Frauenberatungsstelle rechnet nach dem Lockdown mit einer Welle

2020 deutlich mehr Anrufe


  • Kreis Olpe, 03.05.2021
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Kreis Olpe. Durch den langanhaltenden Lockdown hatte die Frauenberatungsstelle Olpe im vergangenen Jahr deutlich mehr Anrufe als sonst. Die häusliche Gewalt sei gestiegen, sagt Eva Rieke-Trinn von der Frauenberatungsstelle. Und sie befürchtet, dass das wahre Ausmaß erst nach der Krise zum Vorschein kommt.


„Sonst haben wir etwa 1.400 Beratungen im Jahr“, berichtet Eva Rieke-Trinn. „2020 waren es etwa 1.750; das ist schon ein deutliches Wachstum.“ 90 Prozent der Hilfesuchenden waren von Gewalt betroffen. 81 Prozent mussten psychische und physische Gewalt erfahren, 20 Prozent litten unter sexualisierter Gewalt.

Der Lockdown und nun auch die Ausgangssperre führten dazu, dass viele Frauen keinen Ausweg wüssten bzw. es schwieriger werde, Kontakt für eine Beratung aufzunehmen. Viele Frauen würden von ihrem Partner sehr stark kontrolliert und könnten deshalb nicht einfach telefonieren, so Rieke-Trinn. Erst wenn das Leben sich wieder normalisiere und die bestehenden Beschränkungen gelockert werden, könne es sein, dass die Frauen sich wieder trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Kontakt aufnehmen ist schwierig

Möglichkeiten, um Kontakt aufzunehmen, fielen aktuell weg, berichtet Rieke-Trinn. Ob in der Schule, beim Sport oder anderen Veranstaltungen. Opfer von Gewalt suchen nach Ausreden, um flüchten zu können, die ihnen aktuell eben nicht zur Verfügung stehen.

„Es gibt für die Frauen quasi keinen Vorwand mehr, den sie erfinden können“, sagt Rieke-Trinn. Das mache es sehr schwierig und raube den Opfern vielleicht noch das letzte Fünkchen Hoffnung.

Mehr Unterstützung in der Krise

Deshalb befürchtet die Mitarbeiterin der Frauenberatungsstelle eine Welle, die erst nach dem Lockdown kommt. Aktuell sei es noch schwierig einzuschätzen, welche Auswirkungen die aktuellen Beschränkungen wirklich hätten.

„Wir merken allgemein, dass viele Frauen in der Krise mehr Unterstützung brauchen. Es geht nicht nur um Gewalt, auch Depressionen und Angststörungen sind große Probleme“, berichtet die Expertin. Denn auch diese Ebene dürfe bei all den Coronazahlen nicht vergessen werden. „Viele wissen nicht, wie sie die Krise aushalten sollen und haben schwer damit zu kämpfen.“

Probleme bei instabilen Familien

Der Anteil an Frauen mit Depressionen, die den Weg zur Beratung finden, sei nicht klein. Viele der Klienten bräuchten Unterstützung, denn die stabilisierenden Strukturen fielen nun völlig weg. Hinzu kämen erschwerte Bedingungen im eigenen Zuhause.

Durch Homeoffice und Distanzunterricht sei die Familie vermehrt zuhause und der Raum werde enger geschnürt. „Wir haben die Befürchtung, dass in Familien, die sowieso schon instabil sind, das Fass nun überlaufen wird“, so Rieke-Trinn. Die Krise bringe einiges zum Vorschein, so dass es schneller in Familien zu Brüchen komme, erklärt die Expertin. Tief verborgene Konflikte könnten durch die aktuelle Situation schneller zum Vorschein kommen.

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