Abschluss der Feiern zum 200-jährigen Bestehen des Kreises Olpe

Blick auf 2050: Bevölkerungswachstum und Klimawandel immense Herausforderung


Topnews
(von links): Dr. Martin Klein (NRW-Landkreistag), Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Rademacher (Referent), Hettwich vom Himmelsberg (Kabarettistin), Landrat Frank Beckehoff und Ulrich Berghof, Sprecher der Bürgermeister. von Rüdiger Kahlke
(von links): Dr. Martin Klein (NRW-Landkreistag), Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Rademacher (Referent), Hettwich vom Himmelsberg (Kabarettistin), Landrat Frank Beckehoff und Ulrich Berghof, Sprecher der Bürgermeister. © Rüdiger Kahlke

Kreis Olpe. 200 Jahre Kreis Olpe. Zum Ende des Jubiläumsjahres blickte der Kreis nach vorne. Den Part übernahm Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Rademacher. Der Experte für Mathematik und Informatik mit Lehrstuhl für Datenbanken und Künstliche Intelligenz an der Uni Ulm sprach vor geladenen Gästen über „Die Welt im Jahr 2050“.


Sein Szenario war gleichermaßen erschreckend wie beruhigend. Sein Fazit: „Wir sind Weltmeister darin, super Produkte zuverlässig zu liefern. Wenn wir uns diese Fähigkeit erhalten, wird es uns in Deutschlands drittstärkster Industrieregion weiterhin gut gehen.“

Landrat Frank Beckehoff hatte sich eingangs auf Johannes Rau berufen: „Wenn es die Kreise nicht gäbe, müsste man sie erfinden.“ Er beschrieb den Kreis als „großen Dienstleistungsbetrieb für die Bürger“. Trotz des leidigen Themas Kreisumlage sei das Verhältnis zu den Kommunen „von einem guten und engen Miteinander geprägt.“

Der Kreis sei eine innovative und dynamische Wirtschaftsregion mit hohem Wohn- und Freizeitwert. In den 200 Jahren seines Bestehens habe er „die vielfältigsten Stürme überstanden“, sich immer angepasst, den Herausforderungen gestellt, Probleme gelöst. Beckehoff betonte: „Dies wird auch in Zukunft so sein.“
Olpe „wertvollster Diamant“ unter NRW-Kreisen
Die Bedeutung der Kreise und ihre verfassungsrechtlich garantierte Verankerung skizzierte Dr. Martin Klein, Hauptgeschäftsführer des NRW-Landkreistages in seinem Grußwort. Die Kreise seien Garant für gleichwertige Lebensverhältnisse in ihrem Gebiet unter den landesweit 31 Kreisen sei der Kreis Olpe der „wertvollste Diamant“. Obwohl einwohnermäßig der kleinste Kreis, sei er „proportional der wirtschaftsstärkte“ in ganz NRW.

Als Sprecher der Bürgermeister gratulierte Drolshagens Bürgermeister Ulrich Berghof. In einem Beitrag, der mehrfach für Heiterkeit sorgte, zeichnete er die gegenseitigen Abhängigkeiten von Kreis und Kommunen nach. Den Landrat sah er als alleinerziehenden Vater der kommunalen Familie mit sieben selbstbewussten Kindern. Das sei für beide Seiten nicht einfach. Als „erfolgreiche Gemeinschaft, deren Akteure sich gut verstehen, gehen wir gestärkt und noch schlagkräftiger in die Zukunft“, so Berghof.
500 Milliarden Euro für Kampf gegen Klimawandel nötig
Als einen „der gefragtesten Referenten“ zum Thema „Zukunft“ stellte Moderation Marie Ting von der Südwestfalenagentur, Prof. Rademacher vor. Mit Blick auf die Geschichte lobte er die EU als Friedenswerk. Nichts sei dümmer als in Kriegen in einem Tag zu zerstören, was man über 100 Jahre aufgebaut habe, warb er für Zusammenarbeit. Als die Herausforderungen beschrieb der Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler, der auch Mitglied zahlreicher Think Tanks und Beiräte ist, die „Explosion der Weltbevölkerung“ und den Klimawandel.

2050 würden 200 Millionen Menschen auf der Flucht sein, auch getrieben vom Klimawandel. Während auf breiter Front der Ausstieg aus fossilen Energieträgern als Lösung gelte, versuchten die Großmächte, sich fossile Ressourcen zu sichern, um ihre geopolitischen Ziele durchzusetzen. Rademacher: „Die Idee der Dekarbonisierung (Ausstieg aus fossilen Energieträgern, die Red.) ist das Gegenteil von dem, was passiert.“  Am Thema Energie hänge der Wohlstand. Wenn der gefährdet sei, drohten immense Konflikte.
 von Rüdiger Kahlke
© Rüdiger Kahlke
Indien und Afrika mit ihrem hohen Bevölkerungswachstum  brauchten eine ähnliche Entwicklung zu bescheidenem Wohlstand wie China. Dafür fehlten aber die Rezepte. Rademacher: „Die Situation ist alles andere als angenehm.“ Um das Problem zu lösen, sei langer Atem nötig. 500 Milliarden Euro müssen jährlich in den Schwellenländern und Afrika investiert werden, um das Klimaproblem ernsthaft anzugehen. Nötig seien Entschädigungen, erneuerbare Energie für Afrika, Aufforstung der Regenwälder und ausgedehnter Ackerbau in den Randregionen der Wüsten. Wer das Klimaproblem lösen wolle, könne das nicht, „indem er Geld in Deutschland ausgibt.“ Das klang ernüchternd.
Warnung vor Digitalisierungs-Hype
Nüchterner als viele sah er auch den Trend zur Digitalisierung und mahnte: „Wir sind hypeanfällig.“ Hypes seien ein Geschäftsmodell. Besser sei es den gesunden Menschenverstand zu bemühen. Am Beispiel des automatischen Fahrens machte er deutlich, dass die Autos angesichts der komplexen Sicherheitssysteme in der Stadt eher stehen als fahren würden. Grund: viele Radler, die als Sicherheitsrisiko erkannt würden, auf die die Systeme reagieren. Digitalisierung könne allenfalls helfen Probleme zu lösen. „Qualität ist das, was wir können“, riet Rademacher, sich auf vorhandene Fähigkeiten zu stützen. Die Probleme in unserem Leben seien analog. Insofern sei der Kreis gut gerüstet für die nächsten 200 Jahre.

Hettwich vom Himmelsberg warf einen kabarettistischen Blick auf die 33 Jahre bis 2050 und nahm dabei augenzwinkernd Alltagsprobleme ins Visier. Etwa die abgesperrten Baustellen, an denen noch nicht gearbeitet wird. Da dienen die Absperrungen der Vorfreude, dass bald etwas passiert. Aber der Kreis werde auch in 33 Jahren noch schön sein und man werde auch 2050 noch St. Marin für alle feiern, statt eines Lichterfestes.
Bildergalerie starten
Abschluss der Feiern zum 200-jährigen Bestehen des Kreises Olpe
Bernd Klüser und Schulkinder brachten den Gästen in einer Videoeinspielung den Kreis musikalisch näher. Für klangvolle Entspannung zwischen den Wortbeiträgen sorgten die Blechbläser von „Trombe e Tromboni“. Abschließend bot sich beim Imbiss die Gelegenheit, weiter über die Zukunft des Kreises und die Veränderungen bis 2050 zu diskutieren.
Artikel teilen: