Ankommen ist das Ziel: Zwischen Aufmerksamkeit und Adrenalin

Verkehrssicherheits-Training „Komm zurück“ mit LP-Praktikantin Jana


  • Kreis Olpe, 06.09.2023
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  • Von Jana Leowald
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LP-Praktikantin Jana Leowald darf auch selber mal eine Runde auf dem Verkehrsübungsplatz auf der Griesemert drehen. von Kerstin Sauer
LP-Praktikantin Jana Leowald darf auch selber mal eine Runde auf dem Verkehrsübungsplatz auf der Griesemert drehen. © Kerstin Sauer

Kreis Olpe/Olpe. „Lieber spät ankommen als nie“ – diese Botschaft soll im Rahmen der Verkehrssicherheitstage jungen Autofahrern vermittelt werden. Im Verkehrssicherheitszentrum auf der Griesemert ist am Dienstag, 5. September, einiges los: Rund 130 junge Menschen von verschiedenen Berufskollegs haben einen der begehrten Plätze für das Präventionstraining „Komm zurück“ ergattert. Eine von ihnen: unsere 18-jährige LokalPlus-Praktikantin Jana Leowald. Was sie erlebt hat? Lest selbst in unserer Reportage – es ging auf jeden Fall ordentlich aufs Gaspedal…


Dienstagmorgen, 8 Uhr. Für mich geht es zur Griesemert, wo mich ein Tag voller Action erwartet, denn ich darf selbst am Präventionstraining teilnehmen. Verschiedene Stationen sind auf dem Gelände aufgebaut: Bremsvergleich, Überschlags- und Gurt-Simulator, Unfallrettung durch Feuerwehr und DRK - und der Parcours.

Start mit Herausforderungen

Genau da startet mein Tag mit einem Adrenalinschub und meinem Highlight des Tages. Auf dem Platz ist ein Parcours aufgebaut, der über trockenes und nasses Terrain führt. Die Aufgabe ist nun, diesen sogenannten „Parcours mit Selbstbestimmung“ möglichst fehlerfrei und schnell zu durchfahren - doch aufgepasst, jeder Fehler kostet Zeit.

Damit nicht genug: Während der ersten Fahrt setzen die Mitfahrer sogenannte „Rausch-Brillen“, die mit verschiedenen Stärken die Wirkung von Alkohol und Drogen simulieren, auf und lenken den Fahrer mit lautem Gejohle ab. Ziemlich rasant und mit quietschenden Reifen brettern die ersten Fahrer durch den Parcours.

Jetzt wird's ernst...

Jetzt bin ich dran. Nervös gehe ich mit drei Mitfahrern zum Auto. Nach einer kurzen Einweisung trete ich aufs Gas. Fahre Slalom durch aufgestellte Hütchen, parke vorwärts ein, dann rückwärts, rase auf nasser Fahrbahn durch den nächsten Slalom – immer abgelenkt durch Anweisungen des Trainers und lautes Gejohle im Auto. Zitternd höre ich am Ende das Ergebnis: 1,28 Minuten und zwei Fehler.

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Die Schüler dürfen selber über den Parcours fahren.

Die zweite Runde darf ich jetzt mit Unterstützung meiner Beifahrer absolvieren. Und was ist? Die Runde verläuft viel entspannter, denn meine Mitfahrer sind jetzt eher eine Hilfe als eine Belastung und ich kann mich viel besser konzentrieren. Nur ein Fehler nach 1,13 Minuten - ein gutes Ergebnis, denke ich zumindest anfangs.

Jedoch zählt jeder noch so kleine Fehler in der Realität als Unfall oder Blechschaden. Wenn man die Ergebnisse meiner Gruppe nach diesem Faktor auswertet, ist nur ein einziger Schüler am Ziel angekommen. Ein Ergebnis, das ganz schön erschreckend ist. Aus diesem Grund betont Polizist Ralf Schnell: „Lieber fünf Minuten später ankommen als gar nicht.“

Von Action zum Nachdenken...

Nach diesem Erlebnis voller Adrenalin wird es an den nächsten Stationen ruhiger – aber nicht weniger aufschlussreich, teilweise schockierend...

Es geht weiter zum Bremsvergleich. Hier stellt Michael Klein, Polizeibeamter und Fahrsicherheits-Trainer, eine Vollbremsung vor. Und zwar bei einer Geschwindigkeit von 30, dann 50 und zuletzt 70 km/h. Doch was 20 km/h mehr für eine Auswirkung auf den Bremsweg haben, ist den Schülern gar nicht bewusst.

Der Bremsvergleich. von Kerstin Sauer
Der Bremsvergleich. © Kerstin Sauer

Wir sollen uns am Rand der Strecke dort platzieren, wo wir denken, dass das Auto zum Stehen kommt. Das Ergebnis: Viele haben gar nicht darüber nachgedacht, dass man erstmal reagieren muss, bevor man bremsen kann – und das Auto rast an uns allen vorbei.

Aber wie lange brauchen wir eigentlich, um zu reagieren? Auch das kann jeder nachher mal selber testen – mein Ergebnis dabei: 0,36 Sekunden, in denen ich bereits fünf Meter zurücklege.

Simulation eines Unfalls

Doch was passiert, wenn es mal richtig knallt? Das zeigen die nächsten beiden Stationen: der Gurt- und der Überschlags-Simulator. Bei Ersterem wird verdeutlicht, welche Kraft bei einer Vollbremsung entsteht und wie viel Druck sich dabei auf die angeschnallten Personen im Auto auswirkt. Der Überschlags-Simulator geht sogar noch weiter und simuliert einen Unfall, bei dem sich das Fahrzeug überschlägt.

Ich setze mich auf die Fahrerseite und der Pkw wird in der Luft auf den Kopf gedreht. Das Blut schießt mir in den Kopf, der Gurt hält mich fest. Oben und unten kann ich kaum noch unterscheiden. Gar nicht so einfach, sich kopfüber aus dem Sitz zu befreien – doch die Tipps der Experten helfen mir.

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Das Auto rast, schneller als erwartet, an uns vorbei.

Um die Unfallrettung von Feuerwehr und DRK geht es bei der letzten Station. Hier dürfen sogar Schüler in die Rolle der Unfallopfer schlüpfen und hautnah miterleben, wie so eine Rettungsaktion abläuft. Im Vordergrund steht dabei auch, was du als Außenstehender bei einem Unfall machen kannst. Wichtig: Du musst nicht unbedingt Erste Hilfe leisten, aber den Rettungsdienst rufen kann jeder!

Damit endet mein Tag bei „Komm zurück“. Es hat mir richtig viel Spaß gemacht – aber ich habe auch ganz viel gelernt. Vor allem, dass schon Kleinigkeiten, Aufmerksamkeit und Vorsicht Katastrophen im Straßenverkehr verhindert können. Eine tolle Aktion.

Kurz und knapp
  • Die Verkehrssicherheitstage finden in diesem Jahr zum achten Mal statt, und zwar von Dienstag bis Freitag, 5. bis 8. September.
  • An vier Tagen sind insgesamt etwa 500 Schüler hiesiger Schulen mit dabei.
  • Insgesamt haben in allen acht Jahren rund 5.000 junge Menschen an „Komm zurück“ teilgenommen.
  • Ziel des Trainings ist es, die Fahranfänger für verantwortungsvolles Verhalten im Straßenverkehr zu sensibilisieren.
  • Kreisdirektor Philipp Scharfenbaum begrüßt die jungen Leute und verweist auf die Unfallrate im Kreis: 115 junge Fahrer waren 2022 in Unfälle verwickelt, ein Viertel der Unfälle wird von Fahrern in dieser Zielgruppe verursacht.
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