Deutscher Kinderhospizverein realisiert Kurzfilm mithilfe einer Förderung

Herzensangelegenheit


Ein offenes Ohr für alles zu haben, was die Geschwister in ihrem Alltag bewegt, da zu sein und sie zu unterstützen ist für Anja Schulte mehr als nur ihr Beruf. von Patrick Waldmann/Deutscher Kinderhospizverein
Ein offenes Ohr für alles zu haben, was die Geschwister in ihrem Alltag bewegt, da zu sein und sie zu unterstützen ist für Anja Schulte mehr als nur ihr Beruf. © Patrick Waldmann/Deutscher Kinderhospizverein

Olpe. Junge Menschen gehen am Kölner Rheinufer entlang. Die Stimmung ist entspannt, die Sonne scheint. An einem Spielplatz wird spontan ein Klettergerüst gestürmt. Auf den ersten Blick nicht sichtbar, sind die jungen Menschen ganz besonders verbunden. Sie alle sind Geschwister eines Kindes oder eines jungen Erwachsenen mit lebensverkürzender Erkrankung. Der Bruder oder die Schwester ist vielleicht sogar bereits verstorben. Am Tag der Geschwister, am Sonntag, 10. April, hat der Deutsche Kinderhospizverein (DKHV) einen Kurzfilm mit genau dieser Anfangsszene über die Ansprechpartnerin für Geschwister im Verein, Anja Schulte veröffentlicht. Der Kurzfilm ist vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert worden.


Anja Schultes Job als Ansprechpartnerin für Geschwister ist mehr als nur ihr Beruf: Es ist ihre Herzensangelegenheit. „Ich möchte die Geschwister dort abholen, wo sie sind, sie unterstützen, eine Perspektive zu finden - einfach an ihrer Seite sein,“ erzählt die junge Frau.

Schon nach dem Abitur ist Schulte klar: „Ich möchte gerne was mit Menschen machen. Nur was genau?“. Statt sich direkt ins Studium zu stürzen, entscheidet sie sich daher für ein Freiwilliges Soziales Jahr, das sie in einem stationären Kinder- und Jugendhospiz absolviert: „Nach diesem Jahr war mir absolut klar: in diesem Bereich möchte ich arbeiten“.

„Das kann ich gar nicht in Worte fassen“

Schon damals liegen ihr die Geschwister von lebensverkürzend erkrankten Kindern und Jugendlichen besonders am Herzen: „Die jungen Menschen sind unfassbar offen, tolerant und wertschätzend. Das kann ich fast gar nicht in Worte fassend“, lächelt sie. So entscheidet sie sich für ein Studium der Psychologie in Bonn, dem sie ein heilpädagogisches Studium anschließt.

Ihre Arbeit ist ihre Herzensangelegenheit: Anja Schulte ist die Ansprechpartnerin für Geschwister im Deutschen Kinderhospizverein. von Patrick Waldmann/Deutscher Kinderhospizverein
Ihre Arbeit ist ihre Herzensangelegenheit: Anja Schulte ist die Ansprechpartnerin für Geschwister im Deutschen Kinderhospizverein. © Patrick Waldmann/Deutscher Kinderhospizverein

Außerdem ist die 30-Jährige ausgebildete Kinder- und Jugendtrauerbegleiterin. Zunächst arbeitet sie in einem stationären Kinder- und Jugendhospiz im psycho-sozialen Team, dessen Leitung sie schließlich übernimmt. Zum Jahresbeginn 2022 wechselt Anja Schulte zum DKHV als Ansprechpartnerin für Geschwister.

„Geschwister sollen wissen, dass jemand da ist“

„Wenn wir Treffen mit den Geschwistern haben, sei es digital oder in Präsenz, gibt es kein: Du musst so oder so sein, um dazu zu gehören. Alle sind willkommen, jeder wird akzeptiert, wie er ist“, sagt die junge Frau. „Am meisten geben die Geschwister einander, weil sie sich wirklich verstehen. Da muss nichts erklärt werden.“ Eine besondere Herausforderung sei es, den Geschwistern Unbeschwertheit mitzugeben.

Die junge Frau will zeigen, dass sie das übernehmen kann: „Die Geschwister sollen wissen, dass jemand ist. Jemand, der zuhört und nicht wertet, der sie in ihrem Alltag, der so häufig im Widerspruch zur gesellschaftlichen Umgebung steht, unterstützt.“

Zeit nehmen für den Tod

Genau dies wird auch in dem knapp drei-minütigen Kurzfilm deutlich. „Der Tod meiner Schwester ist immer präsent in meinem Leben. Aber ich kann mir im Alltag nicht die Zeit dafür nehmen“, erzählt Luisa, deren Schwester bereits verstorben ist. „Aber an so Tagen wie heute nehme ich mir ganz bewusst die Zeit dafür. Dadurch, dass sie nicht mehr da ist, habe ich das Gefühl, dass ich das übernehmen möchte, durch meine Erzählungen den anderen zu zeigen, wie sie war und was sie mit meinem Leben gemacht hat.“

Der Austausch mit den teils erwachsenen Geschwistern lebensverkürzend erkrankter Kinder und Jugendlicher gehört zu Anja Schultes Alltag – wie hier bei einem Spaziergang am Rhein. von Patrick Waldmann/Deutscher Kinderhospizverein
Der Austausch mit den teils erwachsenen Geschwistern lebensverkürzend erkrankter Kinder und Jugendlicher gehört zu Anja Schultes Alltag – wie hier bei einem Spaziergang am Rhein. © Patrick Waldmann/Deutscher Kinderhospizverein

„Die Kurzfilme, die über eine Förderung des Bundesfamilienministeriums ermöglicht wurden, sollen ganz niedrigschwellig zeigen, was die Ansprechpartner hier im Deutschen Kinderhospizverein machen und für welche Angebote sie stehen,“ erläutert Katrin Weimann, Projektmanagerin „Inhalte & Entwicklung“ beim DKHV.

Kurzfilme werden bundesweit gezeigt

Mit Beginn der Kontakteinschränkungen durch die Corona-Pandemie hat der DKHV digitale Begleitungs- und Beratungsangebote entwickelt, von denen sich bis heute diverse Angebote etabliert haben. Insbesondere ist es ein Anliegen, verstärkt Barrieren abzubauen und jungen Menschen sowie ihren An- und Zugehörigen, die bisher keinen Zugang zur Kinder- und Jugendhospizarbeit haben, diesen zu ermöglichen.

Dies soll unter anderem durch die Kurzfilme unterstützt werden. „Unser besonderer Dank gilt Silvia Hartwig und Thomas Jüngst vom Fachreferat Hospizarbeit und palliative Betreuung, Prävention im Alter im BMFSFJ. Ohne deren Unterstützung wäre die Realisation kaum möglich gewesen“, so Katrin Weimann. Die entstandenen Kurzfilme sollen bundesweit verbreitet werden und neue Zugangswege zu den Ansprechpartnern und deren Arbeit im Deutschen Kinderhospizverein schaffe.

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Tag der Geschwister

Der Tag der Geschwister („Siblings Day) ist ein weltweiter Aktionstag, der auf die Bedeutung von Bruder oder Schwester hinweist. Der Tag wurde 1998 von der New Yorkerin Claudia Evart initiiert. Sie verlor ihren Bruder Alan und ihre Schwester Lisette bei Autounfällen. Der 10. April war der Geburtstag ihrer Schwester Lisette. Ziel ist es, dass an diesem Tag die lebenden Geschwister wertgeschätzt werden und an die verstorbenen Brüder und Schwestern gedacht wird.

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