Steuerfallen erkennen und möglichst vermeiden – Expertenrat ist hilfreich
Vereine und Steuern
- Kreis Olpe, 10.11.2020
- Ratgeber Steuern
- Von Peter Heimeroth
Peter Heimeroth
Redaktion
Kreis Olpe. Wer sich im Vorstand von Vereinen engagiert, kommt ums Thema Steuern oft nicht herum. Denn auch gemeinnützige Vereine müssen sich zumindest mit dem Thema Umsatzsteuer beschäftigen. Viele Infos zum Thema Verein und Steuern gibt es im aktuellen Beitrag unserer LokalPlus-Serie „Ratgeber Steuern“ in Kooperation mit der Kanzlei Neu Heimeroth und Partner. Peter Heimeroth, Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, gibt einen Überblick.
Deutschland ist das Land der Vereine, wie jedermann weiß. Viele Menschen sind Mitglied in einem Sport-, Schützen- oder Heimatverein, um nur drei Beispiele zu nennen. Als Vereinsmitglied merkt man in aller Regel nicht, dass vielleicht auch der eigene Verein „Kunde beim Finanzamt“ ist. Nicht jeder Verein hat mit Steuern zu tun – aber wenn es schlecht läuft, kann sich das ungewollt schnell ändern.
Meist wird erst in der Rückschau erkannt, dass einzelne Betätigungen des Vereins steuerpflichtig waren, dann werden auf einen Schlag Steuernachzahlungen für mehrere Jahre nachträglich fällig. Aber genug der bedrohlichen Andeutungen. Ziel dieses Beitrages ist es, einen Überblick zu geben, wie man „Steuerfallen“ im Voraus erkennt, damit richtig reagiert werden kann. Gibt es keine „steuerfreie Ausweichlösung“, kann so zumindest die kommende Steuerzahlung in der Finanzplanung des Vereins berücksichtigt werden.
Grundsätzlich ist auch ein Verein – wie z.B. eine normale GmbH – steuerpflichtig, das heißt der erzielte Gewinn unterliegt der Gewerbesteuer und der Körperschaftsteuer (Letzteres ist die „Einkommensteuer“ bei juristischen Personen). Zusammen nennt man diese beiden Steuerarten auch „Ertragsteuern“. Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer („Mehrwertsteuer“).
Jeder Verein hat in der Satzung seinen Zweck festgeschrieben (z.B. Pflege des Brauchtums, Förderung des Fußballsports). Der Steuergesetzgeber hat für eine Vielzahl von Betätigungen anerkannt, dass diese nicht gewinnorientiert, sondern darauf gerichtet sind, die Allgemeinheit selbstlos zu fördern, also „gemeinnützig“ sind (z.B. Förderung von Wissenschaft und Forschung, des öffentlichen Gesundheitswesens, von Kunst und Kultur, des Naturschutzes, des Sports).
Verfolgt ein Verein gemeinnützige oder auch kirchliche oder mildtätige Zwecke, ist er bei Beachtung verschiedener weiterer Bedingungen grundsätzlich von der Gewerbe- und der Körperschaftsteuer befreit. Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen, auf die unter Punkt „Ertragsteuern“ eingegangen wird. Was auffällt: Die Umsatzsteuer wurde nicht genannt, hier besteht keine Befreiung wegen Gemeinnützigkeit!
Anders als bei den Gewinnsteuern fällt Umsatzsteuer schon an, wenn jemand gegen Entgelt Lieferungen oder sonstige Leistungen an eine andere Person erbringt und dieses nachhaltig tut. Ob die Tätigkeit gewinnträchtig ist, spielt dabei keine Rolle. Dieser Jemand ist dann „Unternehmer“ im Sinne des Umsatzsteuergesetzes und muss grundsätzlich Umsatzsteuer auf jeden Umsatz in Rechnung stellen und an das Finanzamt abführen.
Beispiele für unternehmerische Vereinsaktivitäten: Sportliche, kulturelle oder festliche Veranstaltungen mit Eintrittsgeld, Verkauf von Waren wie Speisen, Getränke, Sportgeräte, Wimpel usw., Vermietung/Verpachtung von Clubanlagen oder –bauten (Stegplätze für Boote, Tennisplatz, Vereinsgaststätte ...), Erteilung von Sport- oder Musikunterricht gegen gesondertes Entgelt und vieles andere mehr. Bestimmte, im Umsatzsteuergesetz aufgelistete Umsätze sind allerdings von der Umsatzsteuer befreit, wie z.B. die langfristige Verpachtung einer Vereinsgaststätte.
In manchen Fällen kann auf die Steuerbefreiung verzichtet werden, das ist die sog. „Option“ zur Umsatzsteuerpflicht, sie wird häufig bei der Verpachtung von Vereinsimmobilien/-gaststätten ausgeübt. Steuerpflicht kann von Vorteil sein, da dann aus allen Rechnungen über bezogene Leistungen die darin ausgewiesene Umsatzsteuer („Vorsteuer“) vom Finanzamt erstattet wird.
Das betrifft aber nur Rechnungen, die mit den vom Verein „mit Umsatzsteuer“ erbrachten Leistungen in Zusammenhang stehen (z.B. Rechnung des Bauunternehmers, der das mit Umsatzsteuer verpachtete Clubhaus errichtet hat, Rechnung über Kunstrasen auf Sportplatz). Neben dem Regelsteuersatz (19 %, z.Zt. bis Ende 2020 16 %) gilt für mache Leistungen ein ermäßigter Steuersatz (7 %, z.Zt. bis Ende 2020 5 %).
(Echte) Mitgliedsbeiträge an Vereine sind übrigens nicht umsatzsteuerpflichtig, was allerdings „in Gefahr“ ist, da es viele Stimmen gibt, die darin einen Verstoß gegen die Grundprinzipien der letztlich durch EU-Recht geregelten Umsatzbesteuerung sehen.
Obwohl man nach den vorstehenden Ausführungen den Eindruck haben muss, praktisch jeder Verein sei von der Umsatzsteuer betroffen, ist dem nicht so, weil es eine „Kleinunternehmerregelung“ gibt. Beträgt der Umsatz des Vorjahres nicht mehr als EUR 22.000 und im laufenden Jahr nicht mehr als EUR 50.000, entfällt die Umsatzsteuerpflicht, damit aber auch die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges. Daher kann der Verein auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten.
Das war ein Überblick über die Umsatzsteuer, die entgegen landläufiger Meinung auch (gemeinnützige) Vereine betreffen kann. Im Detail ist die Umsatzsteuer kompliziert, besonders wenn es um hier nicht behandelte Sachverhalte mit Auslandsbezug geht (z.B. Erwerb von Sportgeräten, Beratungsleistungen, Bauleistungen ...).
Die Betätigungen, die der Verwirklichung des eigentlichen gemeinnützigen Zwecks eines Vereins dienen, spielen für die Ertragsbesteuerung keine Rolle (Bsp.: Historikerverein forscht, Sportverein führt Trainings durch …), das Gleiche gilt für „passive Nebenbetätigungen“ wie die Vermögensverwaltung (z.B. Geldanlage, Vermietung). Alle (weiteren) Betätigungen des Vereins, die dieser mit der Absicht durchführt, daraus einen Gewinn zu erzielen, lassen den Fiskus genauer hinschauen.
Der Ertragsteuerpflicht entgeht der Verein dann nur noch, wenn ein sog. „Zweckbetrieb“ vorliegt, was nur dann der Fall ist, wenn eine Tätigkeit zwar mit Gewinnstreben durchgeführt wird, aber erforderlich ist, um „tatsächlich und unmittelbar die satzungsmäßigen Zwecke“ des Vereins zu erfüllen (z.B. Vermietung von Stegliegeplätzen an Mitglieder eines Segelvereins, Startgelder, Kurs- und Lehrgangsgebühren, …). Alle anderen mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführten Betätigungen sind „wirtschaftliche Geschäftsbetriebe“ und unterliegen der Gewerbe- und der Körperschaftsteuer, wenn der betrachtete einzelne Betrieb mehr als EUR 35.000 an Einnahmen pro Jahr erzielt (z.B. ein Verein verpachtet seine Vereinsgaststätte nicht, sondern betreibt sie selbst, Sponsoring, Werbeeinnahmen, ...)
Wird die Freigrenze (kein Freibetrag!) von EUR 35.000 überschritten, muss der nach Abzug der mit dem Betrieb zusammenhängenden Ausgaben (und eines geringen Freibetrages) verbleibende Gewinn oder Verlust in entsprechenden Steuererklärungen deklariert werden und die festgesetzte Steuer bezahlt werden (Körperschaftsteuer 15 % zzgl. 5,5 % SolZ und Gewerbesteuer rd. 15 % (Steuersatz variiert von Gemeinde zu Gemeinde)).
Das Ziel dieses kurzen Aufsatzes ist, die Grundprinzipien der Ertragsbesteuerung eines Vereins aufzuzeigen, daher wurden die in der Praxis manchmal höchstspannenden Details weggelassen. Lesern, die nun den Eindruck gewonnen haben, dass ihr Verein vielleicht doch einmal von einem Steuerberater durchleuchtet werden sollte, kann nur geraten werden, diesem Gefühl nachzugeben, bevor sich unerkannt Steuerschulden aufgebaut haben ….
War das alles? Keineswegs, ein gemeinnütziger Verein kann auch Arbeitgeber sein und hat dann Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge einzubehalten. Oft werden die bekannten „Minijobs“ genutzt, was ohne Fachkenntnisse nicht immer glatt läuft. Beim Erwerb eines Grundstücks für das Vereinsheim fällt Grunderwerbsteuer an. Führt ein Verein eine Lotterie durch, sollte er an die Lotteriesteuer denken.
Bei der Grundsteuer gibt es Befreiungen, aber nicht für Grundbesitz, der einem „wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb“ zuzuordnen ist. Diese Aufzählung ist nicht vollzählig, so zahlt ein Verein wie jeder Konsument die üblichen Verbrauchsteuern wie z.B. Energiesteuer, Kaffeesteuer, Stromsteuer und (für einen Sauerländer Verein am schlimmsten:) Biersteuer.
Nicht jeder Vereinsvorstand muss Steuerberater sein, aber es ist gut, einen Steuerberater im Vereinsvorstand zu haben. Ist bei einem Verein beides nicht der Fall, ist zumindest ein gelegentlicher „Steuer-Check“ durch einen externen Steuerberater sicher keine Geldverschwendung …