Digitalisierung: IG Metall-Vorsitzende Brenner fordert Gemeinschaftsprojekt zur Bewältigung

DGB-Empfang im Schützenheim Rüblinghausen


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Christiane Benner, 2. Vorsitzende der IG Metall, sagte, dass Eintracht und Vielfalt machen Arbeitnehmer stark machten. von Rüdiger Kahlke
Christiane Benner, 2. Vorsitzende der IG Metall, sagte, dass Eintracht und Vielfalt machen Arbeitnehmer stark machten. © Rüdiger Kahlke

Olpe. Das Sauerland ist schön. Das weiß sie von früheren Besuchen. Hier werde auf technischem Spitzenniveau entwickelt und produziert. Ja, bekennende Schalke-Anhängerin ist sie auch. Da konnte beim DGB-Empfang am Montagabend, 30. April, in Olpe nichts mehr schief gehen. Christiane Benner, 2. Vorsitzende der IG Metall, beschwor am Vorabend des Tags der Arbeit im Schützenheim Rüblinghausen „Vielfalt, Solidarität, Gerechtigkeit“ und traf schon mit ihrem Entree den Nerv der Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter.


Den schönen Erinnerungen folgten Gedanken zu „den sehr bewegten Zeiten, in denen wir leben“. Benner verwies auf die zuletzt guten Tarifabschlüsse, die nur erreicht worden seien, „weil wir zusammengehalten haben“. Auch mehr Gerechtigkeit sei nur gemeinsam zu erreichen, machte sie deutlich, dass alte gewerkschaftliche Tugenden weiterhin „in“ seien. Neben der Eintracht mache auch Vielfalt die Arbeitnehmer stark. Benner rief dazu auf, „überall für mehr Gerechtigkeit zu kämpfen“.
„Steuerosen für Superreiche austrocknen“
Wichtiger Punkt dabei: faire Steuern. „Die Steueroasen der Superreichen müssen ausgetrocknet werden“, betonte die Spitzenfrau der IG Metall. Internet-Konzerne müssten dazu gebracht werden, in Deutschland überhaupt Steuern zu zahlen, forderte sie unter dem Beifall der Besucher im voll besetzten Saal. Ein würdiges Leben im Alter mit einer gesetzlichen Rente, von der man auch leben könne, gehörte zu ihren politischen Forderungen.
 von Rüdiger Kahlke
© Rüdiger Kahlke
Christiane Benner richtete auch den Blick nach vorn, zeigte sich überzeugt: „Unsere Gesellschaft steht vor einem große Umbruch. Die Digitalisierung verändert alles. Davor sollten wir keine Angst haben.“ Arbeitsplätze würden entfallen, neue entstehen, viele würden sich verändern. Diesen Wandel zu bewältigen, müsse ein großes „Gemeinschaftsprojekt von Staat, Arbeitgebern und Gewerkschaften werden.“ Durch gemeinsame Anstrengung sei es auch gelungen, 2008 die Finanzkrise zu bewältigen und die deutsche Industrie in „eine weltweite Pole Position zu bringen. Ein solches Projekt brauchen wir heute wieder“, so die Metallerin.
Arbeitsagenturen neu aufstellen
Für die Betriebe forderte Benner einen Strategieplan für Digitalisierung, die nur durch mehr Bildung und Qualifizierung zu meistern sei. Die Botschaft an die Beschäftigten müsse sein: „Ihr werdet nicht allein gelassen“, spielte sie auf Zukunftsängste an. Gute Arbeit, möglichst viele Gewinner, das sei die Grundlage für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Arbeitsagentur „muss zu einer Agentur für Arbeit und Qualifizierung werden“, die Erhalt und Ausbau von Qualifikation Vorrang vor schneller Vermittlung einräume. „Es kann doch nicht sein, dass Menschen, die in Arbeitslosigkeit geraten, jede Arbeit annehmen müssen“, so Benner. In dem Zusammenhang forderte sie, auch bei Arbeitslosigkeit die Grundfreibeträge für Ersparnisse von 150 Euro pro Lebensjahr anzuheben.
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Digitalisierung: IG Metall-Vorsitzende Brenner fordert Gemeinschaftsprojekt zur Bewältigung
Die letzten Monate mit dem guten Tarifabschluss und der Einführung der paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenkasse habe gezeigt: „Wir können viel schaffen.“ Sie zitierte Karl Marx, der gerade 200 Jahre alt geworden wäre und betont habe, es gehe nicht darum, die Welt verschieden zu interpretieren, sondern sie zu verändern. Für die, die eher der katholischen Soziallehre zugeneigt sind, konnte sie das mit dem Spruch des Trierer Bischofs Reinhard Marx untermauern: „Purer Kapitalismus ohne soziale Verantwortung: Da bekäme der andere Trierer Marx ja noch recht und das fände ich schlimm.“ Das kam an in Olpe.
Arenz: Solidarität mit Dura-Belegschaften übte Kritik am Automobilzulieferer Dura.
Eingangs hatte der DGB-Kreisvorsitzende André Arenz an die Geschichte des 1. Mai als Tags der Arbeit erinnert. Was 1886 in den USA begonnen habe, gemeinsam für Ziele wie bessere Arbeit und gerechte Entlohnung zu kämpfen, sei immer noch gültig. Dazu gehöre auch die Bereitschaft, Streik als letztes Mittel einzusetzen, wenn es nötig sei. Mit 24-Stunden-Streiks in zwei Betrieben habe es auch in Olpe seit vielen Jahren erstmals wieder Streiks gegeben.
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Es gelte dafür zu kämpfen, dass der Mensch im Mittelpunkt stehe. Das, so Arenz, sei das Rezept, um die Zukunft erfolgreich mitgestalten zu können. Scharf attackierte er die Vorgehensweise des Dura-Managements: Der Automobilzulieferer, ein US-Konzern, will die beiden Betriebe in Selbecke und Plettenberg schließen (LokalPlus berichtete). Die Geschäftsführung habe sich ernsthaften Verhandlungen entzogen. Der DGB-Kreisvorsitzende sicherte den anwesenden Dura-Betriebsräten weitere Unterstützungen und Solidarität zu. 

Umrahmt wurde der Empfang, wie schon in den Vorjahren, vom Chor „Just for Fun“, der mit bekannten Songs wie „The Rose“, „Sound of Silence“, aber auch dem umgedichteten russischen Arbeiterlied und Gewerkschafts-Klassiker „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“, Akzente setze. Nach dem offiziellen Teil blieb bei einem Imbiss noch Gelegenheit, untereinander oder mit den Gästen ins Gespräch zu kommen. Neben den Bürgermeistern der umliegenden Kommunen waren auch der Bundestagsabgeordnete Dr. Matthias Heider (CDU), die ehemaligen MdB Petra Crone (SPD) und Willi Brase (SPD) sowie der Landtagsabgeordnete Jochen Ritter (CDU) der Einladung des DGB-Kreisvorstands gefolgt.
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