Das PSU-Team: Helfer für den Umgang mit seelischem Ballast nach Feuerwehreinsätzen

Psychosoziale Unterstützung im Kreis Olpe


  • Kreis Olpe, 18.11.2017
  • Von Barbara Sander-Graetz
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    Barbara Sander-Graetz

    Redaktion

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 von Nils Dinkel
© Nils Dinkel

Kreis Olpe. Ihr Einsatz beginnt nach dem Einsatz. Wenn die Helfer selbst Hilfe brauchen, dann sind sie gefragt: die Mitglieder der Psychosozialen Unterstützung (PSU) für Einsatzkräfte der Feuerwehr. Sie sprechen mit Brandbekämpfern über psychische Belastungen und helfen ihnen, mit diesem seelischen Ballast umzugehen.


Die Feuerwehr im Kreis Olpe ist mit ehrenamtlichen Helfern besetzt. Von einer auf die andere Minute können sie aus ihrem normalen Alltag herausgerissen und zu einem Einsatz beordert werden. Sie retten dann womöglich Schwerverletzte aus Trümmern, bringen unter Zeitdruck Opfer in Sicherheit oder bergen sogar Tote. Im Einsatz sehen Feuerwehrleute unter Umständen auch mit an, wie ihnen nahestehende Personen zu Schaden kommen. Manche Einsätze hinterlassen Spuren auf der Seele. Diese Erinnerungen müssen verarbeitet, müssen bewältigt werden. Die PSU hilft den Einsatzkräften deshalb dabei, belastende Eindrücke zu verarbeiten.
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Christin Schmidt und Tobias Schrottke sind zwei Helfer, die diese Aufgabe im Kreis Olpe übernommen haben. Schmidt ist vor einigen Jahren „als Quereinsteiger“ in die Löschgruppe Listerscheid eingetreten. „Mein Mann ist dort aktiv, und so bot es sich an, ebenfalls mitzumachen.“ Irgendwann kam sie mit Markus Heuel ins Gespräch, der sie auf dieses Ausbildungsfeld innerhalb der Wehr aufmerksam machte. Die gelernte Erzieherin, die heute die Stationsleitung der Kinder- und Jugendpsychiatrie Hellersen in Lüdenscheid inne hat, war sich schnell sicher: Das ist ihr Aufgabengebiet.
Neuland im Kreis Olpe
Im Kreis Olpe betrat sie damit Neuland. Aber die 32-Jährige blieb dran, besuchte Lehrgänge im Märkischen Kreis und in Münster und ist heute neben Martin Allebrodt und Manfred Schweitzer eine von drei  PSU-Assistenten im Kreis. Die Teamleitung für den Kreis Olpe liegt allerdings in ihren Händen. Einen Mitstreiter fand sie in Tobias Schrottke aus Ennest. Der 30-Jährige ist Grundschullehrer in Plettenberg und hatte schon vor Jahren die Idee, dass auch Kameraden der Wehr manchmal Hilfe brauchen. Als psychosoziale Fachkraft, bedingt durch sein Theologiestudium, fungiert er als Stellvertreter von Christin Schmidt.
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„Doch wir helfen nicht nur den Kameraden nach ihrem Einsatz, wir schulen auch weitere Feuermänner und Frauen, um so multiprofessionelle Teams aus besonders geschulten Einsatzkräften zu bekommen“, erklären die beiden. Ein Lehrgang ist abgeschlossen, und elf weitere PSU-Helfer sind seitdem im Einsatz. „Im kommenden Jahr wird es einen neuen Kurs geben“, so Christin Schmidt, „erste Anmeldungen liegen schon vor.“ Über 25 Jahre sollten die Feuerwehrmänner und Frauen sein, schon einige Jahre in der Wehr aktiv und natürlich emphatisch sein – und auch ihre eigenen Stärken und Grenzen kennen.
„Gemeinschaft ist wichtig“
Doch wie genau sieht ihre Aufgabe aus? „Wir werden über die Leitstelle vom Einsatzleiter informiert, wenn wir benötigt werden. Oftmals kommen wir nicht direkt an den Einsatzort, sondern im Anschluss ins Feuerwehrgerätehaus. Hier ist unsere Arbeit ganz unterschiedlich. Auf verschiedenen Wegen versuchen wir, den Kameraden bei der Bewältigung des Erlebten zu helfen“, erklärt Schmidt. „Gemeinschaft ist wichtig. Dazu gehört auch das Zusammensitzen nach Einsätzen, um einfach noch mal über alles zu reden. Das Reden können Einzelgespräche sein oder auch ein Gespräch in der Gruppe. Manchmal schweigen wir auch nur zusammen und sind einfach da.“

Die beiden können auf ein gut verzahntes Netzwerk zurückgreifen und vielfältige Hilfe anbieten. Kameradinnen und Kameraden wenden sich ebenfalls an PSU-Kräfte, wenn sie weitere Probleme im dienstlichen, privaten, gesundheitlichen oder sozialen Kontext haben. Hier wird häufig das bereits aufgebaute Vertrauensverhältnis genutzt, um weiterführende Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Wir erkennen aber auch, wann unsere Hilfe nicht mehr ausreicht und professionelle psychotherapeutische Unterstützung notwendig ist. Auch da hilft unser Netzwerk“, so Schmidt.
Skepsis hält nur kurz an
Anfangs seien sie oft skeptisch betrachtet worden, wenn sie in den Gerätehäusern nach einem Einsatz anzutreffen waren. „Früher waren Feuerwehrmänner ,starke Kerle’, die keine Schwäche zu zeigen hatten. Gerade ältere Kameraden haben daher eine eigene Strategie entwickelt, mit dem Erlebten umzugehen. Daran rütteln wir auch nicht. Aber sie begrüßen es, dass wir heute da sind und unserer Hilfe anbietet“, erklärt Schmidt.
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Schnell hätten die Löschgruppen gemerkt, wie gut und nützlich das PSU-Hilfsangebot ist. Kritische Stimmen seien schnell verstummt. „Man ist nicht nur Feuerwehrmann, wenn man als Atemschutzträger einen Brand löscht“, weiß Tobias Schrottke. „Außerdem ist ein Einsatz erst dann zu Ende, wenn die Kräfte wieder fähig sind, ihrer Alltagsarbeit nachzukommen.“

Noch ist der Aufbau der PSU-Teams im Kreis am Anfang, aber auf einem guten Weg. „Wir erfahren viel Unterstützung, besonders auch auf der Ebene des Kreisbrandmeisters. Aber auch bei unserem PSU-Team wollen wir uns bedanken, die mit viel Engagement den weiteren Aufbau vorantreiben und uns unterstützen.“ Der Wunsch für die Zukunft? „Es wäre toll, wenn wir irgendwann einmal in jeder Löschgruppe einen PSU-Assistenten hätten“, sagt Schmidt.
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