Konjunkturklima drastisch eingebrochen - alle Zeichen stehen auf Rezession
Herbstumfrage der IHK
- Kreis Olpe, 17.10.2022
- Wirtschaft
- Von Wolfgang Schneider

Kreis Olpe/Siegen. Die heimische Wirtschaft beurteilt ihre Zukunftsaussichten so schlecht wie nie. Die Gründe liegen auf der Hand. Explodierende Energiepreise, Lieferengpässe und hohe Inflation, gepaart mit den Nachwirkungen der Corona-Pandemie und den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, belasten die heimischen Unternehmen extrem.


Die aktuelle Lage sei „soeben noch befriedigend“, aber die Zukunft sehe düster aus, hieß es beim Pressegespräch der Industrie- und Handelskammer Siegen zur Vorstellung der aktuellen Konjunkturumfrage am Montag, 17. Oktober, in Olpe. „Nie zuvor brach das Konjunkturklima der regionalen Wirtschaft innerhalb eines Jahres so drastisch ein. Alle Zeichen stehen auf Rezession“, brachte es IHK-Präsident Walter Viegener (Attendorn) auf den Punkt.

522 Unternehmen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe mit mehr als 38.000 Beschäftigten haben sich an der Umfrage beteiligt. Deren Rückmeldungen verheißen nichts Gutes. „Die Lage ist ernst und für zahlreiche Unternehmen existenzbedrohend. Wir brauchen jetzt schnelle, konsequente und mutige Entscheidungen der Politik. Ansonsten werden die kommenden Monate äußerst schmerzhaft“, so Viegener.
Einige Zahlen aus der Umfrage zeigen, wie angespannt die Stimmung ist:
- Der Konjunkturklimaindex (aus Lage und Erwartung) stürzt von 96 auf 68 ab. Vor einem Jahr lag der Index noch bei 120.
- Nur noch 24 Prozent (Frühjahr 38 %) der Unternehmen beurteilen die Lage als gut.
- Eine schlechte Geschäftslage melden 22 Prozent (Frühjahr 13 %).
- Bei den Zukunftserwartungen gibt es ein Allzeittief: Nur 5 Prozent gehen von besseren Geschäften aus, aber 59 Prozent von schlechteren.
- 29 Prozent der Firmen rechnen mit dem Abbau von Arbeitsplätzen.
Walter Viegener redete angesichts dieser Zahlen Tacheles: „Nie zuvor war der Blick in die Zukunft so pessimistisch. Selten waren die Unsicherheiten größer. Besonders düster ist der Blick in die Zukunft im Einzelhandel sowie im Bau- und im Gastgewerbe.“
Klaus Fenster, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK, konnte ebenfalls nicht für optimistische Töne sorgen – im Gegenteil: „Die Finanzlage der Unternehmen verschlechtert sich. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem sich die Firmen die Frage stellen, ob es sich hier noch lohnt, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Pleiten oder Abwanderungen sind dann die logische Folge.“

Aktuell hätten bereits 12 Prozent der heimischen Industrieunternehmen mit Produktionsverlagerungen in Länder reagiert, in denen die Energieversorgung sicherer und die Preise erschwinglicher seien. Das ist aus Sicht der IHK besorgniserregend. Klaus Fenster: „Gerade in der gegenwärtigen Lage wären zusätzliche Investitionen bitter notwendig. Es ist alarmierend, dass jedes dritte Unternehmen plant, weniger zu investieren.“

Neun von zehn Betrieben sehen die extrem hohen Energie- und Rohstoffpreise als größtes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Klaus Fenster: „In der heimischen Industrie gehen drei von fünf Unternehmen von schlechteren Geschäften aus. Selbst zu Beginn der Corona-Pandemie war der Blick in die Zukunft nicht so düster. Unser Wohlstand wird sinken; darauf sollten wir uns einstellen.“
Brummte in der Vergangenheit die Bauwirtschaft so richtig, schlagen nun die hohen Preise, Materialknappheit und eine Bauzurückhaltung voll durch. Statistik-Experte Stephan Häger: „Deutlich gestiegene Zinsen und die hohen Baukosten führen zu spürbar weniger Neuaufträgen. Es zeichnet sich ein deutlicher Abschwung ab. Sieben von zehn Bauunternehmen blicken pessimistisch in die Zukunft.“

Von allen Branchen fällt die Beurteilung im Einzelhandel am schlechtesten aus. Nur jeder sechste Händler bewerten seine Lage als gut. Stephan Häger: „Die Stimmung ist schon fast depressiv. Die hohe Inflation führt zu einem erheblichen Kaufkraftverlust. Die Konsumenten halten daher vermehrt ihr Geld beisammen. Die Konsumstimmung fällt auf ein Allzeittief.“
Die Erwartungen sind besonders im Mode- und Kfz-Handel pessimistisch, doch auch die Möbelbranche erwartet schwere Zeiten. Das Gastgewerbe ist die einzige Branche, in der sich die Lage verbessert hat. Kein Wunder, war die Gastronomie im Lockdown doch völlig ausgebremst. Allerdings sind die Zukunftserwartungen der Gastronomen äußerst düster.
