möchte, bekommt man sie auch.“


Hol dir Hilfe:

Am Sonntag, 10. September, ist Welttag der Suizid-Prävention. Du kannst dir unter anderem hier Hilfe holen: Tel. 0800 / 111 0 111. Die Telefonseelsorge ist 24 Stunden erreichbar.


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