Ärztliche Versorgung in Gefahr - Zukunft ist digital und weiblich

Drohender Ärztemangel in Südwestfalen


  • Kreis Olpe, 21.09.2023
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  • Von Sigrid Mynar
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Stefan Spieren, Theo Melcher, Dr. Markus Wenning, Johannes Koch, Sabrina Kühn und Ansgar von Osten (von links) von Sigrid Mynar
Stefan Spieren, Theo Melcher, Dr. Markus Wenning, Johannes Koch, Sabrina Kühn und Ansgar von Osten (von links) © Sigrid Mynar

Olpe/Kreis Olpe. Beim Kolloquium „Zukunft der ärztlichen Versorgung in Südwestfalen“ am Mittwochabend, 20. September, im Saal des Olper Kreishauses wurde deutlich, dass der Ärztemangel im ländlichen Raum schon heute deutlich spürbar ist. Stefan Spieren, Vorsitzender im Ärzteverbund Südwestfalen, hatte Fachleute eingeladen, um sich über die Versorgungssituation und Entlastungsmöglichkeiten auszutauschen.


Fachleute wie Ansgar von Osten von der Kassenärztliche Vereinigung und Dr. Markus Wenning von der Ärztekammer Westfalen-Lippe beschrieben zu Beginn den Status Quo und die Zukunftsaussichten in eher düsteren Statistiken.

Sie machten deutlich, wo dringender Handlungsbedarf bei Ärzten, Politik und Bürgern besteht. Entlastungsbereiche wie Notfalldienst, Telemedizin und das virtuelle Krankenhaus seien auf lange Sicht fester Bestandteil der Regelversorgung und wurden ebenfalls vorgestellt (wir berichten noch).

Hoher Nachwuchsbedarf in den kommenden Jahren

Es sei bereits heute erkennbar, dass in den kommenden fünf bis zehn Jahren ein erhöhter Nachbesetzungsbedarf im hausärztlichen Bereich bestehe. Im August 2023 waren 45 Prozent der niedergelassenen Ärzte in Südwestfalen mindestens 60 Jahre alt, ein Viertel sogar 65 Jahre und elf Prozent 70 Jahre und älter, berichtete Ansgar von Osten.

Der regionale Nachwuchsbedarf sei überproportional hoch und spitze sich noch zu, so die Prognose der Referenten. In der Altersgruppe bis 40 Jahre weise der Anteil aller aktiven Ärzte 51 Deutsche und 56 Angehörige anderer Nationalitäten aus.

Politisches Handeln gefragt

Bei der Ursachenanalyse wurde unter anderem die unzureichende Verfügbarkeit an Studienplätzen und Hürden zur Zulassung genannt. Dies habe NRW-Gesundheitsminister Laumann erkannt und Programme zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung auf den Weg gebracht, berichtete Dr. Markus Wenning.

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Kolloquium Ärztemangel in Südwestfalen

Die Nutzbarmachung des vorhandenen Potentials weiblicher Mediziner könne dazu beitragen, den Ärztemangel zu entschärfen. Allerdings wünschten sich junge Medizinerinnen flexiblere Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit zu Teilzeit, um Beruf und Familie vereinbaren zu können. Ihr Anteil im hiesigen Raum beträgt derzeit 307 gegenüber 536 Männern.

Flexible Arbeitszeiten und Teilzeitmodelle gefragt

Diese Wünsche ließen sich in Einzelpraxen kaum verwirklichen, deren Anteil noch immer sehr hoch sei. Hier seien kooperative Strukturen gefragt, um Nachwuchs zu generieren. Der hohe Zeitaufwand für bürokratische und organisatorische Aufgaben bei Selbstständigkeit schreckten zusätzlich ab.

Südwestfalen möglichst attraktiv für Ärzte und Ärztinnen zu machen sei eine Querschnittsaufgabe, die neben der beruflichen Situation alle Lebensbereiche einer Arztfamilie umfasse. Vernetztes Handeln auf kommunaler Ebene bei Wohnraumbeschaffung und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehörten dazu ebenso wie das frühzeitige Werben bei angehenden Medizinern und ihre Unterstützung auf dem Weg nach Südwestfalen.

Servicestelle beim Kreis Olpe als Vorbild

Bei diesem Thema konnte Landrat Theo Melcher punkten, der in seinem Haus mit Christina Röcher eine „Servicestelle Sicherung der medizinischen Versorgung“ installiert hat. Ihr Aufgabengebiet deckt die genannten Softskills ab und wurde von Anwesenden aus dem Hochsauerlandkreis und Märkischen Kreis als nachahmenswert aufgenommen.

Stefan Spieren brachte es in seinem abschließenden Vortrag auf den Punkt: Die Zukunft der Medizin ist digital, weiblich und wir müssen dem medizinischen Nachwuchs den „roten Teppich“ ausrollen.

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