Vertragsverhandlungen auf der Kippe: Abellio stellt Insolvenz in den Raum

Verkehrsunternehmen auch im Kreis Olpe unterwegs


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Ein Zug der Regionalexpress-Linie RE 16. von Nils Dinkel
Ein Zug der Regionalexpress-Linie RE 16. © Nils Dinkel

Kreis Olpe. Das Berliner Verkehrsunternehmen Abellio, das eine Tochtergesellschaft des niederländischen Unternehmens Nederlandse Spoorwegen (NS) ist, steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Dies könnte bald auch Auswirkungen auf den Kreis Olpe haben, denn sowohl der Regionalexpress Siegen - Essen (RE 16) als auch Regionalbahn Siegen - Hagen (RB 91) verkehren durch den Kreis Olpe und fahren die Ortschaften zwischen Welschen Ennest und Finnentrop im Stundentakt an.


Die Gründe für die finanzielle Misere sind vielfältiger Natur. Zum einen sind es die erheblichen Baustellenfolgekosten, die z.B. durch den Schienenersatzverkehr entstehen. Aber auch hohe Strafzahlungen als Folge von Infrastrukturarbeiten und stark befahrenen Gleisen haben zu finanziellen Engpässen geführt. Denn: Kommt ein Zug zu spät an, wird das Unternehmen zur Kasse gebeten.

Gestiegene Personalkosten

Nicht zu unterschätzen sei der Faktor Personal. Die Löhne mussten im Zuge neuer Tarifvereinbarungen nach oben korrigiert werden. Dies gilt vor allem für Lokführer. Gleiches gilt beim Thema Personalneugewinnung. Weil zusätzlichem Zugpersonal gebraucht wird, mussten die Rekrutierungs- und Ausbildungskosten erhöht werden. Außerdem sind die Fahrgastzahlen in der Corona-Pandemie gesunken und die Umsätze entsprechend geschrumpft.

Nach übereinstimmenden Medienberichten befindet sich Abellio in Vertragsverhandlungen mit dem Bundesland NRW und den Verkehrsverbünden, in denen Abellio-Züge unterwegs sind. Bis Freitag, 25. Juni, müssten dem angeschlagenen Unternehmen deutlich höhere Gelder zugesichert werden, fordern die niederländischen Eigner. Ansonsten müsse man in Betracht ziehen, Insolvenz anzumelden.

Abellio wird Verträge erfüllen

Auf Anfrage von LokalPlus betonte Abellio, dass es trotz aller Vertragsverhandlungen mit den Aufgabenträgern keinerlei Auswirkungen auf den Fahrbetrieb geben werde. Abellio werde langfristig eingegangene Vertragsbeziehungen nach bestem Wissen und Gewissen im Interesse aller Fahrgäste erfüllen.

Parallel zu den Verhandlungen mit den Aufgabenträgern in den einzelnen Regionen habe Abellio frühzeitig und umfassend eigene strukturelle und operative Maßnahmen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung ergriffen. Diese reichten jedoch allein nicht aus, die unvorhergesehenen Kostenentwicklungen auszugleichen.

Konkurrenten haben gleiche Herausforderungen

Der für den Kreis Olpe zuständige Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) äußerte sich ebenfalls zur aktuellen Lage. Die von Abellio angesprochenen Herausforderungen seien branchenspezifisch und beträfen auch andere Mitbewerber, die ihre Dienstleistungen auf der Schiene anbieten.

Grundsätzlich erwarte man im Zuge laufender Verträge, dass diese auch eingehalten werden. Alle beteiligten Akteure hätten eine Verpflichtung zur Daseinsvorsorge und müssten die Mobilität entsprechend aufrechterhalten. Niemand müsse fürchten, dass bald die Züge nicht mehr an den heimischen Bahnhöfen Halt machen.

Es liegt nun an den Vertragsparteien, eine Lösung zu finden. Im schlechtesten Fall greift die Möglichkeit der sogenannten Notvergabe, bei der ein Unternehmen dazu verpflichtet werden kann, den ÖPNV anzubieten.

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