Im Omnibus unterwegs für direkte Demokratie

Werner Küppers setzt sich für die bundesweite Volksabstimmung ein


  • Kreis Olpe, 08.05.2017
  • Von Sven Prillwitz
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Setzen sich für eine bundesweite Volksabstimmung ein: (von links) Benjamin Radlow, Valerie Schult und Werner Küppers. Auf dem Marktplatz in Altenhundem ist außerdem Gabriele Wagener dabei (im Hintergrund). von Sven Prillwitz
Setzen sich für eine bundesweite Volksabstimmung ein: (von links) Benjamin Radlow, Valerie Schult und Werner Küppers. Auf dem Marktplatz in Altenhundem ist außerdem Gabriele Wagener dabei (im Hintergrund). © Sven Prillwitz

Kreis Olpe/Lennestadt-Altenhundem. Seit ein paar Wochen ist Werner Küppers wieder unterwegs: Im mittlerweile 18. Jahr in Folge steuert der 67-jährige Rheinländer den „Omnibus für direkte Demokratie in Deutschland durch Volksabstimmung“ durch die Republik. Bis Mitte November wollen Küppers und sein Team mit Menschen sprechen und ihnen zuhören, für mehr Mitbestimmung werben und – im Idealfall – dafür auch Unterschriften sammeln. Am Montag und Dienstag, 8./9. Mai, steht der Bus auf dem Marktplatz in Altenhundem.


„Wahlrecht und Stimmrecht sind die beiden Beine, auf denen eine Demokratie laufen kann“, sagt Küppers. Das Wahlrecht gibt es in Deutschland – auf kommunaler, auf Landes- und auf Bundesebene. Das Recht auf eine bundesweite Volksabstimmung hingegen gibt es quasi nicht (siehe Infokasten). Bei Themen wie etwa der Einführung der Pkw-Maut, gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln oder den Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA (TTIP) bzw. Kanada (CETA) dürften die Wähler nicht mitbestimmen, obwohl sie direkt betroffen seien.

„Bei der Bundestagswahl geben wir den Politikern also mit unserer Stimme quasi eine Blankovollmacht, vier Jahre lang für uns über alles zu entscheiden. Einige Dinge werden uns einfach übergestülpt“, sagt Küppers. Zwar sei diese Aussage „zugegebenermaßen zugespitzt“. Aber: Kein Mensch könne zu einhundert Prozent hinter allen Entscheidungen einer Partei oder deren Wahlprogramm stehen. Daher sollte jeder Bürger bei wichtigen Themen mitentscheiden dürfen.
„So entstehen Mündigkeit und Fähigkeit zu Demokratie“
Das Argument, dass Sachverhalte womöglich zu komplex sein könnten für die Wählerschaft, lässt der 67-Jährige nicht gelten. Vor einem Volksentscheid erhalte jeder Wahlberechtigte schließlich ein sogenanntes Abstimmungsheft mit allen Pro und Contras. „Jeder kann sich also selbst ein Urteil bilden. So entstehen Mündigkeit und die Fähigkeit zu Demokratie“, sagt Küppers. Durch bundesweite Volksabstimmungen könnten sich alle Menschen konstruktiv in die Gesellschaft einbringen.

Genau das – das hätten ihm die zahllosen Gespräche in mittlerweile mehr als 17 Jahren gezeigt – wünschten sich viele. Viele hätten aber resigniert, fühlten sich von der Politik nicht ernst genommen oder im Stich gelassen. Sie seien nicht desinteressiert oder politikverdrossen, sondern „politikerverdrossen“, so Küppers. Außerdem hätten die Wirtschaft und allem voran die Konzerne zu viel zu sagen.
Entscheidungen an und von der Basis
Wichtig für ihn: Volksentscheide sollten von der Basis ausgehen, also von den Bürgern, den Betroffenen. Das Referendum zum EU-Austritt Großbritanniens oder zur Verfassungsreform in der Türkei sind für Küppers keine echten Volksentscheide. In beiden Fällen handle es sich um die vorgegebene „Von-oben-Variante“ zu bestimmten Themen, eine Art Scheinabstimmung.

Das möchte der Rheinländer ändern – und hat sein Leben dem Einsatz für direkte Demokratie voll und ganz verschrieben. Von April bis Mitte November ist Küppers seit dem Jahr 2000 jährlich mit dem Omnibus auf Tour. In rund 100 Städten macht er Station, wird je nach Region von immer neuen Mitstreitern unterstützt. Die meisten seien zwischen 17 und 25 Jahre alt. In Altenhundem sind es mit Küppers vier Personen, die an beiden Tagen von 9.30 bis 18 Uhr vor dem zweistöckigen weißen Omnibus stehen und mit Passanten sprechen, Flyer verteilen und Unterschriften sammeln. Am Mittwoch geht es weiter nach Siegen.
Tourleben im Bus
Finanzielle Sicherheit gebe es nicht – weder für ihn noch für das Omnibus-Projekt, sagt Küppers. „Wir sind eine gemeinnützige GmbH und stehen eigentlich die ganze Zeit vor dem Aus“. Eigentlich, denn der Omnibus ist seit 1987 unterwegs (siehe Infokasten). Ein rund 3000 Personen umfassender Förderkreis unterstütze Küppers & Co. finanziell, jeder davon nach seinen Möglichkeiten, erklärt der 67-Jährige. Dazu kämen Gelder aus Stiftungen, unter anderem vom Unternehmer Götz Werner, Gründer des DM-Drogeriemarktes und Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Unterwegs zu sein, bedeutet für Küppers und seine Mitstreiter übrigens, in dem zweistöckigen Bus zu schlafen, zu kochen und zu leben. „Ich setze meine ganze Existenz auf Gedeih und Verderb für die direkte Demokratie ein“, sagt Küppers, der als freischaffender Künstler gemeldet ist. Er versteht sich als Idealist, als Weltverbesserer, der sich von mehr Mitbestimmung auch mehr Gerechtigkeit verspricht – und zwar global.

Dass es in nunmehr 30 Jahren noch nicht geklappt hat mit der Durchsetzung der bundesweiten Volksabstimmung, lässt ihn nicht resignieren. Die Gespräche mit den Menschen machten ihm Mut, sagt er. Und außerdem habe das Omnibus-Projekt bereits viel erreicht, sich unter anderem erfolgreich für die Einführung von landesweiten Volksbegehren und -entscheiden, etwa in Bayern, eingesetzt. Und: Mit Ausnahme der CDU hätten bereits alle im Bundestag vertretenen Parteien Vorschläge gemacht, wie das Grundgesetz geändert werden könnte, um die Möglichkeiten für eine bundesweite Volksabstimmung zu erweitern – jeweils vergeblich. Also sind Küppers & Co. weiter unterwegs für direkte Demokratie.
Kurz & knapp
  • Der „Omnibus für direkte Demokratie in Deutschland“ ist eine Aktion aus der Kunst, parteienfrei und als gemeinnützige GmbH eingetragen. Gegründet wurde sie 1987 bei der „documenta 8“-Kunstausstellung in Kassel. Seitdem ist der Omnibus bundesweit unterwegs.
  • Als wichtiger Impulsgeber gilt der Künstler Joseph Beuys, der 1971 die „Organisation für Direkte Demokratie durch Volksabstimmung“ gründete.
  • „Der Omnibus unterstützt landesweite Volksbegehren und Volksentscheide, initiiert selbst landesweite Volksabstimmungen und arbeitet an der Einführung der bundesweiten Volksabstimmung nach dem Vorbild der Schweiter Demokratie. Gemeinsam mit vielen Menschen, Schweizern und Verfassungsrechtlern hat der Omnibus einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der die Volksabstimmung auf Bundesebene regeln könnte.“ (Quelle: Omnibus-Infoschreiben)
  • Die Initiative arbeitet eng mit dem Verein „Mehr Demokratie“ zusammen.
  • Bundesweite Volksentscheide sind derzeit nur möglich, wenn es um die Neugliederung der Republik geht. Dafür müsste ein Volksbegehren auf den Weg gebracht werden.
  • Das Omnibus-Team sammelt aktuell außerdem Unterschriften für die „Volksinitiative NRW gegen CETA“. Damit wollen die Aktivisten erreichen, dass der nordrhein-westfälische Landtag im Bundesrat gegen das Freihandelsabkommen mit Kanada stimmt.
  • Termine: 8. und 9. Mai in Altenhundem (Marktplatz); 10. bis 12. Mai Siegen (Brücke an der Bahnhofstraße); jeweils 9.30 bis 18 Uhr
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