Wasser marsch: Vom alten Bahntunnel direkt in die Ihne

LokalPlus-Adventkalender: 30 Meter unterm Kraghammer Sattel


  • Kreis Olpe, 01.12.2015
  • Von Volker Lübke
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    Volker Lübke

    Redaktion

Am Ende des Tunnels gibt's große Technik. Der Zugang zum Stollen im Kraghammer Sattel. von s: Volker Lübke
Am Ende des Tunnels gibt's große Technik. Der Zugang zum Stollen im Kraghammer Sattel. © s: Volker Lübke

„Etwa einen Meter hinter uns ist das Wasser.“ Ralf Stötzel weist auf eine massive Betonwand. Wasser klingt erstmal nicht so wild. 150 Millionen Kubikmeter Wasser, um genau zu sein. Das klingt schon ganz anders. Wir befinden uns 30 Meter unter der L 512 im Kraghammer Sattel – ein gutes Stück unter der Wasseroberfläche des Biggesees. „Nur gut, dass die Mauer dick genug ist.“


Wirklich besorgniserregend ist die Lage natürlich nicht, sonst wären wir sicher nicht hier. Ralf Stötzel, Leiter des Talsperrenbetriebs Süd beim Ruhrverband, hat uns die Tür zum Stollen geöffnet. Wir stehen in einem Seitenarm vor der besagten Betonwand. Ein unscheinbarer Schaltkasten, ein paar ganz ordentliche Rohrleitungen, ein Rohr aus schwarzem Stahl, das in den Boden führt. Mehr nicht. „Damit können wir die Einlaufschieber öffnen“, erklärt Stötzel. Hätten wir es getan, wüssten das die Anwohner am unteren Ihnebach vermutlich schon. Bis zu 55 Kubikmeter Wasser pro Sekunde kann der Ruhrverband aus dem zweiten Grundablass am Kraghammer aus der Biggetalsperre in die Ihne entlassen. „So viel kann der Fluss durchaus geregelt aufnehmen“, weiß Stötzel. Die technischen Anlagen, Rohrleitungen, Schieber und Ventile sind imposant. „30 Tonnen Stahl sind dort verbaut“, weist Stötzel auf die beiden Rohre in rot und blau zu unseren Füßen. Allein für deren Einbau und Wartung sind zwei Krananlagen mit je 16 Tonnen Nutzlast an der Gewölbedecke montiert.
Aber von vorne. Der Ruhrverbandsmitarbeiter entsichert die Alarmanlage und öffnet die Eingangstür, die Teil eines großen Tores ist. Vor uns tut sich ein straßenbreites Tunnelgewölbe auf. Parkplatz für einen Straßenbaukompressor und einen Trailer samt Motorboot. Am Ende des knapp 50 Meter langen Stollens hängen die Krane an der Decke.
Wir stehen auf einem Gitterrost, zu unseren Füßen die beiden mächtigen Rohrleitungen. Durchmesser 1,80 Meter. Je drei Verschlüsse halten die Wassermassen zurück: Einlaufschieber, Schnellschlussklappen und Ringkolbenventile. Letztere dienen zur Regulierung. „Das funktioniert wie beim Wasserhahn zuhause, ist eben nur etwas größer“, sagt Ralf Stötzel. Von der Schieberkammer aus münden die Leitungen in Betonrohre, die durch den Fels bis zum sogenannten Tosbecken an der Ihne führen. Der Auslass ist nicht zu sehen. Er wird von unten durch den Grund des Beckens geführt. So wird der Druck vermindert und das Wasser kann kontrolliert über die Ihne abfließen.
Für den Bau des Grundablasses im Kraghammer Sattel haben sich die Ingenieure der 1965 erstmals eingestauten Bigge ein altes Bauwerk zu Nutze gemacht. „Hier hinter der Wand mündet der alte Eisenbahntunnel“, erklärt Stötzel. Dieser dient heute als Einlauf für die ursprünglich als Notablass geplante Anlage am Kraghammer. Die mächtigen Schieberplatten tief unter der Landstraße zwischen Attendorn und Olpe verschließen den Bahntunnel und werden nur bei Bedarf bzw. bei technischer Prüfung geöffnet.
Überwachung spielt bei solch einem gigantischen Bauwerk wie der Biggetalsperre ohnehin eine große Rolle. So führen von der Schieberkammer, die eher eine Halle ist, Treppen senkrecht nach oben und unten. Darüber gelangen die Ruhrverbands-Techniker in die sogenannten Einpresstollen – Kontrollgänge 15 Meter über und 10 Meter unter dem eigentlichen Stollen, dessen Geheimnisse Ralf Stötzel für den LokalPlus-Adventkalender gelüftet hat.
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