Einzelhandel und Gastronomie resigniert – Innenstädte werden sich verändern
IHK: Pandemie hat Wirtschaft im Würgegriff
- Kreis Olpe, 03.02.2021
- Wirtschaft
- Von Wolfgang Schneider

Kreis Olpe. „Die Hoffnung auf eine schnelle wirtschaftliche Erholung ist verflogen, die Unsicherheit wächst wieder. Die Pandemie hat die Wirtschaft weiter im Würgegriff. Und nie zuvor war die wirtschaftliche Situation zwischen den Branchen so unterschiedlich.“ So fasste IHK-Präsident Felix Hensel beim Pressgespräch am Mittwoch, 3. Februar, in Olpe die Ergebnisse der aktuelle Konjunkturumfrage der IHK Siegen zusammen.

Die Umfrage, in der sich im Januar 572 Unternehmen mit 42.000 Beschäftigten beteiligt haben, zeigt etwas Licht, aber auch viel Schatten. Zwar steigt der Konjunkturklimaindex gegenüber der Herbstumfrage von 92 auf 100. Der Index, der die Lagebeurteilung und die Erwartungen der Unternehmen widerspiegelt, liegt aber unter dem langjährigen Mittel von 105 – von den Boom-Jahren 2017/18 mit Werten zwischen 120 und 137 ganz zu schweigen.

Lichtblicke gibt es in der Industrie, im Großhandel und bei den Dienstleistern. Dort läuft es besser als in den vergangenen Monaten. Die Auftragseingänge in der Industrie sind wieder gestiegen und man erwartet Zuwächse beim Export. Auffällig: Die Industrie im Kreis Olpe schätzt ihre Lage sehr viel besser ein als die im Kreis Siegen-Wittgenstein. Im Bausektor brummt es trotz Corona nach wie vor: 98 Prozent der Betriebe melden eine gute oder befriedigende Geschäftslage.

Trüb bis düster sieht es dagegen im Gastgewerbe, im Einzelhandel und in der Kultur- und Event-Branche aus. Das sind die Bereiche, die vom Lockdown extrem betroffen sind. „Gewinner war nur der Online-Handel. Alles das, was Innenstädte ausmacht, ist sehr gebeutelt“, berichtet IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener.

Seine düstere Prognose: „Die Innenstädte, wie wir sie kennen, werden wir in ein, zwei Jahren nicht mehr haben. Viele kleine Läden verabschieden sich still und heimlich und sind auf einmal nicht mehr da.“

Die größten Verlierer sind Läden mit Kleidung, Schuhen oder Lederwaren sowie Reisebüros. Nicht ganz so stark gebeutelt sind laut IHK Möbelgeschäfte und Autohändler, da es für diese im zweiten Halbjahr 2020 ganz gut gelaufen sei. Gut geht es nur den Läden, die trotz Lockdown öffnen können, also Lebensmittel- und Drogeriemärkten.

Die Lageeinschätzung in den besonders betroffenen Branchen stürzt auf historische Tiefststände. Zwei Drittel der Einzelhändler und sogar neun von zehn Unternehmen im Gastgewerbe bewerten ihre Lage als schlecht. „Die Stimmung im Einzelhandel und dem Gastgewerbe ist in weiten Teilen perspektivlos und resigniert“, bringt es IHK-Konjunkturexperte Stephan Häger auf den Punkt.

Kritik kommt von der IHK in diesem Zusammenhang an den staatlichen Hilfsprogrammen. „Hilfen, die nicht ankommen, helfen nicht und verdienen ihren Namen nicht. Ankündigungen, denen keine Taten folgen, lösen kein Problem“, redet Klaus Gräbener Klartext. Es gebe zu viele Hilfsprogramme, aber keine branchenspezifische Unterstützung. Hinzu komme die schleppende und verzögerte Auszahlung der Hilfsgelder.
Die Ankündigungen von Wirtschaftsminister Scholz sieht Gräbener jedenfalls nicht bestätigt: „Unter der ausgepackten Bazooka und dem angekündigten Wumms verstehen die Firmen jedenfalls etwas anderes.“