Ruß an den Händen und Glück im Gepäck: Ein Tag als Schornsteinfegerin
LokalPlus-Serie „Ein Tag als“
- Kreis Olpe, 09.10.2022
- Verschiedenes
- Von Lorena Klein
Drolshagen. In schwarzer Tracht und mit allerlei Werkzeugen auf den Rücken geschnallt starten sie wagemutige Spaziergänge auf den Dächern und fegen die Kamine. Schornsteinfeger, so sagt man, bringen das Glück ins Haus. Den abwechslungsreichen Arbeitsalltag der Kaminkehrer durfte LokalPlus-Volontärin Lorena Klein jetzt kennenlernen und stellte fest, dass der vielseitige Handwerksberuf noch viel mehr zu bieten hat als die altbekannten Klischees.
Für meinen eintägigen Ausflug ins Handwerk begleite ich Schornsteinfegermeister Martin Breidebach und seine beiden Angestellten Helen Dziumla und Rubin Wolfran. Martin Breidebach ist seit bereits fünf Jahren als Bezirksschornsteinfeger für einen Großteil der Stadt Drolshagen zuständig. Für ihn steht morgens die Abnahme einer neuen Feuerstätte an – eine hoheitliche Aufgabe, die nur der Bezirksschornsteinfeger selbst übernehmen darf.
Aufgrund der gestiegenen Öl- und Gaspreise gewinnen Holz- und Pelletöfen an Beliebtheit. „Momentan ist Energie ein ganz großes Thema. Die Kunden sind massiv verunsichert, wenn es um die Wahl einer geeigneten Heizungsanlage geht“, erklärt Breidebach. Die meisten Schornsteinfeger lassen sich ebenfalls zu Energieberatern weiterbilden und stehen den Kunden bei Fragen rund um Energiesparmaßnahmen neutral zur Seite.
Neu installierte Heizungsanlagen gilt es dann in Hinblick auf die Brandschutzbestimmungen, Abgaswerte, Verbrennungsluft und weitere Kriterien zu überprüfen – zum Schutz der Hausbewohner und der Nachbarschaft.
Sicherheit spielt im Beruf des Schornsteinfegers generell eine zentrale Rolle. Daher auch der alte Aberglaube des Glücksbringers, erklärt mir Breidebach. „Wo früher die Schornsteine gefegt wurden, gab es wenig Rußbrände. Gerade bei Häusern mit Strohdächern gab der Schornsteinfeger Sicherheit.“
Noch heute ist dieser Ruf weit verbreitet. In der typischen Arbeitskleidung sei es auch Martin Breidebach schon häufiger passiert, dass Leute an den goldenen Knöpfen seiner Jacke drehen wollten. Das störe ihn aber keineswegs, im Gegenteil: „Ich finde, das ist ein schönes Zeichen, dass man gesehen wird.“
Als nächstes begleite ich Schornsteinfegergesellin Helen Dziumla und mache ich die Erfahrung, dass es zum Beruf dazu gehört, hin und wieder vor verschlossener Tür zu stehen. Eigentlich ständen Messungen von Heizungsanlagen auf dem Plan. Wir ziehen von Haus zu Haus, doch haben scheinbar einen ungünstigen Zeitpunkt erwischt. In solchen Fällen wird eine Terminanmeldung im Briefkasten hinterlassen, sodass die Kunden über den nächsten Besuch informiert sind.
Dafür bleibt uns umso mehr Zeit, um über ein Problem zu reden, das die Schornsteinfeger schon länger beschäftigt: der immense Nachwuchsmangel. „Wir suchen händeringend nach neuen Gesellen. Ich kann mir vorstellen, dass wir für viele Menschen leider nicht so präsent sind“, spekuliert die junge Frau.
An meiner letzten Station treffe ich Rubin Wolfran. Er erläutert mir die wohl bekannteste Tätigkeit des Schornsteinfegers: das Kehren des Kamins. „Sinn und Zweck ist es, die Verbrennungsrückstände zu entfernen, die einen Brand auslösen könnten“, erklärt mir der Schornsteinfegergeselle. Kaminöfen werden in der Regel zweimal im Jahr gekehrt.
Jetzt ist es auch für mich an der Zeit, aktiv zu werden. Gekleidet in Arbeitsjacke und mit Handschuhen steige ich mit Rubin Wolfran auf den Dachboden eines Kunden – ein Dachspaziergang bleibt mir also erspart. Dort erklärt er mir, wie ich mit Stoßbesen und Kehrleine den Kamin reinige.
Eine Aufgabe, die für mich ein richtiger Kraftakt ist. Immer wieder verfängt sich das Werkzeug im schmalen Schlot und ich komme nicht weiter - bei Rubin hingegen sieht alles kinderleicht aus.
Je nach Konsistenz des Rußes erkennt der Geselle eine richtige oder falsche Handhabung des Ofens. Glanzruß, der in seinem Aussehen Teer ähnelt, lässt auf die Benutzung von nassem oder großstückigem Holz schließen. Bei einer staubigen Konsistenz ist das Material hingegen gut verbrannt.
Am Ende des ereignisreichen Vormittages bin ich begeistert von den vielseitigen Tätigkeitsbereichen des Berufes. Schornsteinfeger stellen sicher, dass wir in den eigenen vier Wänden unbesorgt heizen können und sind in Sachen Brandschutz und Energieberatung immer auf dem neusten Stand. Der Stempel des Glücksbringers ist meiner Meinung nach somit völlig berechtigt.