LP-Team blickt zurück: Eine kaputte Brücke, Stillstand und Schneckentempo

Kreis Olpe/Lüdenscheid. Rahmede – den Namen dieses kleinen Baches kannte vor 14 Monate außerhalb Lüdenscheids wohl kaum ein Mensch. Durch die gleichnamige Talbrücke der A 45 hat Rahmede bundesweite Bekanntschaft erlangt. Leider, denn die wegen der maroden Brücke notwendige jahrelange Sperrung braucht kein Mensch. Wie ein roter Faden haben sich die Probleme rund um die Autobahnsperrung durch das Jahr 2022 gezogen – und auch durch unsere Berichterstattung.

In diesem Monat haben wir bei LokalPlus Alltagshelden gesucht – und gefunden. Nicht dabei waren all die Lkw-Fahrer, die wegen der gesperrten A 45 weite Umwege in Kauf nehmen müssen, und die Logistiker in den Firmen, die ihre Transportrouten auf lange Zeit umplanen müssen. Nicht dabei waren auch die unzähligen Pendler, denen die kaputte Brücke tagtäglich im wahrsten Sinne des Wortes Lebenszeit raubt, und die Anlieger an den überlasteten Umleitungsstrecken, deren Lebensqualität enorm leidet.

Bei der Suche nach „Rahmede“ spuckt unser LokalPlus-Artikelarchiv für dieses Jahr 83 Treffer aus, bei „A 45“ sind es sogar 143. Das zeigt, wie stark die A 45-Sperrung bei Lüdenscheid auch den Kreis Olpe betrifft. Die Sauerlandlinie ist eben die Lebensader von Südwestfalen – und wenn diese Ader am Tropf hängt, kriegt es die ganze Region zu spüren. Allen voran die Wirtschaft, die wegen der Brückensperrung jeden Tag etwa eine Million Euro Schaden hat.

13 Monate sind seit der Sperrung inzwischen vergangen. Getan hat sich seitdem herzlich wenig. In China wäre die Talbrücke wahrscheinlich schon längst abgerissen und der Neubau im Gange. Aber bis nach Asien muss man gar nicht schauen. In Genua lagen zwischen dem Einsturz einer Autobahnbrücke und der Eröffnung der neu gebauten Brücke gerade mal zwei Jahre.

Und bei uns? Die Vergabe des Auftrags für die Sprengung erfolgte nach zehn Monaten und die Ausschreibung des Neubaus nach knapp elf Monaten. Gesprengt werden sollte ursprünglich im Oktober und dann im Dezember, doch davon ist schon lange keine Rede mehr. Noch nicht einmal einen konkreten Sprengtermin gibt es, von einem Zeitplan für den Neubau ganz zu schweigen.

Da können die heimischen Industrie- und Handelskammern das ganze Jahr über Druck machen, die südwestfälischen SPD-Bundestagsabgeordnete mehr Tempo beim Neubau fordern oder der Drolshagener CDU-MdB Florian Müller einen Gesetzentwurf vorlegen, der eine Beschleunigung solcher Vorhaben bezweckt - passiert ist nicht viel. Schneckentempo nennt man das.

Armes Deutschland. Angesichts der vielerorts maroden und heruntergekommenen Infrastruktur kann man nur hoffen, dass nicht noch mehr Bauwerke, ob im Straßen- oder Bahnverkehr, ausgemustert werden müssen. Denn das würde uns dann bei dem gegenwärtigen Planungs- und Bautempo in Richtung Mittelalter zurückwerfen. Die IHK Siegen bemängelte erst vor wenigen Wochen den „perfekt geregelten Stillstand“ hierzulande. Recht hat sie.

Im abgelaufenen Jahr 2022 ist viel Zeit verschenkt und reichlich Vertrauen verspielt worden. Das ist traurig und bedauerlich. Politiker, Behörden, Planer und Konstrukteure sind im neuen Jahr in der Pflicht zu beweisen, dass sie schneller sein können und müssen – im Interesse aller Menschen und Firmen, die unter der gesperrten A 45 leiden. Beim Kölner Dom hat es 642 Jahre bis zur Fertigstellung gedauert. Bei der Rahmedetalbrücke sollen es bitte weniger als 6,4 Jahre sein.