NGG: „Unterschiedliche Löhne darf es nicht mehr geben“

Kreis Olpe: Frauen machen drei Viertel aller Teilzeit- und Niedriglohnjobs


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Kreis Olpe. Noch immer sind im Kreis Olpe 73 Prozent aller Teilzeit- und Niedriglohnjobs in Frauenhand. Darauf weist die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zum Internationalen Frauentag am 8. März hin. Bei den rund 11.600 Teilzeit-Stellen im Kreis liege der Frauenanteil nach Angaben der Arbeitsagentur sogar bei 87 Prozent.


Isabell Mura, Geschäftsführerin der NGG Südwestfalen, spricht deshalb von einer „Karrierefalle“: Gerade in Hotels, Restaurants und Bäckereien seien Minijobs und Teilzeit-Verträge stark verbreitet. „Die Kellnerin in Vollzeit ist die Ausnahme“, so Mura. Wer jedoch 20 oder 25 Stunden arbeite, habe es beim beruflichen Aufstieg deutlich schwerer. Das gehe aus einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung hervor. Danach sind für Teilzeit-Beschäftigte auch Gehaltszuwächse und Beförderungen seltener. 

„Bei der Bezahlung stehen Frauen allgemein weiterhin deutlich schlechter da als Männer“, kritisiert Mura und verweist auf eine im November 2017 veröffentlichte Auswertung der EU-Kommission. Danach gibt es zwischen den Gehältern, die Männer und Frauen in Deutschland beziehen, eine Differenz von 22 Prozent. Nur in der Tschechischen Republik (22,5) und Estland (26,9) sei der „Gender Pay Gap“ noch größer als in der BRD. Der Gehaltsunterschied liege europaweit bei 16,3 Prozent. „Es kann nicht sein, dass Paula nur deshalb auf bis zu mehrere Hundert Euro pro Monat verzichten muss, weil sie nicht Paul heißt“, kritisiert Mura mit Blick auf die Auswertung.
Kritik an Gesetz zur Lohntransparenz
Zwar gebe es für Frauen im Kreis Olpe seit diesem Jahr erstmals einen Rechtsanspruch darauf, zu erfahren, was ein männlicher Kollege in ähnlicher Position verdient. Doch das Lohntransparenzgesetz gilt lediglich in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten. „Davon hat kaum eine Köchin oder Bäckereifachverkäuferin im Kleinbetrieb etwas“, bemängelt Gewerkschafterin Mura. Hier müsse die künftige Bundesregierung dringend nachbessern. 

Sollte die Politik nicht deutlich mehr gegen die Lohnungerechtigkeit unternehmen, dürfte sich nach Einschätzung der NGG auch die Altersarmut für Frauen im Kreis verschärfen. „Geringere Löhne und kürzere Arbeitszeiten sorgen für magere Renten. Außerdem tragen Erziehungs- und Pflegezeiten dazu bei, dass nur wenige Rentenpunkte zusammenkommen“, erklärt Isabell Mura.
Warnung vor Rentenlücke und Diskriminierung
Wie aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervorgeht, soll es in den alten Bundesländern eine sogenannte „weibliche Rentenlücke“ von 42 Prozent geben. Zum Vergleich: Während ein Rentner durchschnittlich 994 Euro pro Monat erhalte, müsse eine Pensionärin mit lediglich 576 Euro auskommen. Mura: „Am Ende ist das auch für den Staat eine teure Sache. Die öffentliche Hand muss dann Armutsrenten durch Grundsicherung im Alter und Zuschüsse fürs Wohnen aufbessern.“

Ein weiterer Kritikpunkt: Im Beruf sind nach Beobachtung der NGG noch immer viele Frauen Diskriminierung ausgesetzt. „Zotige Sprüche an der Theke sind da noch das Geringste“, so Mura. In 80 Prozent aller Fälle von sexueller Belästigung von Frauen gehe die Gewalt von einem Mann aus. Das habe die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in einer aktuellen Studie festgestellt.
„Unterschiedliche Löhne darf es nicht mehr geben“
Positiv wertet die NGG Südwestfalen, dass sich immer mehr Frauen gegen Ungerechtigkeiten im Arbeitsleben zur Wehr setzten. Dabei könnten sie auf die Hilfe der Gewerkschaft zählen. Per Rechtsschutz lasse sich etwa der übergriffige Kollege abmahnen.

Mit Blick auf das 100-jährige Bestehen des Frauenwahlrechts sagt Isabell Mura: „Nach der rechtlichen Gleichstellung muss auch eine vollständige Gleichbehandlung im Job kommen. Unterschiedliche Löhne für Männer und Frauen darf es heute nicht mehr geben.“
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