FLVW-Präsident: Öffnung des Sportbetriebs ist voreilig, unausgegoren und riskant

Walaschewski kritisiert Landesregierung


FLVW-Präsident Gundolf Walaschewski kritisiert die starken Lockerungen im Sport. von FLVW
FLVW-Präsident Gundolf Walaschewski kritisiert die starken Lockerungen im Sport. © FLVW

Kreis Olpe. Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) möchte der Empfehlung des Verbands-Fußball-Ausschusses (VFA) zum Abbruch der Saison 2019/20 weiterhin folgen. Die geplanten Lockerungsmaßnahmen der NRW-Landesregierung im Bereich Sport haben daran nichts geändert. Im Interview warnt Präsident Gundolf Walaschewski vor einer „voreiligen und hochriskanten" Rückkehr auf die Fußballplätze.


?: Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat angekündigt, dass ab dem 30. Mai auch Sportarten wieder aufgenommen werden können, bei denen der Körperkontakt unvermeidlich ist. Darunter fällt selbstverständlich auch der Fußball. Was heißt das jetzt für Ihre Empfehlung zum Abbruch der Saison?

Walaschewski: Ich war von dieser weitgehenden Öffnung des Sportbetriebs völlig überrascht. Wohl niemand hat ernsthaft damit gerechnet. Für mich fühlt es sich an, wie ein öffentlich stattfindender Öffnungs-Überbietungswettbewerb. Was sich spontan als frohe Botschaft ausgibt, entpuppt sich bei gründlichem Überdenken aus meiner Sicht als voreilig, unausgegoren und hoch riskant. Deshalb halten wir auch an der Empfehlung des VFA fest.
Nichts wird so sein wie vorher
?: Die Fußballverbände- und vereine müssten aber doch froh sein, endlich wieder Wettbewerbsspiele austragen zu dürfen.

Walaschewski: Nichts wird nach Corona so sein wie vorher. Das Virus bleibt, und ihm ist unser Spaß am Fußball völlig egal. Zudem bleiben zahlreiche essenzielle Fragen in der Regierungsmitteilung unbeantwortet: Was passiert, wenn sich durch den Fußball das Virus wieder ausbreitet? Was passiert, wenn sich einzelne Spieler oder Funktionsträger infizieren und die gesamte Mannschaft in Quarantäne muss? Was passiert, wenn einzelnen Spielern das Risiko, zu spielen, zu groß ist? Kann der Verein sie dazu zwingen? Was passiert, wenn ganze Mannschaften sich weigern, auf den Platz zu gehen, weil sie das Infektionsrisiko fürchten? Diese und viele weitere Fragen lassen sich schlicht nicht beantworten.

?: Sie haben bis jetzt eher auf das gesundheitliche Risiko für die Beteiligten und die Gemeinschaft abgehoben. Warum ist Ihnen das so wichtig?

Walaschewski: Nichts ist wichtiger als der Gesundheitsschutz, der durch den Wegfall einer behördlichen Verfügung nun wieder in den privaten Bereich verlagert wird. Das gilt dann natürlich auch für die Verantwortung. Damit geraten wir Fußballverbände in ein ethisches Dilemma.
Risiko gegen Null fahren
Wenn wir jetzt unsere Empfehlung zum Abbruch der Saison infrage stellen und eine Weiterführung der Saison beschließen würden, würden wir die Mannschaften zwingen, wieder am Spielbetrieb teilzunehmen. Dürfen wir das als Verband überhaupt? Haben wir nicht vielmehr die Pflicht, aus Verantwortung für die Spieler, die Trainer und Betreuer, die Familien, die Zuschauer das Risiko gegen Null zu fahren? Ich meine, ja.

?: Rechnen Sie damit, dass noch einmal Bewegung in die Sache kommt, wenn die Vereine nach dem 1. Juni die Saison zu Ende spielen wollen?

Walaschewski: Dass es Diskussionen geben wird, nehme ich an. Dass der Verbands-Fußball-Ausschuss und/oder das Präsidium sich zu einer Abkehr von der vorliegenden Beschlussempfehlung bereitfinden würden, glaube ich nicht. Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Das Präsidium sieht auch nach der Öffnungsmitteilung der Landesregierung nicht den geringsten Anlass, von der Empfehlung zum Saisonabbruch abzurücken. Wir halten diesen für verantwortbarer als die Weiterführung der Saison.
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