Toll inszenierte Märchenreise der Gebrüder Griese im Schrabben Hof

Gebrüder Grimm wiederbelebt


Die Brüder Christian und Daniel Griese erwiesen sich wandlungsfähige, schauspielerisch genial-variable Akteure. von privat
Die Brüder Christian und Daniel Griese erwiesen sich wandlungsfähige, schauspielerisch genial-variable Akteure. © privat

Silberg. Ein Toter wird lebendig und erscheint als Gast auf der Bühne des Schrabben Hofes in Silberg: Wilhelm Grimm höchstpersönlich. So überraschen die Brüder Christian und Daniel Griese gleich zu Beginn der Märchenreise, bieten aber auch im weiteren Verlauf so viel Unerwartetes, dass ihnen die volle Aufmerksamkeit bis zur letzten Minute gewiss ist.


Altbekannte und weniger geläufige Märchen begegnen den Mitreisenden in ganz neuen Gewändern, teils gelesen, teils szenisch dargestellt. Vielerlei Personen, Figuren, Archetypen tauchen dabei auf: vorgestellt von nur zwei extrem wandlungsfähigen, schauspielerisch genial-variablen einfallsreichen Akteuren. Mit Lupenblick spießen sie auch Ungereimtheiten auf.

Die Lesungen bleiben nah am Text, werden aber zu Hör-Spielen: ein Spiel mit Stimmen, Mimik, Gestik, so differenziert, dass die Märchenfiguren lebensnah erscheinen. Der Koffer – Symbol der Reise – enthält erstaunlich wenige Requisiten. Auch die Szenen gestalten die Künstler mit ideenreich-beredter Körpersprache.

Imitation des Literaturkritikers Reich-Ranicki

Komödiantisch bis dramatisch überspitzt, witzig-frivol bis ernsthaft und nachdenklich sind die Dialoge; nie oberflächlich, teils gesellschaftskritisch und psychologisch tiefsinnig, gespickt mit mancherlei doppeldeutigen Wortspielen.

Auch als Einzel-Darsteller sind beide unvergleichlich. Perfekt imitiert Daniel den berühmten Literaturkritiker Reich-Ranicki: ein Dialog mit Fingerpuppen über die schizophrene Persönlichkeit des Wolfes, ein Widerstreit zwischen Gut und Böse.

Wenige Requisite und viele Lacher. von privat
Wenige Requisite und viele Lacher. © privat

Christian hingegen sinniert als Hexe über politisch relevante Themen – satirisch-pointiert, mit makabren Elementen. Großartig auch Daniel als Kevin, der sich in typischer Jugendsprache über Hänsel und Gretel auslässt. In Frau Holle übernimmt er schließlich alle Rollen und mimt sie meisterlich.

Am Schluss der Reise streiten Grimm und Griese über die Metaphorik in Der Hase und der Igel – höchst unterhaltsam und tiefsinnig zugleich. Und so entlassen die begeisterten Gäste die beiden Akteure nicht ohne Zugaben und sind einer Meinung: Die alten Märchen haben mit dieser anderen Sichtweise neuen Aussagewert und Aktualität gewonnen.

Weitere Infos zum Programm gibt es hier.

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