Update: „Die Menschen alleine zu lassen, fällt uns allen schwer“

Hilfstransport in die Ukraine


  • Kreis Olpe, 20.01.2023
  • Ukraine , Verschiedenes
  • Von Kerstin Sauer
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Entsetzen angesichts der unfassbaren Zerstörungen in der Ukraine: Einige Helfer von „Viele Hände für die Hoffnung“ sind zum ersten mal im Kriegsgebiet. Was sie sehen und erleben, werden sie wohl nie vergessen. von privat
Entsetzen angesichts der unfassbaren Zerstörungen in der Ukraine: Einige Helfer von „Viele Hände für die Hoffnung“ sind zum ersten mal im Kriegsgebiet. Was sie sehen und erleben, werden sie wohl nie vergessen. © privat

Kreis Olpe/Ukraine. Bereits zum vierten Mal ist ein Hilfstransport aus Lennestadt in der Ukraine im Einsatz. Acht Helfer von „Viele Hände für die Hoffnung“ (früher „Lennestadt hilft“) aus Lennestadt, Trier, Saarburg und der Eifel bringen Hilfe direkt ins Kriegsgebiet. Sie besuchen befreite Dörfer, zerstörte Häuser und eine bombardierte Kinderklinik. Was sie bei ihrem Einsatz sehen und erleben, schockiert die Helfer. Nach einem letzten Einsatz am Dienstag, 17. Januar, hat sich das Team auf die lange Heimfahrt gemacht. Am Freitagnachmittag, 20. Januar, kommen sie gesund in der Heimat an.


Update von Freitag, 20. Januar: Das Team von „Viele Hände für die Hoffnung“ ist wieder in der Heimat – in Lennestadt und in Trier – angekommen. Bereits am Dienstagnachmittag, 17. Januar, hatten sich die acht Helfer in Charkiw auf den Weg gemacht, zuerst Richtung Poltawa, dann über Lwiw und Polen bis in die Heimat.

Jetzt sind sie vor allem eins: erschöpft und müde. Und voller Eindrücke, gute wie entsetzliche. „Wir machen auf jeden Fall weiter“, kündigt Matthäus Wanzek an und dankt an dieser Stelle nochmal allen Helfern, Unterstützern und Spendern.

Ein Fazit auf einen Blick

Ein Fazit der Reise auf einen Blick:

  • vier Transporter
  • acht Fahrer
  • 13 Tage unterwegs
  • 3.000 gepackte Tüten
  • 6.100 Kilometer Strecke
  • ca. 3,5 Tonnen Sachspenden aus der Heimat

Wir vom LokalPlus-Team sind uns einig: Das ist eine unfassbar großartige Leistung – gut, dass ihr gesund daheim angekommen seid!

Zurück nach Deutschland

Update von Mittwoch, 18. Januar: Das Team von „Viele Hände für die Hoffnung“ hat sich auf den Rückweg nach Deutschland gemacht. Schweren Herzens, so sagt Matthäus Wanzek am Telefon: „Wir würden am liebsten hier bleiben und weiter helfen. Die Menschen in dieser Situation alleine zu lassen fällt uns allen sehr schwer.“

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Am Dienstag, 17. Januar, haben die Helfer noch ein Dorf besucht, nur 20 Minuten entfernt vom Kriegsgeschehen. Im Minutentakt hören sie Einschläge. 250 Menschen leben in dem Dorf, die mit großer Dankbarkeit die Hilfsgüter entgegen nehmen. Die Bewohner leben hier in größter Armut, das Kriegsgeschehen direkt nebenan. „Im Gespräch mit den Menschen hatten wir viele bewegende Momente“, beschreibt Matthäus Wanzek.

Nach einer Zwischenstation in Poltawa geht es am Mittwoch, 18. Januar, weiter nach Lwiw, von dort über Polen zurück ins Sauerland. Stolz können die Helfer sein auf das, was sie in den vergangenen Tagen in der Ukraine geleistet haben – auch wenn ihnen der Abschied so schwer fällt.

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Update von Dienstag, 17. Januar: Besonders emotionale Einsätze hat das Helferteam von „Viele Hände für die Hoffnung“ am Montag, 16. Januar, erlebt.

Die erste Fahrt führt die Helfer, die u.a. aus Lennestadt kommen, in eine Kinderklinik: Gespräche mit den Ärzten, mit Krankenschwestern und vor allem mit Kindern in der Klinik, die bereits vier Mal angegriffen wurde, rühren das Team sehr.

„Dien Dankbarkeit der Menschen trägt uns“: Seit Tagen bringt das Team von „Viele Hände für die Hoffnung“ Hilfe mitten ins Kriegsgebiet und werden überall freudestrahlend empfangen. von privat
„Dien Dankbarkeit der Menschen trägt uns“: Seit Tagen bringt das Team von „Viele Hände für die Hoffnung“ Hilfe mitten ins Kriegsgebiet und werden überall freudestrahlend empfangen. © privat

Groß ist die Freude, als die Spenden – medizinische Ausstattung ebenso wie Spielsachen und Süßigkeiten – übergeben werden. Gleichzeitig können mit Hilfe der Spenden aus Deutschland Fototherapie-Lampen angeschafft werden.

Zweites Ziel an diesem Tag: ein zerstörtes Hochhaus in einem Stadtteil von Charkiw. 720 Menschen haben hier früher gelebt – heute „hausen“ hier nur noch 40, vor allem ältere Bewohner. Schon bei den letzten Einsätzen in der Ukraine waren die Helfer aus Lennestadt hier, um Spenden zu bringen. Dementsprechend groß ist die Freude bei den Senioren, als sie ihre guten Engel aus Deutschland wiedersehen.

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Das Haus ist größtenteils zerbombt. Im Keller haben sich die Bewohner Schlaf- und Gemeinschaftsräume eingerichtet. Ein kleiner Heizofen bringt etwas Wärme in die eisigen Räume. Gemeinsam haben die Menschen es geschafft, die Kellerräume gemütlich einzurichten: Matratzen mit Decken, auch aus Deutschland, reihen sich an den Wänden aneinander. Im Gemeinschaftsraum gibt es warme Getränke, Kerzen sorgen auch bei Stromausfall für heimeliges Licht.

Trotz allem: „Die Stimmung ist gut“, berichtet Matthäus Wanzek. Auch bei den Helfern: „Wir ergänzen uns als Team und funktionieren zusammen wunderbar. Die Dankbarkeit der Menschen hier trägt uns.“

Am Dienstag, 17. Januar, bringt das Team noch einmal Lebens- und Hygienemittel in eine befreite Region, bevor es sich am späten Nachmittag wieder auf den Heimweg Richtung Polen macht.

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Update von Montag, 16. Januar, 8 Uhr: Ein arbeitsreiches, aufregendes Wochenende mit wenig Schlaf liegt hinter dem Team von „Viele Hände für die Hoffnung“: Nach einem Großeinkauf am Samstag, 14. Januar, wollen die Helfer aus Deutschland insgesamt 1.600 Tüten für Menschen in fünf befreiten Dörfern packen. Ein Angriff zwingt sie zur Zwangspause: Der Strom fällt aus, über Stunden.

Im Dunkeln packen die Helfer später weiter, bis tief in die Nacht – um sich dann am Sonntag, 15. Januar, um 7 Uhr auf den Weg zur ihrer größten Hilfsaktion zu machen. Ziel sind fünf Dörfer im südöstlich von Charkiw, in den Regionen Isjum und Balakliia. „Die Regionen sind sicherer als die Gebiete, die wir bisher besucht haben. Aber die Zerstörungen und das Elend sind größer, da die Menschen länger unter russischer Besatzung gelebt haben“, erzählt Matthäus Wanzek.

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In den fünf befreiten Dörfern leben noch viele Kinder. Für sie hatte das Helferteam eine besondere Überraschung im Gepäck: Spielzeug, Malsachen und Haribo sorgten für strahlende Kinderaugen.

Die Transporter sind voll beladen mit 800 Lebensmittel-Tüten und 800 Hygiene-Tüten (Waschmittel, Seife, Zahnpasta, Toilettenpapier…). Damit können rund 800 Familien versorgt werden.

Die Begegnungen mit den Menschen vor Ort waren bewegend, berichtet das Helferteam: „In den Gesprächen mit den Dorfbewohnern ging es viel darum, was während der Besatzungszeit geschehen ist. Uns fehlen die Worte, um diese Erzählungen angemessen zu kommentieren…“

Ein Einsatz mit beeindruckenden Erfahrungen, denn: „Die Dankbarkeit und die Wertschätzung, die uns entgegen gebracht wurden, sind unglaublich motivierend und bewegend“, schreiben die Helfer aus Deutschland. Und danken auf diesem Weg allen Unterstützern in der Heimat: „Ohne euch und eure Hilfe wäre das nicht möglich.“

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Am Sonntag, 15. Januar, machte sich das Team von „Viele Hände für die Hoffnung“ auf die zweite Fahrt in befreite Dörfer, diesmal im Südosten Charkiws. Dort versorgten die Helfer 800 Familien mit Nahrungs- und Hygieneartikeln.

Update von Freitag, 13. Januar, 21 Uhr: Ein aufregender Tag liegt hinter dem Helferteam aus Deutschland: Sie haben drei befreite Dörfer direkt an der ukrainisch-russischen Grenze besucht. In ihren Transportern: 500 Tüten mit Lebensmittel und 500 Tüten mit Hygieneartikeln, dazu Brot, Windeln und Spielzeug, denn in einem Dorf leben noch 15 Kinder.

Sie sehen zerstörte Kulturzentren, bombardierte Häuser, Spielplätze, auf denen Granaten eingeschlagen sind. Zahlreiche streunende, hungernde Hunde kreuzen ihren Weg, die von einem ukrainischen Mitfahrer gefüttert werden.

Ein Eindruck des heutigen Tages:

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Einige Helfer sind angespannt: Dieses ist ihr erster Hilfstransport, sie haben noch nie kugelsichere Westen und Schutzhelme getragen. Das, was sie sehen, macht sie sprachlos. Fassungslos. Die unendliche Dankbarkeit der Menschen in den drei Dörfern rührt das Team von „Viele Hände für die Hoffnung“.

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Die Initiative „Lennestadt hilft“ gibt Lebensmittel an Bewohner an der ukrainisch-russischen Grenze aus.

Als sie im dritten Dorf sind, müssen sie die Ausgabe abbrechen: Sie hören Artillerie, immer öfter und immer näher. „Vermutlich hat man gesehen, dass viele Leute zur Sammelstelle gekommen sind“, vermutet Matthäus Wanzek. Alle Tüten werden in das Büro des Bürgermeisters gebracht, die Helfer machen sich derweil auf den Weg zurück nach Charkiw, treten aufs Gas, damit sie den Beschuss nicht auf sich lenken. Ein so wichtige Reise – aber auch eine so gefährliche.

Update von Freitag, 13. Januar, 9 Uhr: Seit Mittwochabend, 11. Januar, ist das Helferteam von „Viele Hände für die Hoffnung“ in Charkiw. Es ist kalt, die Temperaturen liegen im fast zweistelligen Minusbereich. Mit den Spendengeldern aus Deutschland starten die zwei Frauen und sechs Männer am Donnerstag, 12. Januar, in der örtlichen Metro einen Großeinkauf für die Menschen, die in den befreiten, zerstörten Dörfern im Umland nahe der russischen Grenze leben.

Während das Team den Einkauf für 700 Menschen – vorwiegend Nahrungsmittel wie Mehl, Nudeln, Zucker, Buchweizen und Reis sowie Hygieneartikel – an der Kasse bezahlen will, gibt es Luftalarm: Der Kassiervorgang wird abgebrochen, alle Menschen müssen das Geschäft verlassen. Nach einer Stunde die Entwarnung: Der Einkauf kann fortgesetzt werden.

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Am gleichen Nachmittag besucht das Helferteam noch ein zerstörtes Stadtviertel von Charkiw und versorgt 33 Kinder und 70 Erwachsene. Damit ist der Tag lang noch nicht beendet: Bis 3 Uhr in der Nacht packen die Acht hundert Tüten mit Nahrungs- und Hygieneartikeln. „Die Stimmung ist gut“, betont Matthäus Wanzek am Telefon.

Mit den Tüten im Gepäck macht sich das Helferteam am Freitag, 13. Januar, um 7 Uhr morgens auf in Richtung russische Grenze: Ausgestattet mit kugelsicheren Westen und Helmen sowie begleitet von der Nationalgarde möchten die Deutschen Hilfe in drei befreite Dörfer bringen, in denen es am Nötigsten fehlt. In diesen Gebieten haben sie keinen Handy-Empfang, versprechen aber: “Wir melden uns, sobald wir wieder in Charkiw sind.„

Was die Gruppe von „Viele Hände für die Hoffnung“ dort erlebt, lest ihr bald hier bei LokalPlus.

Die Dankbarkeit der Menschen in der Ukraine ist unbeschreiblich: Gemeinsam mit Angela (Mitte), mit der das Helferteam seit Monaten in engem Kontakt steht, soll die Hilfe jetzt dahin gebracht werden, wo sie dringend benötigt wird. von privat
Die Dankbarkeit der Menschen in der Ukraine ist unbeschreiblich: Gemeinsam mit Angela (Mitte), mit der das Helferteam seit Monaten in engem Kontakt steht, soll die Hilfe jetzt dahin gebracht werden, wo sie dringend benötigt wird. © privat

Update von Mittwoch, 11. Januar: Das Team von „Viele Hände für die Hoffnung“ ist nach zweitägiger Fahrt am Dienstagabend, 10. Januar, in der Ukraine angekommen. Nicht ohne Hindernisse, wie Matthäus Wanzek vom Helferteam berichtet: Bürokratische Probleme mit den Papieren für den Transporter, der in der Ukraine bleiben soll, zwangen die Gruppe, noch einmal 20 Kilometer zurück zu fahren zu einer Zollagentur.

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Mit den Papieren in der Tasche und einiger Verzögerung ging der Weg weiter zur Grenze, wo sich der Hilfs-Konvoi in die Autoschlange einreihte. „Wir sind alle etwas angespannt, vor allem unsere neuen Mitfahrer, die die Situation noch nicht kennen“, berichtet Matthäus.

Erst gegen Mitternacht erreicht die Gruppe ihr Ziel: Lwiw in der Ukraine. Von dort sind die Helfer am Mittwochmorgen, 11. Januar, um 7 Uhr Ortszeit (6 Uhr in Deutschland) zur letzten und längsten Etappe aufgebrochen. Am Abend wollen sie Charkiw erreichen. „Hoffentlich kommen wir gut durch. Es ist Schnee gemeldet“, sagt Helfer Simon Meier am Telefon.

Viele Hände, ein Team: Acht Helfer starten am Montag, 9. Januar, in vier Transportern Richtung Ukraine. Unterstützt werden sie in der Heimat von vielen Menschen, die mit anpacken, sammeln und helfen. von privat
Viele Hände, ein Team: Acht Helfer starten am Montag, 9. Januar, in vier Transportern Richtung Ukraine. Unterstützt werden sie in der Heimat von vielen Menschen, die mit anpacken, sammeln und helfen. © privat

Original-Artikel von Sonntag, 8. Januar: Vier Transporter sind bis unter das Dach voll gepackt, Fahrer und Beifahrer sind startklar: Am Montagmorgen, 9. Januar, startet der vierte Hilfstransport in Lennestadt Richtung Ukraine. Immer in engem Kontakt zur LokalPlus-Redaktion, die in den nächsten Tagen immer wieder über die Reise ins Kriegsgebiet berichten wird.

Ursprung dieser Hilfstransporte ist in Lennestadt: Das Team von „Lennestadt hilft“ hat bereits drei Transporte in die Ukraine organisiert und Hilfe direkt ins Kriegsgebiet gebracht. Unter dem Namen „Viele Hände für die Hoffnung“ haben die Lennestädter ihre Hilfe nun um ein Vielfaches vergrößert: Transporter und Helfer kommen auch aus Trier, aus der Eifel und Saarburg hinzu, wo bereits am Samstag, 7. Januar, kräftig gepackt wurde.

Drei der vier Transporter, die sich auf den Weg in die Ukraine machen. von privat
Drei der vier Transporter, die sich auf den Weg in die Ukraine machen. © privat

Am Sonntag, 8. Januar, machte sich der Konvoi dann auf den Weg in den Kreis Olpe: In Olpe sammelten die Helfer Schutzausrüstung ein, in Attendorn wurden die Transporter mit den Hilfsgütern aus dem dortigen Lager weiter gefüllt. Krankenhaus-Equipment ist ebenso dabei wie Rollatoren, warme Kleidung und Hygieneartikel.

Jetzt sind die acht Helfer startklar - und neben ein bisschen Aufregung überwiegen bei ihnen die Freude, wieder Hilfe vor Ort zu bringen. „Die ganze Arbeit zahlt sich jetzt aus. Das ist der Moment, wo alles, was wir in den vergangenen Monaten organisiert und geplant haben, zusammenkommt. Jedes Puzzleteil fügt sich jetzt zusammen - wir sind bereit“, sagt Matthäus Wanzek.

Am Samstag und Sonntag wurden die Bullys mit den Hilfsgütern beladen. von privat
Am Samstag und Sonntag wurden die Bullys mit den Hilfsgütern beladen. © privat

Am Montagmorgen, 9. Januar, gegen 10 Uhr machen sich die vier Transporter mit ihren acht Insassen dann auf den weiten Weg in die Ukraine. Mit einem Zwischenstopp am Montagabend in Polen soll am Mittwoch, 11. Januar, das Ziel erreicht werden: Charkiw – die ukrainische Stadt, die die Lennestädter Helfer dann zum nunmehr dritten Mal besuchen. Um die so dringend benötigte Hilfe zu den Menschen mitten ins Kriegsgebiet zu bringen.

LokalPlus steht in Kontakt zum Helfer-Team und berichtet regelmäßig über diese Fahrt.

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