„Ich habe auch eine Stimme“: Unter diesem Motto haben Menschen mit Unterstützungsbedarf jetzt mit ihren beeindruckenden Berichten einen Einblick in ihre Schwierigkeiten rund um das Thema „Wohnen“ gegeben.
Das Treffen fand im Vorfeld der jüngsten Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses des Kreises Olpe und vor dem Hintergrund des „Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen 2015“ statt.
„Es fehlen bezahlbare barrierefreie Wohnungen“, so die deutliche Aussage der Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Wenn aufgrund einer Behinderung kein ausreichendes Einkommen erwirtschaftet werden könne, sei es schwierig, sich auf dem freien Wohnungsmarkt eine der ohnehin knappen barrierefreien Wohnungen leisten zu können. Hier spiele zudem die Anbindung an den öffentlichen Personenverkehr und das Umfeld eine entscheidende Rolle.
Dass sich in den vergangen Jahren die Bedürfnisse hin zu eigenständigerem Wohnen, allein oder in einer Wohngemeinschaft, verändert haben, brachten einige Gesprächsteilnehmer zum Ausdruck. So viel Unterstützung wie nötig, aber auch so viel Eigenverantwortung und Selbstbestimmtheit wie möglich.
„Um sich optimal darauf vorbereiten zu können, wäre eine Probewohnung, in der die Eigenständigkeit getestet und eingeübt werden könne, wünschenswert“, erklärte die Schülersprecherin der St.-Laurentius-Schule Attendorn.
Doch werden auch weiterhin stationäre Wohnformen benötigt, wie ein junger Mann von 33 Jahren feststellte. Er möchte wie jeder junge Mensch seit Jahren das Elternhaus verlassen und wünscht sich ein Leben in einem Wohnhaus für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Hier kann, so war aus der Runde zu hören, möglicherweise demnächst geholfen werden, wenn der geplante Neubau einer zusätzlichen Wohneinrichtung im Kreis Olpe umgesetzt ist.
Eine Mutter brachte ihre Sorge um ihr Kind zur Sprache: Aufgrund der fehlenden stationären Plätze sind die vorgesehenen Kurzzeitpflegeplätze in den stationären Einrichtungen mit „Notfällen“ dauerhaft belegt. „Wenn ich krank würde, müsste mein Kind weite Wege zu einer Kurzeitpflege in Kauf nehmen. Der verlässliche Alltag geriete aus den Fugen, weil auch der gewohnte Werkstattbesuch wegen der Entfernung nicht mehr möglich wäre.“
Kritisiert wurde auch die geringe Anzahl der durch den Landschaftsverband Westfalen Lippe genehmigten Fachleistungsstunden. Die Fachleistungsstunden zur Betreuung werden in der Regel für Behördengänge und andere organisatorische Notwendigkeiten verbraucht. Da bleibe kaum noch Raum für die Freizeitgestaltung, wenn auch dabei Unterstützung notwendig sei.
Der Ausschussvorsitzende Hans-Georg Cremer und Kreisdirektor Theo Melcher dankten den Gesprächsteilnehmern für die offene Aussprache. „Dieses Gespräch mit den Betroffenen macht einmal mehr deutlich, dass hinter vielen Problemen, für die die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung Lösungen suchen, Menschen stehen.“
Das Gespräch wurde mit Unterstützung einer Arbeitsgruppe aus Vertretern der Anbieter der Behindertenhilfe, des VdK-Kreisverbandes Siegen/Wittgenstein-Olpe, der „Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfegruppen im Kreis Olpe e.V.“ und der Behindertenbeauftragten des Kreises Olpe durchgeführt.