„Brexit erhöht Unsicherheit"

IHK-Konjunkturumfrage: Leicht nachlassende wirtschaftliche Dynamik


Felix G. Hensel, Präsident der IHK Siegen.
Felix G. Hensel, Präsident der IHK Siegen.

„Über alle Unternehmen hinweg werden sowohl die aktuelle Geschäftslage also auch die Erwartungen für die kommenden Monate ungünstiger eingestuft als zu Jahresbeginn. Der Konjunkturklimaindex fällt von 117 auf 112 Punkte. Das ist zwar keine Katastrophe. Auch vollzieht sich der Rückgang von hohem Niveau aus. Dennoch fühlt sich eine beschwingte Konjunktur anders an.“ Mit diesen Worten fasste IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der Siegener Kammer zusammen, an der sich rund 250 Unter-nehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen beteiligt hatten.


Dabei verfestigen sich die gespaltenen Einschätzungen der wirtschaftlichen Lage zusehends. Den Unternehmen in Olpe und Wittgenstein gehe es verhältnismäßig gut, insbesondere die Industrieunternehmen im Kernraum des Siegerlandes sähen sich derzeit jedoch erheblichen Turbulenzen ausgesetzt, ergänzte IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Überkapazitäten auf den Stahlmärkten, die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten, ein nach wie vor zu niedriger Ölpreis, Fachkräfte-Engpässe und die Digitalisierung. An Herausforderungen mangelt es der heimischen Wirtschaft derzeit wahrlich nicht. Und jetzt auch noch der Brexit. Da macht ein leichter Tritt auf die Euphoriebremse durchaus Sinn.“ Über alle Branchen hinweg erwartet die IHK zwar in den kommenden Monaten nach wie vor eine robuste wirtschaftliche Lage. Dabei sei jedoch zu beachten, dass sich die rückläufigen Erwartungen im Kreis Olpe auf deutlich höherem Niveau vollzögen als in Siegen-Wittgenstein. Im industriellen Kernraum des Siegerlandes rechne man kurzfristig nicht mit einer durchgreifenden Verbesserung, sondern gehe bestenfalls von einer „Seitwärtsbewegung“ aus, so Gräbener.
33 Prozent der Unternehmen sprechen von guter Lage
Knapp ein Drittel aller Unternehmen geben derzeit eine gute Lage an, vor einem halben Jahr waren es noch 38 Prozent. 13 Prozent schätzen ihre Situation als schlecht ein. Fast ein Fünftel der Betriebe erwartet künftig Steigerungen. Anfang des Jahres sagten das 26 Prozent. 14 Prozent blicken skeptisch nach vorne. In der Industrie werden zwar insgesamt passable Auslastungen registriert, aber nicht überall. Unter dem Strich ließen die regionalen Industrieumsätze zu wünschen übrig. Das gilt insbesondere für den Siegener Kernraum mit seinen Schwergewichten nahe an Eisen und Stahl, so Felix G. Hensel: „Die Industrieumsätze in Olpe bewegen sich ziemlich exakt auf Vorjahresniveau, in Siegen-Wittgenstein sind sie in den ersten vier Monaten des Jahres 2016 um 9,3 Prozent gefallen. Dies bietet wahrlich keinen Grund zum Jubeln. Das spüren auch die produktionsnahen Großhändler in der Region. Besser sieht es jedoch beim Bau, im Einzelhandel und bei den Dienstleistungen aus.“ Positive Konjunkturimpulse gehen derzeit eher vom Konsum und der Binnennachfrage aus als vom Export. Nach wie vor niedrige Öl- und Benzinpreise, die Preisstabilität sowie die historisch niedrigen Zinsen wirkten zudem stimulierend. Sorgen bereiteten den Firmen nach wie vor die geopolitischen Krisen und die insgesamt schwächelnde Weltwirtschaft. Die Brexit-Entscheidung intensiviere die gegebenen Unsicherheiten noch. Klaus Gräbener: „Gefragt nach den Auslandsregionen mit fallenden Exporttendenzen, nennen 64 Prozent der Betriebe vor allem Russland und Ukraine, gefolgt vom nahen Osten mit 32 Prozent. Das für viele unserer Industriebetriebe wichtige Russlandgeschäft ist durch die politi-schen Spannungen, die dortige Rezession und den schwachen Rubel in diesem Jahr weiter eingebrochen.“
Differenzierte Beurteilung für China
Differenzierter sei die Situation auf den chinesischen Märkten zu beurteilen, betont IHK-Referatsleiter Stephan Jäger: „Die Hälfte der nach China exportierenden Firmen wuchs dort zwar in den vergangenen Jahren, aber mehr als ein Viertel meldet auch Einbußen.“ Im Saldo positiver wird der zurückliegende Export in die EU und nach Nordamerika eingeschätzt. Hier erhoffen sich die Betriebe auch künftig gute Exportchancen. Im geringeren Maße gilt das ebenso für den Iran. (LP)
Artikel teilen: