Die Trauer nicht mehr totschweigen: Bestatter im Gespräch
Tod und Trauer – ein Tabuthema?
- Kreis Olpe, 29.11.2023
- Verschiedenes
- Von Annette Schmelzer

Kreis Olpe. Der November gilt als der Trauer-Monat: Die Tage werden kürzer, die Dunkelheit übernimmt das Kommando, stille Feiertage stehen im Kalender. LokalPlus hat diesem Monat eine Trauer-Serie gewidmet. Ihr fünfter und letzter Teil geht der Frage auf den Grund, warum der Tod oft immer noch ein Tabu-Thema ist und wie ein offener Umgang funktionieren kann.


„Etwas totschweigen“ und „kein Sterbenswörtchen sagen“ – diese und ähnliche Redewendungen machen deutlich, wie sehr das Thema „Tod und Trauer“ in unserer Gesellschaft vermieden wird. Während in anderen Kulturen das Thema offener und präsenter erscheint, wird es in unserer Gesellschaft häufig ausgeblendet und gemieden. Doch woran liegt das?
Über das Thema Tod und Trauer sprach LokalPlus mit Gerhard Beckmann, Inhaber von Lebenslicht-Bestattungen in Altenhundem, und Mitarbeiterin Mladenka Fuhlen.

Wie hat sich die Trauer- und Bestatter-Kultur in den letzten Jahrzehnten verändert?
Beckmann: Der Tod gehört noch nicht so zum Leben dazu, wie man sich das vielleicht wünschen würde. Es ist aber bereits ein Weg dahin erkennbar, denn immer mehr Angehörige nehmen sich bewusst Zeit, um von Verstorbenen Abschied zu nehmen.
Fuhlen: Während früher die religiöse Liturgie im Vordergrund stand, äußern Angehörige immer häufiger Wünsche, die die Persönlichkeit des Verstorbenen widerspiegeln, zum Beispiel Lieblingslieder, die während der Beisetzung gespielt werden.

Welche unterschiedlichen Erfahrungen haben Sie mit Hinterbliebenen im Umgang mit dem Thema Tod gemacht?
Beckmann: Grundsätzlich gleicht kein Trauerfall dem anderen. Wir erfahren oft Unterschiede in der Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Je nach Betroffenheit können Hinterbliebene sehr unsicher sein und es bedarf unsererseits viel Zeit und Einfühlungsvermögen, um mit den Angehörigen gemeinsam die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Hinterbliebenen sind für diese Unterstützung immer sehr dankbar und genau das macht unsere Arbeit so besonders.

Was glauben Sie, warum wird in unserer westlichen Welt das Thema Tod so gemieden?


Beckmann: Das Thema Trauer wird kulturell sehr unterschiedlich gehandhabt und von Generation zu Generation weitergetragen. In der westlichen Welt hatte die Trauer traditionell immer sehr viel mit Leid, Schmerz und Schwere zu tun, aber ich bin mir sicher, dass sich bei den folgenden Generationen eine Veränderung hin zur „leichteren Schwere“ zeigen wird.
Was wäre nötig, damit die Menschen offener mit dem Thema Tod umgehen können?
Fuhlen: Das Thema Tod hat immer mit Angst zu tun. Dieser natürliche Schutzmechanismus gibt uns die Möglichkeit, sich selbst in dem Maße zu schützen, wie es in der jeweiligen Situation erforderlich ist.
Wobei die Möglichkeit des Abschieds für die Trauerverarbeitung sehr wichtig ist, denn dieser Moment ist unwiederbringlich und es kann für die Hinterbliebenen sehr belastend sein, diesen nicht bewusst vollzogen zu haben. Hierfür steht bei uns ein sehr schöner und warm eingerichteter Abschiedsraum zur Verfügung.
Beckmann: Wenn wir uns trauen würden, den Menschen, der gegangen ist, wertschätzend in Erinnerung zu behalten, und die Frage „Was bedeutet mir dieser Mensch“ mit einfließen lassen, kann das Gefühl der Dankbarkeit entstehen. So können wir aus diesem letzten Moment ganz viel mitnehmen und die Angst verlieren.

Was war das bisher berührendste Erlebnis während Ihrer Tätigkeit als Bestatter?

Fuhlen: Das Berührendste ist immer, wenn Eltern ihr Kind verlieren. Wir selbst sind dann auch emotional sehr betroffen, wenn wir sehen, wie Mütter und gestandene Männer um ihre Kinder weinen und Geschwisterkinder dabei sind.
Beckmann: In diesen Situationen kommen auch wir an unsere Grenzen und zeitweise auch darüber hinaus.
