Auf das, was da noch kommt

LP-Glosse


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 von Grafik: Sarah Menn
© Grafik: Sarah Menn


Wie lange musst du noch? Als Mittfünfzigerin nur ab und zu danach gefragt, steigert sich die Schlagzahl dieser Frage im Kollegenkreis im Jahresrhythmus. Ab 60 wird sie, neben dem Wetter, sogar zum häufigsten Einstieg beim Smalltalk.

Dann zuzugeben, dass man es noch nicht weiß, ist oft der Startschuss für Geschichten, die man gar nicht hören mag. Kennt nicht jeder einen Onkel Erwin, der im Ruhestand depressiv wurde?  Und kennt nicht jeder einen Ex-Kollegen, der nach dem Renteneintritt plötzlich schlimme körperliche Gebrechen hatte? Als Krönung folgt häufig die perfide Frage: „Freust du dich?“

In den letzten Arbeitswochen beschlich mich manchmal die diffuse Sorge, ob ich zu arglos, zu naiv war, um zu sehen, was sich wirklich hinter dem Vorhang „Ruhestand“ befand. Sollte der Renteneintritt einen noch unbekannten Haken haben?

Allen Zweiflern zum Trotz entschied ich mich, eine große Party am Tag meiner Verrentung zu feiern. Wie oft mein Sohn an diesem Abend den Song „Auf das, was da noch kommt“ auflegte? Oft! Und wie glücklich machten mich die jungen, leicht angeschickerten Kollegen, die mir zu später Stunde gestanden, ich sei oft ein wichtiger Ratgeber für sie gewesen.

Nur schade, dass ich die vielen Rentnerkalender nicht aufhängen kann. Denn ich nutze digitale und erlebe ich seitdem: „Dem Glücklichen (Rentner) schlägt keine Stunde“. Zuhause versauern kommt auch nicht infrage. Als „Freie“ bei LokalPlus kann ich das Nichtstun wunderbar mit vielen interessanten Begegnungen verbinden. „Auf das, was da noch kommt!“

Sigrid Mynar
Info
„Mal eben“ ist eine neue Rubrik bei LokalPlus. Dabei greift das LP-Redaktionsteam an jedem Samstag mit einem Augenzwinkern lustige, kuriose oder nachdenkliche Geschehnisse auf.
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