ver.di warnt vor sinkendem Lohnniveau und Altersarmut

Bezirk Siegen-Olpe: 36 Prozent der Erwerbstätigen verdienen im Monat weniger als 2500 Euro


Immer mehr Menschen haben laut einer von ver.di in Auftrag gegebenen Studie weniger Geld in der Tasche. von Symbol Nils Dinkel
Immer mehr Menschen haben laut einer von ver.di in Auftrag gegebenen Studie weniger Geld in der Tasche. © Symbol Nils Dinkel

Kreis Olpe. 41,3 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen beziehen ein Bruttoeinkommen von unter 2500 Euro. Rechnet man für den ver.di Bezirk Siegen-Olpe zu den Gesamtzahlen auch noch die Mini-Jobber der beiden Kreise hinzu, verdienen rund 35,9 Prozent aller Beschäftigten weniger als 2500 Euro brutto. Das geht aus einer Datenauswertung des Eduard Pestel Instituts für Systemforschung im Auftrag der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hervor.


Darunter fallen auch alle diejenigen, die nicht mehr als den gesetzlichen Mindestlohn und damit nur 1450 Euro brutto im Monat verdienen. Sie erzielen damit keinen eigenen Rentenanspruch oberhalb der Grundsicherung. „Vor allem der wachsende Niedriglohnsektor hat eine negative Wirkung auf das Lohnniveau und folglich auf die Rentenerwartung“, sagt Jürgen Weiskirch, Geschäftsführer des ver.di Bezirks Siegen-Olpe.
Rentenerwartungen seien armutsgefährdend
Bei einem bereits heute umgesetzten Rentenniveau von nur noch 43 Prozent, das 2030 gesetzlich droht, würden weite Teile der Verdienstgruppe unterhalb von 2500 Euro bei der Rente auf oder nah an das Grundsicherungsniveau kommen - trotz 45 Beitragsjahren.

„Diese Rentenerwartungen sind armutsgefährdend für weite Teile der Bevölkerung, auch der Mittelschichten. Diejenigen, die nur auf 40 oder gar 30 Beitragsjahre kommen, und das sind wegen der Erziehungszeiten vor allem Frauen, rutschen definitiv auf Hartz-IV-Niveau“, warnt Jürgen Weiskirch.
ver.di-Chefs fordern Kurswechsel
Aus den Zahlen geht hervor, dass 62 Prozent der Frauen im Westen und 68 Prozent der Frauen im Osten weniger als 27.500 Euro im Jahr verdienen und damit, auch wenn sie 45 Jahre lang einzahlen, nah an oder unter die Grundsicherungsgrenze rutschen würden. „Da droht millionenfache Altersarmut, wenn es keinen Kurswechsel in der Rentenpolitik gibt“, so der Vorwurf des ver.di-Chefs im Bezirk Siegen-Olpe.

Dass eine andere Politik möglich sei, zeige ein Blick über die Grenze: Österreich habe in den 2000er Jahren die Teilprivatisierung der Rente nicht mitgemacht. „Statt die Bevölkerung zum Riestern aufzufordern, hat die österreichische Politik die gesetzliche Rente ausgebaut“, sagte Weiskirch. Das Ergebnis: Die gesetzliche Rente ist im Durchschnitt über 500 Euro höher als in Deutschland. „Eine andere Rentenpolitik ist möglich. Auch bei uns. Es braucht aber den politischen Willen dazu“, so Weiskirch.
Stabilisierung der Rente
Während SPD, Grüne und Linke Änderungen des Rentenkurses vorsähen, gehe die Union mit einem „Weiter so!“ in die neue Legislaturperiode. „Die Union nimmt damit billigend in Kauf, dass das Rentenniveau auf 43 Prozent sinkt, bei freiem Fall nach 2030“, so Jürgen Weiskirch. „Das ist verantwortungslos. Mit einem ,Weiter so!´ in der Rentenpolitik droht eine Delegitimierung des gesetzlichen Rentensystems. Deshalb brauchen wir einen Kurswechsel“, mahnt Weiskirch.

Nötig seien die Stabilisierung der Rente auf dem jetzigen Niveau von 48 Prozent und eine schrittweise Anhebung auf etwa 50 Prozent. Wer nicht wolle, dass das Rentensystem zerbreche, müsse zudem den Bundeszuschuss in die Rentenkasse erhöhen und die Tarifbindung in Deutschland stärken.

„Langfristig führen nur auskömmliche Löhne zu auskömmlichen Renten. Deshalb muss der Gesetzgeber dafür sorgen, dass die Tarifflucht der letzten Jahre aufhört. Sie darf sich für Unternehmen nicht mehr rechnen“, forderte Weiskirch.
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