Mädchen jahrelang eingesperrt - Kreis Olpe prüft interne Vorgänge

Staatsanwalt ermittelt


Topnews
Das Kreishaus in Olpe von LP
Das Kreishaus in Olpe © LP

Kreis Olpe/Attendorn. Der Fall des vermutlich jahrelang in Attendorn versteckten Mädchens (LokalPlus berichtete) ruft auch bei der Kreisverwaltung Olpe große Betroffenheit hervor. Am Sonntagnachmittag, 6. November, nahm der Kreis in einer Pressemitteilung ausführlich Stellung. Fest steht, dass das Jugendamt des Kreises Olpe mit Unterstützung der Polizei das Mädchen am 23. September im Haus der Großeltern mütterlicherseits gefunden und es nach ärztlichen Untersuchungen in die Obhut einer Pflegefamilie gebracht hat.


Ersten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Siegen zufolge konnte das heute achtjährige Mädchen das Haus in Attendorn nicht verlassen, seitdem sie rund eineinhalb Jahre alt war. Hinweise auf eine körperliche Misshandlung oder Mangelernährung liegen nicht vor. Das Kind ist weiter in ärztlicher Behandlung, speziell natürlich hinsichtlich psychischer Folgen.

Keine stichhaltigen Beweise

Laut einer Registereintragung des Einwohnermeldeamts sind die Kindesmutter und das Kind im Juni 2015 nach Kalabrien in Italien umgezogen. Seither ist dem Vater ein Kontakt nicht mehr ermöglicht worden. Die Beziehung zu dem leiblichen Vater bestand schon vor der Geburt des gemeinsamen Kindes offenbar nicht mehr.

Anonymen Hinweisen, dass das Mädchen zusammen mit seiner Mutter bei deren Eltern in Attendorn lebe, ist das Jugendamt mehrfach nachgegangen, fand aber keine stichhaltigen Beweise, die diese Thesen bekräftigten. Vorwürfe einer möglichen Kindeswohlgefährdung konnten nicht konkretisiert werden. Es lagen keine konkreten Beweise vor, dass das Kind nicht in Italien lebt.

Ehepaar gab Hinweis

Im Juli dieses Jahres berichtete ein Ehepaar, das keine direkte Verbindung zu den Familien hat, von einer möglichen Kindeswohlgefährdung und Erzählungen von Freunden, die sich sicher seien, dass das Kind im Haus der Großeltern gefangen gehalten werde. Daraufhin wurde am 14. Juli ein Amtshilfeersuchen des Kreisjugendamtes beim Bundesamt für Justiz zur Weiterleitung an die zuständigen Behörden in Italien eingeleitet.

Am 12. September erhielt das Jugendamt eine E-Mail des Bundesamtes für Justiz mit der Information der italienischen Zentralbehörde, „dass die Kindsmutter nie unter der in Ihrem Ersuchen angegebenen Adresse ansässig geworden ist“.

Sorgerecht entzogen

Danach ging es schnell: Nur einen Tag später, am 13. September, wurde per E-Mail die Polizei informiert. Am 23. September hat das Familiengericht den Eltern Teile des Sorgerechts entzogen und das Jugendamt zum Ergänzungspfleger bestellt. Die Kindesmutter wurde verpflichtet, das Kind „unverzüglich an das Jugendamt als Ergänzungspfleger herauszugeben“. Am gleichen Tag durchsuchten Polizei und Jugendamt das Haus der Großeltern mütterlicherseits und fanden das Mädchen.

Die Staatsanwaltschaft Siegen hat ein Ermittlungsverfahren wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen sowie Freiheitsberaubung gegen die Kindesmutter und deren Eltern eingeleitet.

Landrat hofft auf Antworten

Der Kreis Olpe prüft die verfahrensbezogenen Vorgänge im eigenen Haus. Landrat Theo Melcher: „Ich hoffe, die Ermittlungen geben Antworten auf die uns alle bewegende Frage, warum das Mädchen über so viele Jahre versteckt wurde und ihm ein ,normales‘ Kinderleben verweigert wurde. Ich freue mich aber, dass das Mädchen aus dieser Situation befreit werden konnte und es ihm offenbar gesundheitlich gutgeht.“

Artikel teilen: