Vereinsrecht in Corona-Zeiten: Gesetzesänderung schafft Erleichterungen

Mitgliederversammlungen, Wahlen, Amtszeit


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Rechtsanwalt und Notar Martin Dietzmann. von Grafik: Sarah Menn
Rechtsanwalt und Notar Martin Dietzmann. © Grafik: Sarah Menn

Kreis Olpe. In der Dezember-Folge unserer Serie „Ratgeber Recht“ in Kooperation mit der Olper Kanzlei Dietzmann, Hesse, Dr. Buchmann und Partner geht es um das Thema Vereinsrecht in Corona-Zeiten. Martin Dietzmann, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Arbeitsrecht, informiert.


Sehr viele Menschen in unserer Region engagieren sich ehrenamtlich in einem Verein. Gerade im Vereinsrecht sind viele Formalitäten zu beachten, die jedoch in der Corona-Krise nur schwer oder sogar gar nicht eingehalten werden können.

Eine Mitgliederversammlung als Präsenzveranstaltung stattfinden zu lassen, ist entweder aufgrund aktueller Kontaktbeschränkungen unzulässig (die genauen Regelungen ändern sich im Laufe der Pandemie) oder aufgrund der Abstands- und Hygienebedingungen nicht darstellbar oder schlicht nicht gewollt. Der Gesetzgeber hat dieses Problem erkannt und Erleichterungen im Vereinsrecht geschaffen. Diese gelten zunächst nur bis zum 31.12.2020, eine Verlängerung ist jedoch zu erwarten.

Grundlage: Satzung

Die Satzung ist das „Grundgesetz“ des Vereins. Hierin ist z. B. geregelt, wie eine Mitgliederversammlung abzulaufen hat und für wie lange ein Vorstand im Amt bleibt. In aller Regel sehen Vereinssatzungen vor, dass die Mitgliederversammlung als Präsenzveranstaltung stattzufinden hat. Eine Abweichung hiervon wäre also eigentlich nur nach einer entsprechenden Satzungsänderung möglich. Auch enthalten nur wenige Satzungen die ausdrückliche Regelung, dass ein Vorstand nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu einer Neuwahl im Amt bleibt. Auf Basis der meisten Satzungen lässt sich also momentan keine Präsenz-Mitgliederversammlung durchführen, mit der Folge, dass auch keine Wahlen stattfinden können.

Mitgliederversammlung

Wie in der Einleitung erwähnt, gibt es nun eine gesetzliche Grundlage, auch ohne entsprechende Satzungsregelung zu handeln. Folgende Alternativen stehen bereit:

  1. Die Mitgliederversammlung kann „online“, also nicht als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden. Natürlich stellen sich hier viele praktische Fragen und Probleme. Es ist bereits fraglich, ob bei allen Mitgliedern die entsprechenden technischen Voraussetzungen vorliegen. Auch muss der Vorstand darauf achten, dass Abstimmungen und Beschlüsse genau so durchgeführt werden wie bislang. Ggf. müsste sogar eine spezielle Abstimmungssoftware angeschafft werden.
  2. Zulässig ist es auch, Beschlüsse der Mitglieder im Umlaufverfahren zu fassen. Auf diesem Wege könnten sogar Wahlen durchgeführt werden. Auch dies kann aber mit einem erheblichen organisatorischen Aufwand verbunden sein, insbesondere bei mitgliederstarken Vereinen.
  3. Letztlich kann es in der Regel verantwortet werden, eine Mitgliederversammlung überhaupt nicht stattfinden zu lassen. Die meisten Mitglieder werden angesichts der aktuellen Lage hierfür Verständnis haben. Wenn Mitglieder allerdings die Durchführung einer Mitgliederversammlung verlangen, wird man diesem Verlangen nachkommen müssen. Zu beachten ist natürlich, dass dem Vorstand zunächst auch keine Entlastung erteilt werden kann; dies wäre erst bei der nächsten Mitgliederversammlung wieder möglich.
Vorstandswahlen/Amtsdauer

Wenn die Satzung nicht ohnehin schon ein Verbleiben des Vorstands im Amt trotz Ablauf der Amtszeit vorschreibt (und natürlich ein amtierender Vorstand sein Amt auch nicht niederlegt, was immer möglich ist), regelt das Gesetz nun übergangsweise, dass ein Vorstand trotz Ablauf seiner Amtszeit im Amt bleibt. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Zum einen soll jeder Verein handlungsfähig bleiben, zum anderen soll nicht allein deswegen eine Mitgliederversammlung stattfinden müssen, weil die Amtsdauer eines Vorstandes beendet ist.

Vorstandssitzungen

In vielen Satzungen finden sich keine Vorgaben zum Ablauf von Vorstandssitzungen, sodass in diesem Bereich ohnehin eine etwas höhere Flexibilität besteht. Auf jeden Fall gelten für Vorstandssitzungen und -beschlüsse keine strengeren Vorschriften als für eine Mitgliederversammlung. Daher können zumindest Vorstandssitzungen (sofern die Satzung dies nicht ausdrücklich untersagt) in der Regel digital oder als „Hybridveranstaltung“ durchgeführt werden.

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