Faszination Horror und Halloween: Schauriges Fest oder langweiliger Trend?

Lea Engelbrecht bloggt für LokalPlus: Aus der Sicht einer Schülerin


  • Kreis Olpe, 31.10.2017
  • Von Lea Engelbrecht
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 von Symbol © SSilver / lia
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Liebe LokalPlus-Leser, mein Name ist Lea Engelbrecht, ich bin 15 Jahre alt und komme aus Schmallenberg. Ich habe vor ungefähr einem Jahr mein Praktikum bei LokalPlus gemacht. Von nun an werde ich mich als jüngste Mitarbeiterin der Redaktion mit Themen beschäftigen, die Einblicke in die Welt von Jugendlichen ermöglichen. Welche Themen bewegen Jugendliche aktuell? Wo verbringen wir unsere Freizeit? Wie bilden wir uns unsere Meinung? Welche sozialen Netzwerke und welche Wörter verwenden wir? Halloween steht kurz vor der Tür, und aus aktuellem Anlass stellt sich die Frage: Ist Halloween überhaupt noch interessant für Jugendliche? Wie und wo verbringen Jugendliche Halloween?


Zu alt, um verkleidet entlang der Häuser zu gehen und „Süßes oder Saures“ zu fordern, aber auch noch nicht im Erwachsenenalter, in dem man diese neumodischen Trends langweilig und kulturlos findet. Im Gegenteil, Jugendliche finden cool, was neu und aufregend ist. Aber ist Halloween das überhaupt noch?
Starke Vermarktung des irischen Brauchs
Seit den 90er Jahren feiert man auch hier in Deutschland das amerikanische Halloween. „Halloween“  ist abgeleitet vom englischen Begriff „all hallows eve“, dem Abend vor Allerheiligen. Der ursprünglich aus Irland stammende Brauch wurde von Auswanderern  in Amerika verbreitet und ist dort bis heute sehr populär. Vor allem der Einzelhandel  hat sich diesen Trend zunutze gemacht und macht viel Werbung für verschiedene Artikel. Von Kostümen, über Schminke bis zu gruseligen Lebensmitteln wie Augen und Gebissen aus Süßigkeiten – es gibt nichts, was es nicht gibt. In NRW wurden im Oktober 2014 durchschnittlich fast 25 Euro pro Kind nur für dessen Kostümierung ausgegeben. Selbstverständlich orientieren sich gerade die leicht zu beeinflussenden Jugendlichen an diesem Überfluss an Konsumgütern.
Zuspruch für Halloween steigt
Man könnte jetzt meinen, dass wir uns in diesen schnelllebigen Zeiten längst einen neuen Grund zum Feiern gesucht hätten. Schließlich sind Bräuche, die schon vor 30 Jahren hier praktiziert wurden, für uns Jugendliche häufig nur noch uncool und peinlich. Erstaunlicherweise steigt die Anzahl der Halloween-Befürworter laut einer Umfrage des Forsa-Instituts aber immer weiter an. Im Oktober 2015 fanden es 74 Prozent der befragten 14 bis 29-Jährigen gut, dass Halloween hier in Deutschland gefeiert wird. Insgesamt liegt die Anzahl der Befürworter und Gegner mit 44 und 45 Prozent der Stimmen im Oktober 2015 das erste Mal nahezu gleichauf. Im Vergleich dazu fanden noch im Oktober 2013 56 Prozent der Befragten den Halloween-Hype nicht gut.

Was bedeutet es für die Jugendlichen, dass  in allen Altersgruppen der Zuspruch für Halloween steigt? Ich glaube, dass sich dieser Trend in der nächsten Zeit verändern wird, denn alles aktualisiert sich momentan so schnell. Das beste Beispiel ist dafür ist meiner Meinung nach Facebook. Ich kenne kaum noch Teenager in meinem Freundes-und Bekanntenkreis, die Facebook noch benutzen. Wer will denn aus der Sicht der Jugendlichen noch dieselben Netzwerke benutzen wie die eigenen Eltern? Das ist einfach nur uncool und out. Schnell haben wir in Instagram und Snapchat Alternativen gefunden.
 von Archiv Barbara Sander-Graetz
© Archiv Barbara Sander-Graetz
Ich könnte mir vorstellen, dass etwas Ähnliches auch mit Halloween passiert, denn ich habe zudem noch das Gefühl, dass dieser Brauch in den Familien überhaupt nicht weitergegeben wird. Traditionen brauchen persönliche familiäre Erinnerungen, und die fehlen mir bei Halloween vollkommen. Irgendwann wird das Interesse an diesem Trend erschöpft sein beziehungsweise wird dieses ursprünglich sehr ernst genommene Fest sich noch weiter wandeln, um es weiterhin für die Jugend interessant zu machen.
Halloween - Zeit für Randale?
Leider wurde dieser Abend des 31. Oktobers oftmals für Sachbeschädigung  und Randale vor allem durch Jugendliche missbraucht.  Vermutlich ist das auch ein Grund für die starke Ablehnung des Halloween-Fests unter den Über-60-Jährigen (65 Prozent äußerten sich negativ zum Thema Halloween).Sie fühlen sich durch die lärmenden Jugendlichen belästigt, vor allem auch, weil Halloween im Gegensatz zu Karneval abends und nachts stattfindet und sie überhaupt keine traditionellen Werte mit diesem Fest verbinden. 

Doch das das Dunkle, Gruselige und Mystische, das sind allesamt Reize, die uns Jugendliche ansprechen. Im vergangenen Jahr sorgten rund um Halloween die sogenannten „Gruselclowns“ für Angst und Schrecken. Ich habe selbst darüber berichtet, und ich muss sagen, gerade als junges Mädchen hat man dann abends schon ein mulmiges Gefühl, wenn man alleine im Dunkeln unterwegs ist. Doch dieser „Trend“ der Gruselclowns hat sich im Vorjahr Jahr bereits kurz nach Halloween wieder zurückentwickelt. Hoffen wir mal, dass es dabei bleibt.

Zu Anfang erwähnte ich, dass wir Jugendlichen nicht mehr verkleidet von Haus zu Haus gehen. Viel zu peinlich! Aber wie verbringen wir unser Halloween stattdessen?  Freizeitparks in der näheren Umgebung bieten spezielle Angebote für Halloween an, die die Jugendlichen nahezu magisch anziehen. Gruselige Labyrinthe, in denen verkleidete Personen die Besucher erschrecken, sind sehr beliebt. Ansonsten unterscheidet sich Halloween nicht besonders von anderen Anlässen. Man trifft sich in Locations vor Ort; vielleicht wird diese noch gruselig dekoriert, aber das war es dann auch.
Nervenkitzel macht uns glücklich
Horror fasziniert uns Menschen  schon seit langem. Selbstverständlich ist die Ausprägung dieser Faszination personenabhängig, es gibt also diejenigen, die den Nervenkitzel bewusst suchen, und die, die im Allgeneinen etwas zurückhaltender sind. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass ein gruseliger Film oder Mutproben dafür sorgen, dass  das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet wird. Sich bewusst zu fürchten, wird von Wissenschaftlern unter anderem mit Extremsport auf eine Stufe gestellt.

Bereits in den 1950ern stellte der ungarische Psychoanalytiker Michael Balint wissenschaftliche Thesen zu diesem Thema auf. Er bezeichnet den Nervenkitzel, wie man ihn bei einem Horrorfilm erlebt, als „thrills“. Die Faszination, die für die Menschen von diesen „thrills“ ausgeht, erklärt Balint damit, dass wir den Wechsel zwischen An- und Entspannung als positiv empfinden. Das geht laut Balint bis ins Kindesalter zurück, in dem die Kinder immer öfter den sicheren Schutz der Mutter aufgeben, um später dann wieder zu ihr zurückzukehren.
 von Archiv Barbara Sander-Graetz
© Archiv Barbara Sander-Graetz
Der Nervenkitzel, der vor allem Jugendliche anzieht und mit dem auch Halloween eng verknüpft ist, ist also nichts anderes als das Aufgeben und Wiedererlangen von Sicherheit. Vor allem wir Jugendlichen, die das Bedürfnis haben, neue Dinge auszuprobieren und für die Nervenkitzel nicht nur ein Abenteuer, sondern gewissermaßen auch ein Statussymbol ist, lassen uns von gruseligen Bräuchen, Ritualen, Filmen oder Büchern anziehen. Typische Halloween-Rituale, die sich bei Jugendlichen sehr großer Beliebtheit erfreuen, sind „Geisterbeschwörungen“ zum Beispiel durch Gläserrücken.
Meine Meinung zu Halloween
Für mich persönlich war Halloween nie ein Fest, auf das ich mich immer besonders gefreut habe. Irgendwie hatte es für mich nie diesen Spaßfaktor und wir haben weder, wie zum Beispiel an Karneval, aufwendige Kostüme gesucht und uns verkleidet oder geschminkt noch haben wir uns in der Schule je mit diesem Thema beschäftigt. Das alles mögen Gründe sein, weshalb Halloween mich nie wirklich gereizt hat. Zudem bin ich mir schon relativ früh irgendwie schlecht vorgekommen, wenn ich an den Haustüren „Süßes oder Saures“ gefordert habe, selbst wenn wir in einer größeren Gruppe unterwegs waren.  Das lag vermutlich auch daran, dass vor allem die älteren Generationen nur selten Verständnis dafür hatten, wenn abends eine Gruppe von verkleideten Kindern vor ihrer Haustür stand und Süßigkeiten forderte.  Dieses „Erbetteln“ an Halloween ist bei mir zu Hause eher unüblich und nicht besonders weit verbreitet.

Alles in allem glaube ich, dass der Trend mit zunehmendem Alter für die Jugendlichen immer uninteressanter ist. Man trifft sich und führt vielleicht auch mal eine Geisterbeschwörung durch, aber ansonsten gibt es meinen Beobachtungen nach keine besondere Begeisterung für Halloween in meinem Freundeskreis. Durch die starke Vermarktung dieses Trends in den Geschäften  oder durch sogenannte „Social Influencer“ in den Sozialen Medien (unter anderem durch Halloween-Make-up-Tutorials) wird man jedes Jahr an Halloween erinnert, und dadurch wird Halloween auch in gewisser Weise künstlich am Leben gehalten. Man nutzt den Tag gerne zum Feiern, da wir am nächsten Tag aufgrund von Allerheiligen schulfrei haben, aber ich denke, dass das auch ohne den festgelegten Tag „Halloween“ stattfinden würde, schließlich lässt man sich in unserem Alter keine Gelegenheit zum Feiern entgehen.
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