Als „in der Sache enttäuschend“ bezeichnete IHK-Präsident Felix G. Hensel anlässlich der Sommer-Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen den von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor wenigen Tagen vorgelegten Referentenentwurf zur Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen bei der Übertragung von Unternehmensanteilen.
„Wird das Gesetz so verabschiedet, hat das negative Auswirkungen auf die Investitionen und in letzter Konsequenz auch für die Arbeitsplätze“, sagte der IHK-Präsident. Auf besonders heftige Kritik stieß die jetzt vorgesehene Schwelle, bis zu der Unternehmensanteile ohne besondere Prüfung des Bedarfs steuerlich verschont werden. Sie beträgt 20 Millionen Euro pro ererbtem oder verschenktem Unternehmensanteil.
„Die Grenze muss deutlich heraufgesetzt werden und sollte bei mindestens 100 Millionen Euro liegen“, erklärte Dr. Rainer Kambeck, Steuerexperte des Deutschen Industrie- und Handelstages, der die Einzelheiten des Gesetzentwurfs erläuterte. Die im Referentenentwurf genannte Grenze wird nach den aktuellen Bewertungsmethoden rasch erreicht, so die Auffassung des Fachmanns. „Die Bewertungsmethoden selbst sind praxisfremd und weit weg von der Wirklichkeit“, so Mark Georg, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Heinrich Georg Maschinenfabrik, Kreuztal. Der so ermittelte Wert übersteigt teilweise ein Vielfaches des tatsächlich erzielbaren Erlöses, so die Einschätzung der Unternehmen. „Nehmen Sie diese Kritik bitte mit nach Berlin“, gab Präsident Hensel dem Referenten mit auf den Weg.
Der DIHK nimmt in diesen Tagen gemeinsam mit den anderen führenden Wirtschaftsverbänden Stellung zu dem Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums. Auf einhellige Ablehnung stieß auch die Überlegung, die Verschonung von Unternehmensübertragungen von der jeweiligen privaten Vermögenssituation des Erben abhängig zu machen. Diese Regelung führt nach Beurteilung der Diskussionsteilnehmer zu Fehlanreizen und bestraft die Unternehmer, die Vorsorge treffen und Privatvermögen aufbauen, das in vielen Fällen eine Sicherungsfunktion für den Betrieb erfüllt und – wie die Wirtschaftskrise gezeigt hat – von den Familienunternehmern auch häufig in diesem Sinne eingesetzt wird. Kambeck bezeichnete die vorgesehene Einbeziehung des bereits vorhandenen privaten Vermögens als „faktische Wiedereinführung der Vermögensteuer“ für die Erben von Betriebsvermögen.
Große Unsicherheiten bereitet die geplante Neuregelung auch, wenn es darum geht, festzustellen, welches betriebliche Vermögen von der Erbschaftsteuer verschont werden soll. Die bisher übliche Abgrenzung zu bloßem Verwaltungsvermögen hatte das Bundesverfassungsgericht teilweise verworfen.