Appell für Erhalt des Lehrbienenstands

Kreistagsfraktion der Grünen schreibt offenen Brief an Grundstücksbesitzer


 von Barbara Sander-Graetz
© Barbara Sander-Graetz

Der Imkerverein und die Stadt Lennestadt haben am Mittwoch, 7. September, auf Nachfrage erklärt, dass der Lehrbienenstand an der Vogelwarte in Altenhundem im Herbst geräumt wird. Es gibt zwei Alternativen für einen neuen Standort im Stadtgebiet; eine davon hat der Imkerverein ins Auge gefasst. Ob das angedachte Areal für die Bienenzucht geeignet und das Vorhaben realisierbar ist, soll in den kommenden Wochen geprüft werden (LokalPlus berichtete). Jetzt meldet sich die Kreistagsfraktion von Bündnis ´90/Die Grünen zu Wort mit einem offenen Leserbrief an die Besitzer des Bebauungsgebiets an der Vogelwarte.


„Sehr geehrte Herren Prein und Behle, es wird Zeit, endlich Klartext zu reden. Sie werden nach heutigem Wissensstand niemals die Genehmigung erhalten, die jetzt als Ausgleichsfläche für die bisherigen Baumaßnahmen im Bebauungsgebiet Vogelwarte vorgesehenen Flächen zu bebauen. Und zwar aus einem sehr einfachen Grund: Die in Rede stehenden Flächen befinden sich am Südhang des Tales. Die besondere naturräumliche Ausstattung ist so vielfältig, dass eine Bebauung aus Naturschutzgründen ausscheidet. So sind auf dieser Fläche u.a. Haselmäuse, Waldkäuze, diverse Fledermausarten, Dunkers Quellschnecke und die Schlingnatter sicher nachgewiesen worden – bei diesen Arten handelt es sich ausnahmslos um Rote-Liste-Arten. Wir haben mit diesem Biotop in unmittelbarer Stadtnähe ein unglaublich wertvolles Stück Natur. Es wäre eine Sünde, wenn es zugebaut würde. Die Flächen wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts als Modellflächen für Garten- und Obstbau und insbesondere die Imkerei im Sauerland ausgewählt. Schon damals haben die Planer erkannt, dass es sich hierbei um besonders wertvolle Flächen handelt, auf denen man modellhaft eine entsprechende Entwicklung darstellen konnte und kann.
„Kristallisationspunkt der Umweltbildung und Naturschutzforschung“
Die Vogelwarte ist nicht nur für die Naturschutzgeschichte des Kreises Olpe, sondern des gesamten Landes NRW von Bedeutung, zum einen als ehemalige Vogelschutzwarte und damit Kristallisationspunkt der Umweltbildung und Naturschutzforschung, zum anderen durch die Lage im einzigen Landschaftsschutzgebiet des Kreises Olpe, das bereits 1938, als „Landschaftsschutzgebiet Umgebung der Vogelwarte Altenhundem“ ausgewiesen wurde. Bedenkt man, dass das erste deutsche Naturschutzgesetz (Reichsnaturschutzgesetz) erst drei Jahre zuvor erlassen wurde, wird klar, dass es sich zudem um eines der ältesten Landschaftsschutzgebiete deutschlandweit handelt. Aber ganz unabhängig von diesen naturschutzgeschichtlichen Gründen kann der Wert des Geländes für die Daseinsvorsorge nicht hoch genug eingeschätzt werden. Diese Vorsorge darf sich nicht nur auf potentielles Bauland für Wenige beziehen, sondern muss die Erhaltung wohnungsnaher, landschaftsästhetisch hochwertiger und identitätsstiftender Freiräume für Alle im Blick behalten. Perspektivisch könnte die Vogelwarte mit dem Lehrbienenstand als Portal der Stadt Lennestadt zum neuen Naturpark Sauerland-Rothaargebirge dienen.
„Historisches Vermächtnis und Kleinod der Natur“
Wir begreifen nicht, dass Sie durch Ihr Verhalten ein historisches Vermächtnis und Kleinod der Natur zerstören wollen. Wir können uns aber auch nicht vorstellen, dass Sie besonders stolz darauf sein können, diesen Biotop für ein paar wenige Häuser vernichtet zu haben. Sehr geehrte Herren Prein und Behle, Sie haben sich durch die Erschließung der unterliegenden Flächen bereits jetzt mehr als eine goldene Nase verdient. Das ist aber nicht zu kritisieren. Dafür sind Sie ja Unternehmer. Aber: Ihre beiden Betriebe existieren, weil sie direkt oder indirekt vom Landschaftsverbrauch leben. Andere Unternehmen haben längst erkannt, dass sie ihren ökologischen Fußabdruck ausgleichen müssen. Dies kann dadurch geschehen, dass Sie besonders wertvolle Flächen aufwerten und dauerhaft für die Natur sichern. Jetzt ist es an der Zeit der Gesellschaft ein Stück Natur zurück zu geben. Wir machen Ihnen deshalb einen vielleicht aus Ihrer Sicht dreisten, aber besonders nachhaltigen Vorschlag, der auch hervorragend zu Ihren Unternehmen passt: Renovieren Sie das Bienenhaus, verlegen Sie eine neue Wasserleitung, machen Sie den Lehrbienenstand energetisch fit für die nächsten Jahre, ersetzen Sie das löchrige Dach durch ein neues, gedämmtes und dichtes und schenken Sie diese Fläche mitsamt der aufstehenden Gebäude dem Imkerverein mit einer entsprechenden Zweckbindung. Sie würden sich und ihren Firmen damit ein positives, dauerhaftes Denkmal setzen. Sie bewahren eine ökologisch unglaublich wertvolle Fläche vor der Bebauung. Sie helfen dem Imkerverein damit existenziell, seine jahrzehntelange hervorragende ehrenamtliche Naturschutzarbeit fortzuführen. Sie bieten damit letztendlich die Möglichkeit, dass die Stadt Lennestadt dort einen ihrer Schätze, nämlich eine überregional bekannte Umweltbildungseinrichtung, behalten kann. Das würde auch dem Image der Stadt mehr als gut tun.“ Mit freundlichem Gruß Fred Josef Hansen für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag Olpe
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