Tatort steht eigentlich für Schutz und Geborgenheit

Anstieg von häuslicher Gewalt im Kreis Olpe


  • Kreis Olpe, 23.03.2022
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  • Von Sigrid Mynar
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Kreis Olpe. Die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Olpe, Elvira Schmengler, hat am Montagmorgen, 21. März, als Koordinatorin für das Netzwerk gegen häusliche Gewalt eine Bilanz des vergangenen Jahres vorgelegt. Gemeinsam mit Anette Pfeifer von der Beratungsstelle des Vereins „Frauen helfen Frauen“, mit Shana Gitzen vom Olper Frauenhaus und dem Opferschutzbeauftragten der Kreispolizeibehörde, Michael Kopsan, legte sie ernüchternde Zahlen vor.


Mit 172 Fällen von häuslicher Gewalt im Jahr 2021, also fast an jedem zweiten Tag, sei die Zahl im Vergleich zu den vergangenen Jahren deutlich gestiegen (2020: 119, in den Jahren 2017 bis 2019 zwischen 143 und 163).

Anteil übergriffiger Frauen stark gestiegen

Auffällig sei, dass im letzten Jahr in 34 der 172 Fälle Frauen als Tatverdächtige galten (2019 waren es nur 4 Fälle), wobei es sich nicht immer um Gewalt gegen den Partner handelte. Vor allem die Corona-Pandemie und die damit verbundene Überforderung von Frauen könnte Einfluss auf diesen Anstieg haben, so die Fachleute. Ob die Pandemie für die deutliche Steigerung insgesamt ursächlich sei, sei zu vermuten, aber nicht zu belegen.

„Häusliche Gewalt ist ganz besonders belastend, da sie in einem Raum stattfindet, der eigentlich Schutz und Geborgenheit geben sollte“, erklärt Elvira Schmengler. Zudem gehe diese Form der Gewalt von vertrauten Menschen aus, was eine besondere psychische Belastung bedeute.

Taten haben viele Gesichter

Die Gewalt zeige sich nicht nur in körperlicher Misshandlung oder sexuellen Übergriffen, sondern auf vielen verschiedenen Ebenen. Dazu gehören Drohungen, Jähzorn, das Unterbinden persönlicher Kontakte oder auch Androhungen, Kindern, Haustieren oder Verwandten etwas anzutun. Das betreffe alle sozialen Schichten.

Neben der Gewaltproblematik waren Trennungs-, Scheidungs- und Beziehungsprobleme häufige Beratungsthemen. Anette Pfeifer war es wichtig zu betonen, dass die Beratung im Verein Frauen helfen Frauen ergebnisoffen sei und nicht automatisch bedeute, dass sich das Paar trennt.

Netzwerk bietet Beratung und konkrete Hilfen

Im Netzwerk gegen häusliche Gewalt, das seit 20 Jahren im Kreis Olpe existiert, könne die Beratung zu allen relevanten Themen stattfinden. Dazu gehören Therapie, Soziale Dienste, Polizei, Justiz und andere Beratungsstellen mit den Schwerpunkten Frauen, Kinder und Familien.

Im Frauenhaus Olpe wurden im Berichtszeitraum 47 Frauen und 37 Kinder untergebracht, mehrheitlich verließen sie nach drei Monaten das Frauenhaus. Während in der Beratungsstelle 79 Prozent der Frauen die deutsche Staatsangehörigkeit hätten, läge der Anteil derer, die im Frauenhaus Schutz suchen, bei 42 Prozent.

Hilfetelefon und Online-Beratung

Elvira Schmengler betonte abschließend: „Auch das bundesweit arbeitende Hilfetelefon 'Gewalt gegen Frauen' und die Onlineberatung sind wichtige Bausteine in der Beratungslandschaft. Rund um die Uhr und in 17 Sprachen steht das Hilfetelefon zur Verfügung.“

Wichtig auch, weil es nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch Nachbarn, Freunden und Familie die Möglichkeit bietet, sich anonym und kostenfrei beraten zu lassen, wenn sie Hinweise auf häusliche Gewalt haben.

Für Elvira Schmengler war dies der letzte Berichtszeitraum, für den sie verantwortlich ist. Für sie beginnt in wenigen Tagen die Altersteilzeit.

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