Fußball-EM: Christina Graf kommentiert 6 Spiele live aus England

Deutschland im Finale


  • Kreis Olpe, 31.07.2022
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Christina Graf kommentiere sechs Spiele bei der Fußball-EM in England. von NDR / Lina Klünker
Christina Graf kommentiere sechs Spiele bei der Fußball-EM in England. © NDR / Lina Klünker

Altenhundem/London. Fußball war schon immer ihr Leben. Und jetzt war sie live bei der Fußball-Europameisterschaft in England dabei: Christina Graf hat drei Wochen lang für die ARD Spiele im TV kommentiert. Im Gespräch hat sie LokalPlus erzählt, wie sich der Frauen-Fußball verändert hat und warum sie sich als kritische Kommentatorin einschätzt.


Wer sich die Fußball-EM angeschaut hat, hat sie vielleicht gehört – bewusst oder unbewusst. Die gebürtige Heinsbergerin Christina Graf kommentierte in den vergangenen drei Wochen sechs Spiele bei der Europameisterschaft. Darunter übrigens auch das Eröffnungsspiel England gegen Österreich.

„Mit dem Fußball bin ich groß geworden, das ist mein Sport“, erzählt Graf, die bis zum 23. Lebensjahr selbst in der Bundesliga spielte. Heute arbeitet sie als Sportkommentatorin und Reporterin, angestellt beim SWR. Die Chance, bei der EM zu kommentieren, ließ sich die 36-Jährige natürlich nicht entgehen. Federführend für die EM war der NDR, der Graf beauftragt hat.

Respektvolle Angespanntheit

Seit 2008 etwa kommentiert und moderiert sie live, hat also Expertise und Routine entwickelt. „Live dann aber vor so vielen Zuschauern zuhause am Fernsehen zu kommentieren, ist dann doch noch etwas größer“, lacht die Altenhundemerin. „Sagen wir mal ich bin respektvoll angespannt, ähnlich wie vorm Fliegen.“

Sie sei vielleicht ein wenig blockierter und müsse genauer überlegen, was sie sagt. „Aber du musst trotzdem schnell reagieren, lange überlegen geht da nicht“, erzählt sie. Durch ihre Erfahrung auf dem Platz hat Graf natürlich viel Wissen über Spielweise und Taktik. „Natürlich ist das hilfreich, auch wenn ich selbst noch keine EM gespielt habe. Aber ich kann mich in die Situation hinein versetzen. Ich sehe, wenn ein Pass zum Beispiel ganz woanders ankommen sollte.“

Christina Graf von NDR / Lina Klünker
Christina Graf © NDR / Lina Klünker

Und kommt das alles ganz spontan, was kommentiert wird? „Teils teils. Vor dem jeweiligen Spiel bereiten mein Assistent und ich uns tagelang vor.“ Graf verbringt viel Zeit damit, zu recherchieren. Ob mit Trainern sprechen, ehemaligen Spielerinnen oder ausländischen Reportern – alles, was man an Geschichten und Fakten zu diesem Spiel abgreifen kann, wird aufgeschrieben.

„Alles handschriftlich“, gesteht die gebürtige Heinsbergerin und muss lachen. Sonst kommt aber alles spontan, so wie Situation gerade ist - aufgeschriebene Floskeln gibt es nicht.

Selbst bezeichnet sich die 36-Jährige eher als Taktikerin. „Ich bin vielleicht weniger entertained, sondern gehe mehr auf das Spielerische ein“, beschreibt sie es. Wenn dann Tore fallen, werde sie aber auch euphorisch, lächelt Graf.

Leises Eröffnungsspiel

„Unsere Aufgabe ist es, journalistisch zu arbeiten. Und dann muss ich eben auch ehrlich sagen, wie es ist. Vielleicht mag es einer als zu kritisch sehen, aber euphorisch zu werden, wenn es beim Eröffnungsspiel so leise ist, dass man fast die Trainerinnen von der Bank hört – da kann ich eben nicht von toller Stimmung sprechen“, ist die Sportkommentatorin ehrlich.

Ihre Art zu kommentieren kommt wohl mehr als gut an. Denn die 36-Jährige wird als erste Frau für die ARD im Winter die Fußball-WM der Herren in Katar kommentieren.

Rekordzahlen seien tolles Ergebnis

Länderspiele seien allerdings oft anders als die Bundesliga – auch bei den Männern. Christina Graf erzählt, dass die Stadien bei der EM nicht voll besetzt waren. Und dennoch: „Es waren so viel mehr Zuschauer als sonst, es gab Rekordzahlen und das ist einfach so toll für den Frauen-Fußball.“ Auch in Deutschland und England sei dieses Turnier viel präsenter gewesen als zuvor.

Die Leute seien begeistert, die Spielerinnen wurden auf den Straßen angesprochen und bekamen tolles Feedback. „Das ist das richtige Zeichen und der richtige Weg“, so Graf.

Christina Graf von NDR / Lina Klünker
Christina Graf © NDR / Lina Klünker

Denn auch spielerisch habe sich einiges verändert, findet die Fußball-Expertin. In den vergangenen Jahren wurde alles viel athletischer und taktisch besser. Man könne sich die Spiele besser ansehen, einfach weil die Nationalspielerinnen mehr trainieren und sich absolut auf den Fußball konzentrieren können. Dennoch sieht sie deutliche Luft nach oben, auch der Frauen-Bundesliga sollte mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Ein positiver Effekt jedes Großereignisses sei, dass sich mehr Kinder und Jugendliche für die Sportart interessieren. „Und das ist so wichtig, dass sich Mädchen trauen, wenn sie gerne Fußball spielen möchten.“

Graf hofft auf Deutschland

Überrascht ist Christina Graf übrigens ein wenig, wie gut es für die deutsche Elf läuft. Das Finale im Wembley-Stadion, das um 18 Uhr angepfiffen wird, hätte sie gerne gesehen. Jedoch muss Graf an diesem Sonntag, 31. Juli, ein DFB-Pokalspiel kommentieren. „Deutschland gegen England ist spielerisch wirklich das verdienteste Finale. Ich hoffe natürlich auf einen Sieg für unsere Mannschaft.“

Info

Christina Graf war als Fußballerin im VfL Heinsberg, den Sportfreunden Siegen und später in der Fußball-Bundesliga für den SC 07 Bad Neuenahr und den FFC Heike Rheine aktiv. Wegen einer Verletzung am Sprunggelenk musste sie ihre Karriere im Alter von 23 Jahren beenden.

Als Sportreporterin und Moderatorin arbeitete sie als freie Mitarbeiterin bei Radio Siegen. Anschließend arbeitete sie für RTL/n-tv in der Sportredaktion. Außerdem studierte sie Medienwissenschaft an der Universität Siegen.

Christina Graf setzte sich beim Bezahlsender Sky im Wettbewerb „Wir suchen deine Stimme“ 2012 gegen 1.200 Bewerberinnen durch. Am 3. Februar 2013 kommentierte sie als erste Frau ein Spiel der zweiten Fußball-Bundesliga live im Fernsehen und zwar die Begegnung zwischen Jahn Regensburg und Hertha BSC.

In den folgenden Jahren kommentierte sie regelmäßig Spiele der zweiten Fußball-Bundesliga und war zudem als Fieldreporterin in der ersten Bundesliga sowie der Europa League im Einsatz.

Seit 2018 ist sie für die Sportredaktion beim SWR tätig. Bei den olympischen Spielen in Tokio kommentierte sie unter anderem das Badminton-Mixed-Finale Seit 2022 kommentiert sie Frauen-Fußball-Länderspiele in der Sportschau. Als nächstes Sportevent steht für Graf die Schwimm-EM in Rom an.

(Quelle: Wikipedia)

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