B 55: Talbrücke Öhringhausen erfolgreich gesprengt

Zwischen Drolshagen und Olpe


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Die Talbrücke ist am Samstagmorgen erfolgreich gesprengt worden. Vertreter der Bauunternehmen, Rettungskräfte, Medien und viele Zuschauer verfolgten dieses Spektakel. von Michael Gehrig 
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Die Talbrücke ist am Samstagmorgen erfolgreich gesprengt worden. Vertreter der Bauunternehmen, Rettungskräfte, Medien und viele Zuschauer verfolgten dieses Spektakel. © Michael Gehrig Video: Thomas Fiebiger Galerie: Nils Dinkel

Drolshagen/ Olpe. Die Tage der Talbrücke Öhringhausen an der B 55 sind gezählt. Sie ist am Samstagmorgen, 28. April, unter dem Anblick zahlreicher Zuschauer, gesprengt worden. Für Abriss und Neubau ist im Auftrag von Straßen.NRW eine Arbeitsgemeinschaft um die Baufirmen Straßen- und Tiefbau (Kirchhundem) Mees (Altenhundem) und Sprengmeister Michael Schneider der Firma Liesegang aus Hürth-Knapsack zuständig. Aus dem Gewerbegebiet Hüppcherhammer hatten Interessierte beste Sicht auf den spektakulären Abriss und die letzten Sekunden der Talbrücke.


Im Umkreis von 250 Metern um die Brücke herum ist alles gesperrt. In dieser Sperrzone darf sich niemand mehr aufhalten. Fliegende Betonteile und etwaige Fehler sind hier bereits einkalkuliert. „Doch heute soll alles glatt gehen“, erhoffen sich die Beteiligten. Auch die an der Sprengung beteiligten Personen halten diesen Mindestabstand ein. So hat beispielsweise Sprengmeister Michael Schneider unweit der Zuschauer im Gewerbegebiet Hüppcherhamme das Sprengobjekt gut im Blick. 400 Meter von der Brücke entfernt ist beste Sicht auf das versprochene Spektakel. Drei Monate ingenieurtechnische und drei Wochen praktische Vorarbeit sollen nun gekrönt werden. Kurz vor 9 Uhr. Langsam kommt Hektik auf. Es wird ernst.
 von Nils Dinkel
© Nils Dinkel
Im Vorfeld hatte das Unternehmen Liesegang die Bohrungen geplant, die Bohrraster angezeichnet, die Errechnungen auf die Brücke übertragen und dann letztendlich die Bohrungen durchgeführt. Exakt 264 „Dynamit“-Stangen sollen die Konstruktion zu Boden bringen. Das sind 82 Kilogramm Sprengstoff. Michael Schneider: „Für eine Bauwerkssprengung ist das schon eine stattliche Zahl. Im Steinbruch wird beispielsweise mit Tonnen gerechnet. Da sind solche Mengen Peanuts!“
Drei Sprengsignale
Drei Sprengsignale läuten das Ende einer Ära ein. Hunderte Besucher, Polizei, Feuerwehr, Ordnungsamt, Rettungsdienst und Vertreter der Baufirmen richten ihre Blicke in Richtung der Talbrücke Öhringhausen. Es ist 8.45 Uhr: Ein langer Fanfarenstoß erklingt und bildet die offizielle Einleitung zur Sprengung. Er bedeutet, die Absperrung herzustellen bzw. noch einmal zu überprüfen. Dann um 8.58 Uhr folgen zwei kurze Fanfarenstöße, die signalisieren „Achtung, es wird gezündet“.
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Es wird Ernst. Ein Countdown von drei bis null – Sprengmeister Michael Schneider betätigt den Knopf – wird hinuntergezählt. Die Brücke fällt wie ein Kartenhaus zusammen. Es wird laut und gleichzeitig jede Menge Staub aufgewirbelt. Nach erster Kontrolle ist es soweit: Es erklingen drei kurze Fanfarenstöße: Die Sprengung ist beendet. Die Brücke ist ordentlich abgestürzt.
Enorme Kräfte wirken
Abgesehen von allerhöchster Sicherheit hat heute der Spannungsfaktor höchste Priorität bei Sprengmeister Michael Schneider. „Wenn der Sprengstoff den Beton zerreißt, bekommt der Beton eine enorme Energie. Das heißt, dass die zerrissenen Teile recht weit fliegen können. Um dies zu verhindern, haben wir die Sprengstellen mit Maschendraht und Vlies umwickelt“, erklärt der Experte.

Wöchentlich hat Schneider zwei bis drei Sprengungen, die jedoch meist völlig unspektakulär seien. Gebäude- und gerade Brückensprengungen seien jedoch immer etwas Besonderes. „Da gibt’s gar keine Frage. Das Problem ist nicht nur das Sprengobjekt. Es ist sehr medienwirksam und es herrscht daher eine hohe Erwartungshaltung. Hier muss alles 100 Prozent klappen. Wir wollen ja auch nicht mit Negativschlagzeilen punkten“, sagt Schneider.
6000 Tonnen zerfallen wie ein Kartenhaus
Eine wahrhaftig spektakuläre und synchrone Zündung bringt das 6000 Tonnen schwere Konstrukt mit seinen zwölf Stützen zu Boden. Die Zuschauer zeigen sich von diesem einmaligen Bildern begeistert. Die Detonation selbst läuft binnen einer halben Sekunde ab. Dann sackt die Brücke in sich zusammen und kommt auf ihrem Grundriss zum Erliegen. Das 130 Meter lange Bauwerk ist Geschichte!

Enorme Vorarbeiten waren für diesen Abriss notwendig. Erdwälle sollten die Wucht des Aufpralls lindern. Mit dem Abriss der Brücke beginnen erst die Kernarbeiten des Mammut-Projekts: Die Brücke muss Stück für Stück abgetragen werden, ehe ein neues Konstrukt erbaut wird. Das auf 6,5 Millionen Euro bezifferte Bauprojekt sorgt für eine zweijährige Vollsperrung mit großräumiger Umleitung.
Neueste Technik
„Deutschland ist eng bebaut. Nur 50 Meter neben der Brücke befindet sich Betonwerk, dem nichts passieren darf. Das müssen wir bewerkstelligen“, erklärt Schneider. Und weiter: „Es kommt nie Routine auf, jede Sprengung ist anders. Routine ist das letzte, was wir gebrauchen können.“ Bei der Brückensprengung der Talbrücke Öhringhausen kommt der neueste Stand der Technik zum Einsatz, sagt der Sprengmeister. „Wir sparen an nichts. Angefangen von der Zeit, über Mitarbeiter bis technischen Raffinessen mit Zündtechniken, Sprengtechniken und so weiter. Wir tun wirklich alles, dass die Sprengung ein Erfolg wird.“ Dies schien auf den ersten Blick durchaus gelungen zu sein.
 von Michael Gehrig
© Michael Gehrig
Technisch gesehen, so Sprengmeister Schneider, hätte die Brücke auch mit Baggern abgerissen werden können. Physikalisch in Höhen der Talbrücke Öhringhausen von 25 bis 28 Metern, gestalte sich dies als schwierig. Daher habe man sich für eine Sprengung entschieden. Nach erfolgreicher Beendigung gab es seitens der Zuschauer einen kleinen Applaus.
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