Staat fordert Hilfsgelder zurück - Friseure fühlen sich im Stich gelassen

Kampagne „Wir machen auf … merksam“


  • Kreis Olpe, 26.01.2021
  • Gesundheit & Medizin
  • Von Nils Dinkel
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Der Salon „Haareszeiten“  ist in Altenhundem und Olpe ansässig. von Sinan Muslu / neun a ohg
Der Salon „Haareszeiten“  ist in Altenhundem und Olpe ansässig. © Sinan Muslu / neun a ohg

Kreis Olpe. Die Schließung der Friseursalons geht am Mittwoch, 27. Januar, in die siebte Woche. Hinzu kommt die wochenlange Schließung im vergangenen Frühjahr. Die Zeit des Lockdowns ist für Heike Hilbig, die in Lennestadt und Olpe je einen Friseursalon betreibt, und ihre Mitbewerber im Kreis Olpe auch die Zeit der Sorge. Für ihr Engagement nach dem ersten Lockdown werden sie nun bestraft – und sollen Soforthilfen zurückzahlen. Eine Kampagne soll auf die missliche Lage aufmerksam machen.


„Wir haben nach der Öffnung extrem viel gearbeitet und gute Umsätze gefahren. Nun sollen wir die staatlichen Hilfen zurückzahlen“, so Heike Hilbig. Die Finanzspritze belief sich bei ihr auf 15.000 Euro. Doch davon wird wohl nicht viel bleiben. Sie rechnet damit, 90 Prozent, also 13.500 Euro, zurückzahlen zu müssen.

Falsche Versprechungen?

Der Staat sage, die Umsätze seien so hoch gewesen, dass die Hilfe nicht benötigt werde. „Umsätze sind aber nicht gleich Gewinn“, findet die Friseurmeisterin. Neben ihr seien Friseure in ganz Deutschland von den Rückzahlungsforderungen betroffen.

Dies bekräftigen auch Angelina Schindler, die „Angelinas Haarzauber“ in Elspe betreibt, sowie Melanie Rosenthal (Hairstyle 4 you in Maumke). Rosenthal kritisiert, dass falsche Versprechungen gemacht worden seien.

Friseurmeisterin Heike Hilbig. von Sinan Muslu / neun a ohg
Friseurmeisterin Heike Hilbig. © Sinan Muslu / neun a ohg

Heike Hilbigs Kritik ist scharf: „Es wird mit zweierlei Maß gemessen. Die Gastronomie bekommt 70 Prozent vom Umsatz. Wir als Dienstleister bekommen nichts. Das passt irgendwo einfach nicht.“

Gehör verschaffen

Mit der Kampagne „Wir machen auf … merksam“ will sich die Branche, die mindestens bis zum 14. Februar nicht öffnen darf, nun Gehör verschaffen. Neben Heike Hilbig, Angelina Schindler und Melanie Rosenthal verbreiten zahlreiche Friseure die Kampagnen-Infos aktuell in sozialen Medien.

Hierin heißt es etwa: „Wir haben keine Möglichkeit des Onlinehandels, wir können auch nichts to go anbieten, unsere Dienstleitung ist unser Kapital.“ Etwa 80.600 Betriebe im Friseurhandwerk seien betroffen. „Einzelhändler und Gastronomen können ihre Waren zur Abholung anbieten. Das können wir nicht“, so Angelina Schindler.

Probleme bei Beantragung der Überbrückungshilfen

Die neuen Überbrückungshilfen, die seitens des Staates zugesichert worden seien, könnten bis dato nicht beantragt werden, da sie noch nicht online abrufbar seien, beklagen alle drei Friseurmeisterinnen unabhängig voneinander.

Angelina Schindler betreibt einen Salon in Elspe. von privat
Angelina Schindler betreibt einen Salon in Elspe. © privat

„Wir haben in den Tagen vor dem Lockdown bis zu 16 Stunden täglich gearbeitet. Wir wollten allen Kunden gerecht werden. Der Ausfall muss bei 30 Prozent liegen. Wir liegen für den Dezember etwa bei 20 Prozent. Damit fallen wir raus“, so Heike Hilbig. Für den Monat werden sie und ihre beiden Mitbewerberinnen wohl auch keine Hilfen bekommen. Ähnlich sieht das auch Angelina Schindler: „Wir haben durchgearbeitet, um unsere Mädels zügig aus der Kurzarbeit herauszuholen.“

Die Beantragung der Hilfen ist nach ihrer Einschätzung wohl erst im Februar möglich. Das Geld werde demnach nicht vor März oder April ausgezahlt. Und selbst wenn das Geld irgendwann fließt, bleibt eine Sorge: „Wer sagt mir, dass ich diese Hilfen nicht wieder zurückzahlen muss, wenn sich mein Team nach dem Lockdown wieder so reinhängt“, so Heike Hilbig. „Es ist unglaublich, was hier passiert“, sagt Melanie Rosenthal .

Scharfe Hygienevorschriften

Alle drei wünschen sich, dass sie ihre Salons im Kreis Olpe bald wieder öffnen dürfen. Angelina Schindler ist da jedoch wenig optimistisch: „So wie Herr Söder spricht, geht das bestimmt noch einmal in die Verlängerung!“ Auch Melanie Rosenthal glaubt, dass der Lockdown noch einmal ausgeweitet werden könnte.

Der Salon von Melanie Rosenthal hat seinen Sitz in Maumke. von privat
Der Salon von Melanie Rosenthal hat seinen Sitz in Maumke. © privat

Dabei versuche die Branche versuche alles, um das Infektionsrisiko im Salon einzudämmen. Es kämen etwa Sterilisatoren zum Einsatz, die Scheren und Kämme reinigen. Außerdem werde jeder Umhang nach jedem Kunden gewaschen. Ein erhöhtes Infektionsrisiko sieht Heike Hilbig nicht, wenn beide Parteien eine Maske tragen.

Ersparnisse gehen zur Neige

Langsam kommen bei Heike Hilbig, Angelina Schindler sowie Melanie Rosenthal Existenzängste auf. Mithilfe von Farben, Gutscheinen und sonstigen Produkten, die sie den Kunden derzeit online und telefonisch anbieten, versuchen die Friseurmeisterinnen, zumindest die Fixkosten zu decken.

Die Ersparnisse gehen allmählich zur Neige. „Die Reserven sind beim ersten Lockdown fast vollständig aufgebraucht worden. Man kann froh sein, wenn man einen Mann hat, der nicht auch in Kurzarbeit ist“, erzählt Angelina Schindler.

„Man ist machtlos“

Auch bei Heike Hilbig schwinden die Reserven. In Kürze müsse sie jedoch einen KfW-Kredit in Anspruch nehmen, den sie bereits beantragt hatte. Einen dritten Lockdown zu kompensieren könne schwer werden, so die Friseurmeisterin.

„Viele in unserer Branche versuchen etwas zu bewegen. Es herrscht ein ganz toller Zusammenhalt und Austausch. Trotzdem ist man machtlos“, so Heike Hilbig. Die Friseure planen bereits die nächste Aktion: Vom 31. Januar bis 1. Feburar sollen die Salons in irgendeiner Form für 24 Stunden beleuchtet werden. Die Aktion trägt den Namen „Licht an, bevor es ganz aus geht.“

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