Der Doktor und das liebe Vieh: Ein Tag als Pferdetierarzt

LokalPlus-Serie „Ein Tag als…“


  • Kreis Olpe, 06.11.2022
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  • Von Claudia Wichtmann
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LokalPlus-Redakteurin Claudia Wichtmann durfte einen Vormittag Pferdetierarzt Dr. Peter Heer begleiten. von privat
LokalPlus-Redakteurin Claudia Wichtmann durfte einen Vormittag Pferdetierarzt Dr. Peter Heer begleiten. © privat

Kreis Olpe. Hufrollensyndrom, Kolik, Sehnenschäden … wegen dieser und anderer Gesundheitsthemen machen sich viele Reiter Sorgen um ihre Pferde. Für Dr. Peter Heer gehören solche Krankheiten zum Alltag. Er ist Fachtierarzt für Pferde an der Pferdeklinik am Sorpesee und behandelt viele Tiere im Kreis Olpe. LokalPlus-Redakteurin Claudia Wichtmann durfte ihn einen Vormittag begleiten.


Mein Tag mit einem Pferdetierarzt fängt für mich bequem an. Peter holt mich mit seinem Praxiswagen um 9 Uhr bei mir zu Hause ab. Da ich selbst Pferde habe, kennen wir uns gut. Sein erster Termin ist in einem Stall in unserer Nähe.

Peters Tag fing nicht so gemütlich an wie meiner. Jeden Morgen um 8 Uhr macht er Visite mit dem gesamten Team der Pferdeklinik. Es wird jeder einzelne stationäre Patient vorgestellt und besprochen. Anschließend stehen die stationären und ambulanten Termine in der Klinik und in der Außenpraxis auf dem Plan.

Cushing und Hufrehe

Heute startet Peters Tour mit einem Pferd, das unter Equinem Cushing Syndrom, einer krankhaft gesteigerten Produktion des Nebennierenhormons Cortisol, leidet. Daraus hat sich als Begleiterscheinung eine Hufrehe entwickelt, eine Entzündung der Huflederhaut.

Peter berät mit der Besitzerin, mit welchen Möglichkeiten sie dem Pferd die Krankheiten erleichtern kann und verabreicht entsprechende Medikamente. Für das Gespräch nimmt er sich Zeit, erklärt ausführlich und beantwortet alle Fragen.

Untersuchung der Pferdesehne mit einem Ultraschallgerät. von privat
Untersuchung der Pferdesehne mit einem Ultraschallgerät. © privat

Zum nächsten Termin fahren wir eine knappe halbe Stunde. In dem Stall sind mehrere Pferde, die Peter untersuchen und behandeln muss.

Der erste Patient ist ein dunkelbrauner Wallach mit einem Sehnenschaden am linken Vorderbein. Peter ist heute zur Folgeuntersuchung da.

Er lässt die Besitzerin das Pferd vortraben, um zu sehen, ob es noch Probleme hat. Dem Tier scheint es besser zu gehen, es läuft lahmfrei. Die Untersuchung mit einem mobilen Ultraschallgerät bestätigt das. Das Bein sieht gut aus, Peter gibt grünes Licht.

Der Dunkelbraune kann langsam wieder antrainiert werden. Deutliche Erleichterung ist bei der Besitzerin zu spüren.

Weiter geht es mit Schutzimpfungen gegen Influenza für einen Schecken und ein Schimmelpony. Influenza ist eine Viruserkrankung des Atmungsapparates und für die Pferde sehr unangenehm.

Bevor Peter die Spritze ansetzt, untersucht er die Pferde auf ihr Allgemeinbefinden und hört Herz und Lunge ab. Der Schecke lässt alles brav über sich ergehen.

Bevor Dr. Peter Heer die Pferde impft, macht er eine Allgemeinuntersuchung. von privat
Bevor Dr. Peter Heer die Pferde impft, macht er eine Allgemeinuntersuchung. © privat

Das Schimmelpony allerdings zeigt sich nicht so kooperativ. Mit Ruhe und Geduld kann Peter das kleine Pferd schließlich impfen.

Er hat in seinem Leben als Tierarzt schon einige Blessuren davon getragen. „Das gehört dazu“, sagt er schmunzelnd. „Die Pferde verstehen nicht immer sofort, dass ich ihnen helfe und wehren sich dann. Bei durchschnittlich 500 Kilo Lebendgewicht kann das schon mal weh tun.“

Der nächste Patient ist ein Fuchs mit breiter Blesse. Er hatte eine Hautpilzerkrankung und Peter sieht sich den Wallach noch einmal an, um den Verlauf zu beurteilen. Die letzte Behandlung hat ihre Wirkung gezeigt und das Pferd ist wieder gesund.

Medikamente für Pferde und alle notwendigen Untersuchungsgeräte hat Dr. Peter Heer in seinem Praxiswagen dabei. von privat
Medikamente für Pferde und alle notwendigen Untersuchungsgeräte hat Dr. Peter Heer in seinem Praxiswagen dabei. © privat

Medikamente für Pferde und alle notwendigen Untersuchungsgeräte hat Peter immer in seinem silbernen Van dabei. Sein Auto ist eine Pferdepraxis im Kleinformat. Jeden Abend füllt Peter seine Apotheke im Kofferraum des Wagens wieder mit den Medikamenten auf, die er tagsüber verabreicht hat.

Die Zeit ist knapp

Bevor wir weiterfahren, beantwortet Peter noch Fragen der Besitzer zum Impfschema. Als wir im Auto sitzen, ein kurzer Blick auf die Uhr. Wir müssen uns ein bisschen beeilen. „Die Uhrzeiten sind nie 100 Prozent planbar bei der Arbeit mit Tieren“ , sagt Peter. “Manche Pferde haben Angst oder schlechte Erfahrungen gemacht, da muss ich mir dann etwas mehr Zeit nehmen.“

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Dr. Peter Heer erklärt der Pferdebesitzerin das ausführlich das Ultraschall-Bild ihres Pferdes
Dem Gaul ins Maul schauen

Der nächste Termin ist eine Zahnbehandlung bei einer braunen Stute. Durch die heutige Fütterung reiben Pferde ihre Zähne nicht mehr gleichmäßig ab. Dadurch können scharfe Kanten an den Zähnen entstehen, die schmerzhafte Entzündungen und Schnitte im Zahnfleisch verursachen.

Für die Zahnbehandlung wird das Pferd sediert, also mit Medikamenten ruhig gestellt. Ein sogenanntes Maulgatter hält das Pferdemaul offen, damit der Tierarzt einen übersichtlichen Blick ins Innere des Pferdemauls hat und gut arbeiten kann. Es sieht vielleicht etwas brutal aus, ist für das Pferd aber gut auszuhalten.

Mit einem Maulgatter hält der Tierarzt das Pferdemaul offen für die Zahnbehandlung. Was brutal aussieht, ist für das Pferd gut aushaltbar. von privat
Mit einem Maulgatter hält der Tierarzt das Pferdemaul offen für die Zahnbehandlung. Was brutal aussieht, ist für das Pferd gut aushaltbar. © privat

Mit einer großen Maschine schleift Peter die Pferdezähne in Form. „Jetzt kann die Stute wieder ohne Schmerzen fressen“, freut er sich.

Während wir zum nächsten Patienten fahren, nutze ich die Gelegenheit, etwas mehr über den Beruf des Pferdetierarztes zu erfahren. Was für viele Pferdefreunde wie ein romantischer Traumberuf aussieht, ist harte Arbeit.

Peters Arbeitstage haben oft elf Stunden und mehr, jede vierte Woche hat er Notdienst. Die Pferdeklinik ist 356 Tage im Jahr rund um die Uhr erreichbar.

Die Arbeit mit den großen starken Tieren ist auch oft körperlich anstrengend. von privat
Die Arbeit mit den großen starken Tieren ist auch oft körperlich anstrengend. © privat

Die Arbeit mit so starken und schweren Tieren ist ist oft auch körperlich anstrengend. Dafür muss ein Tierarzt fit sein, was nicht immer einfach ist, wenn man den ganzen Tag im Auto sitzt. Circa 100 bis 170 Kilometer fährt Peter am Tag. „Ich mache den Job immer noch gerne. Ich komme viel herum, bin viel draußen, arbeite direkt am Tier und kann helfen. Ich mag die Abwechslung in dem Job.“

Bis Peter vor 17 Jahren approbierter Tierarzt wurde, hatte er eine lange und intensive Ausbildung hinter sich. Das Studium dauert elf Semester und beinhaltet unter anderem mehrere Praktika.

Die Ausbildung zum Pferdetierarzt ist lang und intensiv. von privat
Die Ausbildung zum Pferdetierarzt ist lang und intensiv. © privat

Zusätzlich hat Peter noch promoviert und eine vierjährige Weiterbildung zum Fachtierarzt für Pferde absolviert. Im vergangenen Jahr hat er außerdem noch eine Ausbildung zum Chiropraktiker für Pferde abgeschlossen.

Der ganz normale, schöne Wahnsinn

Für mich ist der Tag als Pferdetierarzt nun vorbei. Peter setzt mich auf dem Weg zum nächsten Termin wieder Zuhause ab. Für ihn ist der Tag noch lange nicht zu Ende. Macht er auch mal Mittagspause? „Ja, auf der Fahrt zwischen den Terminen.“

Er kramt seine „Butterdose“ hervor und isst seine Stullen, ein bisschen Obst und Gemüse. Vielleicht verläuft der Rest des Tages nach Plan. Doch so richtig weiß er nie, was ihn noch erwartet. Planänderungen und Unvorhergesehenes gehören zu dem Job als Pferdetierarzt dazu. Das ist in einem Beruf mit Tieren der ganz normale, aber schöne, Wahnsinn.


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