Wenn beim Frühstücksbüfett die Manieren auf der Strecke bleiben
LP-Randnotizen
- Kreis Olpe, 15.04.2023
- Verschiedenes


Manchmal frage ich mich wirklich, ob die Menschen ihren Anstand vergessen. Vor allem beim Frühstücksbüfett hört es mit guten Manieren auf. Da werden manch so seriösen Damen und Herren wirklich wieder zu Jägern und Sammlern. Da herrscht Neid und Angst, dass morgen große Hungersnot ausbricht.
Die Ellbogen werden ausgefahren, die Teller bis oben hin vollgeschaufelt - und Platz machen kennt beim Duft nach frischen Brötchen und Kaffee irgendwie niemand mehr.

Erst jetzt wieder erlebt. Vor mir im Hotel steht eine ältere Dame und bedient sich am Obstsalat. Und bedient sich und bedient sich. „Ich bin noch nicht fertig“, dreht sie sich zu mir um. „Ich habe ja keine Eile“, sage ich – völlig entspannt. Die große Platte ist gespickt mit geschnittenen Äpfeln, Mangos, Weintrauben und Erdbeeren. Lecker.
„Vielleicht ist gleich auch nichts mehr da“, fügt sie dann hinzu. Hat sie das jetzt wirklich gesagt, frage ich mich und sage, leicht angesäuert: „Ja, das wäre aber sehr schade!“

Sie kratzt weiter mit dem Löffel und pickt sich gemütlich und in Zeitlupe nach und nach ihr Obst zusammen. Ein bisschen hiervon, ein bisschen davon. Die Schlange hinter uns wird länger.
„Jetzt ist von den Filetstückchen aber nichts mehr da“, sagt sie mit einem süffisanten Grinsen und dackelt einfach ab. Und ich stehe vor dem Teller – keine Trauben, keine Erdbeeren, keine Mango. Das hat sich die Dame in Ruhe auf ihren Teller gepackt. Natürlich. Warum sollte man auch anderen etwas Gutes übrig lassen?
Danke dafür! Ich bin fassungslos. Fassungslos, wie Menschen beim Thema Essen manchmal so egoistisch sein können.
Christine Schmidt
