Demos vor Krankenhäusern


  • Kreis Olpe, 24.06.2015
  • Von Matthias Clever
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    Matthias Clever

    Redaktion

Michael Wosnitza, Mitarbeitervertreter des St. Martinus Hospitals, hielt eine Rede. von s: Matthias Clever
Michael Wosnitza, Mitarbeitervertreter des St. Martinus Hospitals, hielt eine Rede. © s: Matthias Clever

Der Druck ist groß, der Verdienst gering: Bundesweit standen am Mittwoch, 24. Juni, 162.000 Krankenhausbeschäftigte vor den Toren ihrer Kliniken. So viele Beschäftigte fehlen laut Verdi in den rund 2000 deutschen Krankenhäusern. Daran krankt nach Ansicht der Angestellten des St. Martinus Hospitals Olpe sowie der Helios Klinik Attendorn das Gesundheitssystem – daher beteiligten sie sich an der lautstarken Aktion.


74.269. Eine Nummer. Eine von 167, die die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger vor dem St. Martinus Hospital Olpe hochhalten. Symbolisch stehen die Zahlen für das fehlende Personal. Deutschlandweit werden 162.000 Schilder mit Nummern hochgehalten. Von Flensburg bis Oberammergau sind die Nummern von 1 bis 162.000 zugewiesen worden, die dem durchschnittlichen Personalbedarf der Klinik gemessen an Vollkraftstellen aller Krankenhäuser entspricht. Von den 162.000 Stellen entfallen rund 70.000 auf die Pflege.
„Permanente Überlastung der Beschäftigten“
Mit Reden, Trillerpfeifen und einem gemeinsamen Lied „Zehn kleine Pflegerlein“ – verschaffen sich die Krankenhausbeschäftigten Gehör. Ziel der Aktion ist es, der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, die am Mittwoch, 24. Juni, in Bad Dürkheim tagt, vor Augen zu führen, was wirklich notwendig wäre um eine gute Versorgungsqualität sicherzustellen. „Der Faktor Menschen gerät in unseren deutschen Krankenhäusern zunehmend in den Hintergrund, hierzu zählt auch der Mensch Mitarbeiter“, sagt Michael Wosnitza, Mitarbeitervertreter des St. Martinus Hospitals.
Nach einem Appell an die Politik, den er in einen Forderungskatalog vorlas (siehe Info-Box) nutzt Geschäftsführer Wolfgang Nolte die Gelegenheit und richtet einige Worte an die Angestellten. Es müsse gemeinsam Dampf gegen die Krankenhausreform gemacht werden. „Es soll uns viel Geld entzogen werden“, betont Nolte. So solle der Versorgungszuschlag gestrichen werden. „Uns fehlen damit auf einen Schlag 500.000 Euro pro Jahr. Die werden ersatzlos gestrichen – das ist Geld für mindestens zehn Stellen“, sagt Wolfgang Nolte.
„Nur die permanente Überlastung der Beschäftigten verhindert, dass die Versorgung zusammenbricht. Ständig wird gegen Arbeitsschutzgesetze verstoßen. Es wird über zehn Stunden gearbeitet, Pausen können nicht gemacht werden, an freien Tagen wird eingesprungen damit der Betrieb nicht zusammenbricht“, sagt Jürgen Weiskirch, Verdi-Bezirksgeschäftsführer für den Bereich Siegen-Olpe.
„Der Pflegenotstand ist längst da“
Überall gebe es nur noch Notbesetzungen, Zeit für die Patienten bleibe häufig nicht. Die Arbeit kann nicht bewältigt werden. Im Ergebnis für die Patientenversorgung bedeute diese, dass Hygienevorschriften nicht eingehalten werden könnten. Weiskirch: „Der Pflegenotstand ist längst da. Die Not ist so groß wie die Anzahl der Demonstranten.“
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Demos vor Krankenhäusern
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung gehe weit am Ziel vorbei. Was das Gesetz an Verbesserung für die Pflege vorsehe sei schon unzureichend, für andere Berufsgruppen sei gar nichts vorgesehen. Im Gesetzentwurf ist laut Verdi „permanent von Qualität die Rede, Qualitätskriterien, Qualitätskontrolle, transparente Qualität für die Patienten, Zu- und Abschläge für gute beziehungsweise schlechte Qualität, Qualitätsverträge zwischen Kliniken und Krankenversicherungen sollen eingeführt werden“. Das zum Erreichen einer guten Versorgungsqualität eine ausreichende Menge an Personal vorhanden sein müsse, werde nirgends thematisiert. Was fehlt sei eine verbindliche gesetzliche Regelung zur Personalausstattung der Krankenhäuser und deren Finanzierung.
Verdi fordert den Bundesrat zur Ablehnung auf
Verdi fordert den Bundesrat auf, den Gesetzentwurf der Bundesregierung abzulehnen und auf eine gesetzliche Regelung zu drängen, die den Interessen der Patienten und denen der Beschäftigten Rechnung trägt.
Die Forderungen von Verdi:
• Eine gesetzliche Personalbemessung. • Keine weitere Personalverknappung. Die Einnahmen der Krankenhäuser für Personal müssen auch beim Personal ankommen. • Die Expertenkommisson für die Entwicklung einer bedarfsgerechten Personalbemessung muss sofort eingesetzt werden. Ihr Auftrag muss über die Pflege hinausgehen und alle Berufsgruppen erfassen. • Gesetzliche Pausen und Vorschriften zum Gesundheitsschutz sind einzuhalten. • Schichten nachts, an Wochenenden und Feiertagen sind mit mindestens zwei Pflegefachpersonen zu besetzen. In Bereichen mit mehr als 30 Patienten werden entsprechend mehr gebraucht. • Intensivstationen müssen nach den Standards der Fachgesellschaften berichten. • Krankenhäuser müssen kontinuierlich über ihre Personalausstattung berichten. • Die Länder müssen wieder für eine ausreichende Investitionsförderung sorgen.
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