Industrie läuft gut - Einzelhandel und Gastronomie leiden sehr
IHK-Konjunkturumfrage
- Kreis Olpe, 02.02.2022
- Wirtschaft
- Von Nils Dinkel
Kreis Olpe. Die IHK Siegen sieht die Konjunktur auf der Stelle treten. Beim Pressegespräch in der Olper IHK-Geschäftsstelle am Mittwoch, 2. Februar, haben IHK-Präsident Felix G. Hensel, Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener und Statistikfachmann Stephan Häger die neue Konjunkturumfrage und aktuelle Problemfaktoren vorgestellt.
IHK-Präsident Felix G. Hensel lobte, dass von 1.900 kontaktierten Unternehmen 558 und somit 29 Prozent teilgenommen hätten. „Ein Rekordwert!“, so Hensel. Die Umfrage sei somit repräsentativ. Der Konjunkturklimaindex, der sich aus Lagebeurteilung und Erwartung ergibt, hat einen Wert von 120 Punkten erreicht. Er liegt über dem Mittelwert der vergangenen 20 Jahre (105). 44 Prozent der Unternehmen aus Siegen-Wittgenstein und Olpe berichten von einer guten und 13 Prozent von einer schlechten Lage.
Nicht nur Corona belastet die Unternehmen. Auch die A 45-Brückensperrung sowie die hohen Rohstoff- und Energiepreise drücken auf die Konjunkturbremse. „Zwei Drittel aller Unternehmen spüren bereits negative Auswirkungen“, verdeutlichte Hensel die Auswirkungen der Autobahnsperrung. Auch ein zunehmendes Problem sei der Fachkräftemangel.
In der aktuellen Phase der Pandemie hätten drei Viertel aller Betriebe Ertragseinbußen verzeichnet. Dies senke neben den Rohstoff- und Lieferengpässen den Handlungsspielraum bei möglichen Investitionen.
Während die Wirtschaftslage für Industrie und Großhandel auf einem guten Weg sei, sehe das stellenweise im Handel und in der Gastronomie anders aus. „In Sachen Preisentwicklung für Rohstoffe rechnen viele erst mit einer Stabilisierung im Jahr 2023“, so Hensel.
Die Lage der Industrie sei passabel, so IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener. Die Auslastung sei überdurchschnittlich gut und habe das Vorkrisenniveau überschritten. Im Inland laufe es gut, bei den Exporten rechne man wieder mit Zuwächsen.
Klaus Gräbener: „Prall gefüllte Auftragsbücher helfen nicht, wenn sich die dahinter liegenden Kalkulationen durch fehlendes Material, durch die Decke schießende Preise und gestörte Lieferketten zum Lotteriespiel entwickeln. Je länger die Durchlaufzeiten der Produkte, desto größer sind die Risiken, böse Überraschungen zu erleben.“ Daher führen viele Unternehmen derzeit auf Sicht.
Die Auftragseingänge hätten im Kammerbezirk 13 Prozent über dem Vorjahresniveau und 10 Prozent über dem Landesdurchschnitt gelegen. Im Kreis Olpe sei man mit sogar 19 Prozent über dem Vorjahreswert „ordentlich“ dabei.
Die konjunkturelle Entwicklung der Bauwirtschaft bleibt laut IHK äußerst stabil. Zwar trübe sich die Beurteilung der Geschäftslage im Vergleich zum Herbst etwas ein, dennoch geben 96 Prozent der befragten Baubetriebe eine gute oder befriedigende Einschätzung ab.
Die Stimmungslage in der regionalen Dienstleistungsbranche ist gedämpft. Zwar steigt die Lageeinschätzung um sieben Punkte im Vergleich zum Herbst, allerdings ist der Blick auf die kommenden Monate deutlich pessimistischer.
Die Omikron-Variante und die strengen Corona-Maßnahmen trafen seit Dezember den Einzelhandel und das Gastgewerbe in der umsatzstärksten Phase des Jahres massiv. Die Lageeinschätzung stürzt im Einzelhandel um 32 Punkte und im Gastgewerbe um 78 Punkte ab.
IHK-Referatsleiter Stephan Häger: „Die 2G-Regelung für einen Großteil der Einzelhändler und die 2G-Plus-Regelung für die Gastronomie wirkt, gepaart mit der Verunsicherung der Verbraucher, faktisch wie ein Lockdown. Mit ,besorgniserregend‘ ist die derzeitige Situation noch zurückhaltend umschrieben. Für zahlreiche Betriebe geht es ums nackte Überleben.“
Während die Stimmung im Gastgewerbe einheitlich düster ist, ist sie im Einzelhandel weiterhin gespalten. Immerhin 25 Prozent der Einzelhändler bewerten ihre derzeitige Lage als gut. Insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel und der Einzelhandel mit Möbeln und Küchen sowie mit Bau- und Heimwerkerbedarf melden gute Geschäfte.
Die Anwesenden lobten ausdrücklich die Forderung von Lidl und Aldi, die 2G-Regelung zu kippen: “So lange es so bleibt, bleibt die Kaufzurückhaltung", so Hensel. Gewinner seien die Online-Kontrahenten.