Piraten zwischen Selbstverständnis und Wirklichkeit
Halbe und Hempelmann über Relevanz und Rampenlicht, Digitalisierung und Demokratie
- Kreis Olpe, 30.09.2017
- Von Sven Prillwitz
Sven Prillwitz
Redaktion

Kreis Olpe. Um die Piraten ist es beinahe ganz still geworden. Die Kleinpartei bewegt sich längst nur noch am äußersten Rand der gesellschaftlichen und politischen Wahrnehmung. Aktueller Beleg: das Ergebnis der Bundestagswahl. Gerade einmal 0,4 Prozent der Zweitstimmen entfielen auf die selbsternannten Kämpfer für die „digitale Revolution“. Womit sich unweigerlich die Frage stellt: Hat die Partei überhaupt noch irgendeine Relevanz? Ja, denn ihre Themen seien aktueller denn je, sagen die Piraten im Kreis Olpe. Das Problem: Mit dem Selbstverständnis der Partei sei es schwierig, in der Politik Fuß zu fassen.

Einen weiteren Grund dafür sehen Willi Hempelmann und Bastian Halbe, zwei von derzeit 32 Mitgliedern der Piratenpartei im Kreis Olpe, in der mangelhaften Außendarstellung. Zwar hätten es typische Piraten-Themen auf die politische Agenda geschafft, wie etwa die Veröffentlichung von Nebeneinkünften von Politikern oder mehr Transparenz des Staatswesens, sagt Halbe. Allerdings sei die Partei selbst landes- und bundesweit medial und damit gesellschaftlich kaum wahrgenommen worden, ergänzt Hempelmann: „Wir hatten keine Öffentlichkeit, wir waren einfach nicht da. Und wenn man totgeschwiegen wird, kann nichts passieren.“


Die schwierige Balance zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Ein Akt, der den Piraten zuletzt nicht gelungen sei, so der 24-Jährige. „Wir haben die letzten drei bis vier Jahre verschlafen. Wir sind aus den Landtagen rausgeflogen mit dem Ergebnis der Bundestagswahl jetzt als krönender Negativserie“, sagt Halbe. Bei der Bundestagswahl 2013 holten die Piraten noch 2,2 Prozent – auch dank einiger Protestwähler, die in diesem Jahr ihr Kreuz bei anderen Parteien gemacht hätten. „Jetzt muss umgedacht werden“, sagt Halbe.

Und auch in Sachen direkter Demokratie sehen die Piraten für den Kreis Olpe dringenden Handlungs- und vor allem Verbesserungsbedarf. Etwa durch die Einführung offener Listen für den Rat in Städten und Gemeinden, damit Personen völlig unabhängig von parteipolitischen Vorgaben Politik und Gesellschaft mitgestalten können.
Es sind ein paar Ideen, mit denen die Piraten „gegen Stillstand und Ideenlosigkeit“ ankämpfen und „alte verkrustete Strukturen“ aufbrechen wollen, wie es auf der Homepage heißt. Bislang ist es jedoch verbales Säbelrasseln. Ob sie mit ihrem Kampf für die „digitale Revolution“ und die direkte Demokratie die große Bühne entern können, ist wohl auch eine Frage, wie starr oder flüssig das Selbstverständnis ist.
