IHK: Halbjahresbilanz bei Lehrstellen mit deutlicher „Luft nach oben“
Unterschiedliche Situation bei Azubi-Verträgen in beiden Kreisen
- Kreis Olpe, 02.07.2021
- Wirtschaft
Kreis Olpe/Siegen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres schlossen die IHK-zugehörigen Unternehmen in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein 1.282 Lehrverträge mit jungen Menschen ab, gut 70 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Während das Ausbildungsvolumen im Kreis Olpe (439 Verträge) derzeit ziemlich exakt auf dem Vorjahresniveau liegt, wurden im Kreis Siegen-Wittgenstein 843 Ausbildungsverträge abgeschlossen. Dies entspricht einem Zuwachs von 11,2 Prozent.
„Zwar ist es für eine fundierte Prognose noch etwas zu früh, es besteht jedoch die berechtigte Hoffnung, dass das von zahlreichen Experten erwartete weitere Absinken des Lehrstellenvolumens in diesem Jahr ausbleibt. Das ist die gute Nachricht. Doch selbst wenn wir Ende 2021 das Vorjahresergebnis halbwegs erreichen, fehlen uns im zweiten Jahr nacheinander rund 450 Ausbildungsverträge. Das ist schon sehr bitter“ kommentierte IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener die Halbzeitbilanz auf dem Lehrstellenmarkt.
Es müsse jetzt darum gehen, die zahlreichen unschlüssigen Schulabgänger von den unbestreitbaren Vorteilen einer betrieblichen Erstausbildung zu überzeugen. Gräbener analysierte die Lage: „Da gibt es noch 1.400 offene Lehrstellen, aber nur außerordentlich wenige junge Menschen interessieren sich dafür. Die bereits heute spürbare Fachkräfteknappheit dürfte sich dadurch in den nächsten Jahren deutlich verstärken.“
Sowohl in sektoraler als auch in regionaler Hinsicht gibt es derzeit erhebliche Unterschiede. Im Kreis Olpe wurden in den kaufmännischen Berufen 13,2 Prozent mehr Lehrverträge abgeschlossen als im ersten Halbjahr 2020. Zugleich bedeuten die insgesamt dort abgeschlossenen 225 Ausbildungsverträge in den gewerblich-technischen Berufsbildern ein Minus von 8,9 Prozent.
IHK-Geschäftsführerin Sabine Bechheim stellte fest: „In Siegen-Wittgenstein verhält es sich teilweise andersherum. Hier steigerten die Unternehmen die gewerblich-technischen Lehrverträge um 16,7 Prozent und diejenigen in den kaufmännischen Berufen immerhin um 4,6 Prozent. Hoffentlich stabilisiert sich diese Entwicklung.“
Hingegen ist die Hotel- und Gaststättenbranche ein Sorgenkind. Sabine Bechheim dazu: „Dass die Unternehmen die deprimierend niedrigen Eintragungszahlen in den Berufen des Hotel- und Gaststättengewerbes in diesem Jahr nicht steigern würden, war uns demgegenüber sehr bewusst. Hier liegen wir derzeit mit 17 abgeschlossenen Lehrverträgen in beiden Kreisen alles andere als gut im Rennen.“
Unternehmen, denen der Staat über Monate hinweg den Geschäftsbetrieb untersagt hätte, könnten eben nicht damit rechnen, dass sie von Bewerbungen überflutet würden.
Für Sabine Bechheim und Klaus Gräbener sind die zwar leicht steigenden, jedoch insgesamt nicht befriedigenden Lehrstellenzahlen auch ein Beleg dafür, dass der Versuch, Berufsorientierung und betriebliche Praktika durch digitale Formate abzubilden, vielfach gescheitert sei: „Hier gab es in den letzten Monaten in vielen Schulen einfach zu wenige konkrete Angebote, die die Berufswelt plastisch machten.“
Die beste virtuelle Ausbildungsmesse könne den persönlichen Kontakt zwischen Betrieb und potenziellem Auszubildenden nicht ersetzen. Und den suchen derzeit die jungen Menschen leider zu wenig. Hier werde die IHK in den kommenden Wochen gemeinsam mit der Agentur für Arbeit und den Schulen alles daransetzen, durch einen konzertierten Lehrstellen-Endspurt noch zu deutlichen Verbesserungen zu gelangen.