Jochen Ritter: „Mein Leben ist jetzt anders strukturiert“

Das große Interview nach dem ersten Jahr im Landtag, Teil 1


  • Kreis Olpe, 02.06.2018
  • Von Sven Prillwitz
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    Sven Prillwitz

    Redaktion

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Für Jochen Ritter war das erste Jahr im Düsseldorfer Landtag nach eigenen Angaben auch ein großer Lernprozess. von Sven Prillwitz
Für Jochen Ritter war das erste Jahr im Düsseldorfer Landtag nach eigenen Angaben auch ein großer Lernprozess. © Sven Prillwitz

Kreis Olpe. Im Mai 2017 wurde er in den Landtag gewählt, im Juni nahm er an der ersten Plenarsitzung in Düsseldorf teil. Viel Zeit für die Umgewöhnung blieb Jochen Ritter, CDU-Landtagsabgeordneter für den Kreis Olpe und Nachfolger von Theo Kruse, nach seiner Wahl nicht. Im großen Interview mit LokalPlus-Redakteur Sven Prillwitz blickt Ritter auf sein erstes Jahr in Düsseldorf zurück. Im ersten Teil geht es um Umstellungen und die Eingewöhnung, die Konkurrenz zwischen ländlichen Regionen und Ballungsgebieten und das Thema Windkraft.


Herr Ritter, welches Büro gefällt Ihnen besser – das in Olpe oder das in Düsseldorf?

Im Moment das in Düsseldorf (lacht). Der Blick geht da zwar nicht auf den Rhein, aber auf den Medienhafen. In Olpe wächst gerade die Hecke den Blick auf die Olpe zu, und Nachbars Hühner laufen vor dem Fenster herum. Kurz gesagt: In Düsseldorf ist es aufregender, in Olpe ist es idyllischer.

Bevor Sie in den Landtag eingezogen sind, haben Sie die Immobilienabteilung der Stadt Gummersbach geleitet und als ehrenamtlicher Kommunalpolitiker gearbeitet. Wie hat sich Ihr Alltag verändert, seit Sie in Düsseldorf den Kreis Olpe vertreten?

In Gummersbach hatte ich Bürozeiten im meist üblichen Rahmen. Das hat sich komplett geändert. Mein Leben ist jetzt anders strukturiert und schon weit bis ins nächste Jahr hinein geplant, weil es feste Termine für Fraktionssitzungen, Umweltausschuss, Kommunalausschuss und Plenum gibt. Hinzu kommen jede Menge sonstige Termine. Ich habe einen sehr abwechslungsreichen Beruf. (lacht)

Und wahrscheinlich einen sehr arbeits- und zeitintensiven.

Ja, sehr. Die Sitzungen im Landtag sind von einem ganz anderen Kaliber als in der Kommunalpolitik. Ein Extremfall war eine Haushaltssitzung, die morgens um 10 begann und abends um 11 Uhr beendet war. Aber auch in meinem Wahlkreis habe ich viele Termine. Aber solange ich eingeladen und gerne gesehen werde, ist mir das lieber als andersrum.
„Zwischen Fraktionen wird konfrontativer gestritten"
Haben Sie einen Zweitwohnsitz in Düsseldorf oder pendeln Sie?

Ich pendle im Wesentlichen mit dem Auto. Wenn ich drei, vier Tage am Stück in Düsseldorf bin, übernachte ich aber natürlich dort. Da macht es keinen Sinn, sich täglich an Köln und Leverkusen vorbeizuquälen.

Sie sind mit dem Slogan „Gut gerüstet“ in den Wahlkampf gegangen. Ist der Spruch noch aktuell? Und haben Sie in Ihrem ersten Jahr schon etwas für den Kreis Olpe erreichen können?

Ich bin immer noch gut gerüstet, weil ich in diesem ersten Jahr viel gelernt habe. Es gibt viele Zusammenhänge und Abläufe, die man verstehen muss. Zwischen den Fraktionen wird wesentlich konfrontativer gestritten als auf kommunaler Ebene. Da ist es schwieriger, Anträge durchzubringen. Es war nicht ganz einfach, sich überhaupt in diesem Kosmos zurechtzufinden, es ist mir aber gelungen. Und ich versuche natürlich bereits, Dinge voranzutreiben.

Welche sind das konkret für den Kreis Olpe?

Als Mitglied des Umweltausschusses setze ich mich dafür ein, dass die Holzvermarktung, die sich wesentlich ändern wird, im Kreis Olpe nach wie vor funktioniert. Der Staat soll sich nach dem Willen des Kartellamts hieraus zurückziehen. Daran arbeiten wir gerade noch. In Sachen Infrastruktur und Straßenbau habe ich vor, mehr Fördermittel in den Kreis Olpe zu holen, und er soll auch von der aufgestockten Kulturförderung profitieren.

Auch das neue Jagdgesetz, das im Entwurf vorliegt, ist sicherlich ein kleiner Erfolg; nicht mein persönlicher, aber als Ausschuss haben wir auf eine zügige Änderung des Remmelschen (der vorherige NRW-Umweltminister Johannes Remmel, Grüne; Anm. d. Red.) ökologischen Jagdgesetzes gedrängt. Jetzt aber schon mit großen Ergebnissen aufzuwarten, ist etwas früh.
 von Nils Dinkel
© Nils Dinkel
 Auf kommunaler Ebene wird immer wieder die Benachteiligung des ländlichen Raums gegenüber den Ballungsgebieten kritisiert. Gibt es diesen „Konkurrenzkampf“ im Landtag tatsächlich?

Ich will es mal so sagen: Die Mittel, die das Land zur Verfügung hat, sind begrenzt, und selbstverständlich versuchen alle Abgeordneten, das Beste für ihren Wahlkreis herauszuholen. Ich will aber nicht von Konkurrenz sprechen, denn wir versuchen auch, gegenseitiges Verständnis füreinander zu entwickeln. Neulich ist der Kommunalausschuss, dem ich angehöre, mit den Oberbürgermeistern durchs Ruhrgebiet und durch Städte wie Duisburg, Oberhausen und Essen getourt. Da sieht man, dass die Großstädte vor ganz eigenen Herausforderungen stehen.

Ist es denn aus Ihrer Sicht so, dass der ländliche Raum vernachlässigt wird?

Klar ist, dass man als ländlicher Raum mehr Wirkung entfaltet, wenn man sich mit Abgeordneten aus ähnlichen Regionen zusammenschließt. Deshalb haben wir dazu eine eigene Gruppe innerhalb der CDU-Fraktion ins Leben gerufen. Da gilt es, ähnliche Herausforderungen zu bewältigen: Infrastruktur, Breitbandausbau, ÖPNV und natürlich Mobilität und ärztliche Versorgung. 
Windkraft: „Nicht so viel geliefert, dass wir alle Erwartungen erfüllt haben"
 Im Wahlkampf hat auch die CDU lautstark damit geworben, den Ausbau von Windkraftanlagen deutlich zu reduzieren und gesetzliche Regelungen wie etwa den Mindestabstand zu Wohnbebauungen für Investoren zu verschärfen. Passiert ist bislang aber anscheinend wenig, die Verunsicherung bei allen Beteiligten weiter groß…

Nein, wir ziehen schon fast alle Register, die wir ziehen können, um – wie es Armin Laschet (NRW-Ministerpräsident, Anm. d. Red.) formuliert hat – zu verhindern, dass auf jedem Kopf im Sauerland ein Windrad steht. Wir haben aber vielleicht nicht so viel geliefert, dass wir alle Erwartungen erfüllt haben. Im Erlass ging es dem – apropos lautstark im Wahlkampf – FDP-geführten Wirtschaftsministerium darum, Vorsorgeabstände festzulegen. Das muss jetzt im Landesentwicklungsplan so festgelegt werden.

Mit den anderen beabsichtigten Änderungen – mehr Raum für Industrie und Wohnen – wird das allerdings noch bis Anfang 2019 dauern. Der längste Hebel in dieser Sache liegt aber beim Bund. Wir werden für NRW über den Bundesrat eine Initiative dazu starten.

Der zweite Teil des Interviews folgt am Sonntag, 3. Juni, um 9 Uhr. Darin geht es unter anderem um Herausforderungen bei der Rückkehr zum G9-Abitur, Diesel-Fahrverbote und Innere Sicherheit.
Zur Person
• Alter: 52
• Wohnort: Olpe
• Familienstand: ledig
• Kinder: -
• Beruf: Dipl.-Verwaltungswirt (FH), Dipl.-Wirtschaftsingenieur (FH)
• Parteimitglied seit: 1999
• Bisherige und aktuelle politische Ämter: seit 2017 Landtagesabgeordneter für den Kreis Olpe, seit 2009 Mitglied des Rates der Stadt Olpe, 2012 – 2016 Vorsitzender CDU-Stadtverband Olpe, seit 2015 Vorsitzender CDU-Kreisverband Olpe
• Politisches Vorbild: Konrad Adenauer
• Hobbys: Sport (Fitness, Mountainbike), Uhren (Komplikationen), Kunst (deutscher Expressionismus), Lesen (Biografien)
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