EU-Emissionshandel: Liese spricht von „ausgewogenem Kompromiss“

Reduzierung des Schadstoffausstoßes und Schutz innovativer Industrie


Dr. Hans-Wilhelm Schiffer (RWE) und Dr. Peter Liese sind sich einig, dass eine europäische Lösung beim Emissionshandel besser ist als nationale Sonderegeln. von privat
Dr. Hans-Wilhelm Schiffer (RWE) und Dr. Peter Liese sind sich einig, dass eine europäische Lösung beim Emissionshandel besser ist als nationale Sonderegeln. © privat

Kreis Olpe. Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat den Vorschlag für die Reform des Emissionshandelssystem der EU (EU EHS) für den Zeitraum 2021 bis 2030 mit großer Mehrheit angenommen. Der südwestfälische CDU-Europaabgeordnete Dr. Peter Liese, der auch umweltpolitischer Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten) ist, bewertet den Beschluss in einem Gespräch mit Vertretern des heimischen Energieversorgers RWE und der sauerländischen Tourismuswirtschaft positiv.


Wichtigster Beschluss des Umweltausschusses war, den europäischen Emissionshandel grundlegend zu stärken. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, sollen alle Teilnehmer am Emissionshandel, d.h. Kraftwerke und energieintensive Industrie wie Papier-, Stahl-, Kalk- und Zementindustrie, ihre Emissionen bis 2030 um 43 Prozent reduzieren. Der Emissionshandel gilt als Herzstück der europäischen Klimapolitik und war in den vergangenen Jahren in die Kritik geraten, weil die Preise mit deutlich niedriger als angenommen waren; damit gab es keine ausreichenden Anreize, um wirklich in klimafreundliche Technologien zu investieren.

Daher hat der Umweltausschuss nun beschlossen, Zertifikate herauszunehmen, um den Preis in die Höhe zu treiben. Dies wird auch insbesondere von den deutschen Stromversorgern unterstützt. „Vor einigen Jahren haben Vertreter von RWE und anderen Stromversorgern den Emissionshandel noch sehr kritisch gesehen. Mittleierweile ist aber allen klar, dass eine europäische Lösung besser ist als nationale Sonderegeln, zum Beispiel einseitige Stilllegungen von Kraftwerken, wie sie Bundesumweltministerin Henriks vorgeschlagen hat“, so Liese.
Schiffer: „Ambitioniertestes Ziel weltweit“
Dr. Hans-Wilhelm Schiffer, Berater des Vorstands der RWE AG, ergänzt: „Wir tragen das europäische Ziel, die Emissionen um 40 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 zu senken, voll mit. Dazu müssen wir das europäische Emissionshandelssystem stärken. Zentral ist, dass nicht nationale Maßnahmen oben drauf gesetzt werden, die zu einer Aushöhlung des europäischen Emissionshandelssystems führen würden. Das 40-Prozent-Ziel bis 20103 halten wir für angemessen, weitere Verschärfungen darüber hinaus sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angebracht, weil wir mit diesen Ziel das ambitionierteste Ziel weltweit in Europa haben“.

Wichtig sei aber auch, die energieintensive Industrie, die im internationalen Wettbewerb steht, nicht zu hart zu belasten, ergänzt Liese. „Gerade die Stahlindustrie steht durch Billigimporte aus China unter Druck. Daher dürfen wir sie ebenso wenig wie andere Industriezweige nicht zu sehr belasten. Auch dies hat der Ausschuss berücksichtigt. Ich halte es für einen ausgewogenen Kompromiss“, so Liese. Hiervon profitierten auch zahlreiche Unternehmen in Südwestfalen.
Liese sieht Problem für Zement- und Kalkindustrie
Für die Zement- und Kalkindustrie beinhaltet der Beschluss laut Liese „noch ein besonderes Problem“, denn „auf Druck der Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen“ habe der Ausschuss beschlossen, dass die kostenlose Zuteilung für die beiden Sektoren in Zukunft reduziert werden soll. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sollen auch Importeure von Zement und Kalk vom Emissionshandel erfasst werden. „Dies hört sich in der Theorie gut an. Wir haben jedoch gemeinsam mit der betroffenen Industrie große Zweifel, dass dies in der Praxis funktioniert. Deswegen müssen wir hier bei den Beratungen in den nächsten Wochen noch nachbessern“, so Liese.

Im Februar wird der Beschluss des Umweltausschusses im Europäischen Parlament beraten und muss anschließend mit den Vertretern der Mitgliedstaaten, dem Ministerrat, verhandelt werden.
Kurz und knapp: das Emissionshandelssystem der EU

Das Emissionshandelssystem der EU, das wichtigste EU-Klimaschutz-Instrument, wurde 2005 eingerichtet und beschränkt die Menge an Treibhausgasen, die von energieintensiven Industrien, Kraftwerken und Luftfahrtunternehmen verursacht werden dürfen. Die EU legt die Höchstanzahl an diesbezüglichen Emissionszertifikaten fest, und die Unternehmen erhalten oder erwerben die jeweiligen Zertifikate.

Um die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 Prozent zu senken, müssen alle Sektoren, die vom EU EHS betroffen sind, ihre Emissionen um 43 Prozent verringern. Es geht insgesamt um Zertifikate im Wert von etwa 300 Milliarden Euro. Unternehmen, die auf dem neuesten Stand der Technik sind, sollen kostenlose Zertifikate erhalten, um vor einer Abwanderung in Ausland geschützt zu werden. Das ist laut Liese „wichtig für Wachstum und Arbeitsplätze und hilft auch dem Klimaschutz, denn es wird verhindert, dass Firmen in Regionen mit weniger strengen Umweltstandards abwandern“.
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