Nach 50 Jahren schließt die Hauptschule in Kirchhundem

Interview zum Abschied


  • Kirchhundem, 28.06.2019
  • Von Christine Schmidt
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Monika Kemper (kommissarische Schulleiterin) und Willi Sondermann (vorheriger Schulleiter) erinnern sich an die schöne Zeit an der Hauptschule Kirchhundem. von Christine Schmidt
Monika Kemper (kommissarische Schulleiterin) und Willi Sondermann (vorheriger Schulleiter) erinnern sich an die schöne Zeit an der Hauptschule Kirchhundem. © Christine Schmidt

Kirchhundem. 50 Jahre Hauptschule Kirchhundem: Was sich eigentlich nach einem Jubiläum anhört, ist leider das Ende der Geschichte. Denn nach 50 Jahren schließt die Hauptschule zum Ende des Schuljahres. LokalPlus hat mit Monika Kemper (kommissarische Schulleiterin) und Willi Sondermann (vorheriger Schulleiter) über die Zeit an der Hauptschule gesprochen und was hier so Besonders war.


Nur 46 Schüler der Hauptschule sind heute im Gebäude – die Sekundarschule hat frei. Während die Schüler sich darauf freuen, ihren Abschluss zu machen, macht sich bei den Lehrern schon etwas Wehmut breit.

Nach 50 Jahren schließt die Hauptschule in Kirchhundem. Wenn eine solche Ära zu Ende geht, macht Sie das sicherlich traurig, oder?

Beide: Ja, natürlich. Im Prinzip ist es schade, dass ein so gut funktionierendes System aus teils politischen Gründen nicht mehr existiert und es nicht mehr angenommen wurde. Denn das Schulwahlverhalten der Eltern und Familien hat sich einfach geändert. Früher waren die Empfehlungen in der Grundschule verbindlich, heute zählt der Elternwille.

Können Sie sich noch an Ihre ersten Tage hier erinnern? Wie hat sich die Schule seitdem entwickelt?

Sondermann: Ja, das war 1979. Ich war jetzt 39 Jahre hier an der Schule. Ich kann mich noch daran erinnern, dass wir damals fast 700 Schüler hatten. Da war das Gebäude ziemlich voll und man musste auf andere Räume ausweichen.

Kemper: Wir hatten von Anfang an ein tolles Kollegium. Als ich 1995 hier anfing, war das Schöne, dass wir als junge Kollegen an die Hand genommen wurden. Die Älteren haben uns mitgenommen und gezeigt, wo’s lang geht - das fand ich ganz toll. Egal wer hier Schulleiter war, es passte einfach und war wirklich super.
„Da konnten sich manche von uns was abgucken“
Wenn Sie an die vergangenen Jahre zurückdenken, was waren tolle Erlebnisse?

Sondermann: Ganz einschneidend war die Verleihung des Hauptschulpreises 1991 in Berlin. Und uns wurde zweimal das Berufswahl-Siegel verliehen, für das das ganze Schulsystem bewertet wurde.

Kemper: Was natürlich erwähnenswert ist, ist der Punkt Berufswahlvorbereitung. Was in den letzten Jahren „von oben“ entwickelt wurde, lief hier schon lange so. Ob Praktika, Langzeitpraktika und Vorbereitung – das ist schon gewaltig gewesen, was die Hauptschule Kirchhundem da vorangebracht hat. Da konnten sich manche von uns was abgucken.

Die Hauptschule hatte einen sehr guten Ruf – wodurch wurde dieses Bild geprägt?

Kemper: Wenn wir die Schüler benotet haben, kam von den Unternehmen oft das Feedback, dass sie die Leistungen so bestätigen können. Aber für uns hat nicht nur die Leistung an sich gezählt, sondern auch die Persönlichkeitsentwicklung, also das Gesamtpaket. Hier sollten die Schüler etwas fürs Leben lernen. Dabei haben wir alle an einem Strang gezogen.

Sondermann: Dieses positive Bild haben die Schüler durch ihre Verhaltensweisen nach außen getragen. Und wir haben ihnen diese Richtung vorgegeben. Wir haben immer von den Firmen oder auch anderen Organisationen gehört: ‚Oh, die Schüler haben sich aber gut benommen, die wissen, was sich gehört‘. 
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Was wurde den Schülern hier mit auf den Weg gegeben – worauf lag der Fokus?

Sondermann: Früher hieß es Tugenden, heute sind es Schlüsselqualifikationen (lacht). Jedenfalls sind Zuverlässigkeit, Pünktlich und Respekt wichtige Werte. Der Versuch war es, dass die jungen Leute später im Leben klarkommen. Wir haben die Grundlagen dafür gelegt und jeder hatte dann die Möglichkeit, etwas daraus zu machen.

Kemper: Wir haben versucht, sie von der 5. Klasse bis ans Ende an die Hand zu nehmen, um ihnen alles zu eröffnen – natürlich auch immer wieder lockergelassen. Man ist auch ein bisschen stolz, wenn man viele, viele Ehemalige trifft und sieht, welche Berufe sie eingeschlagen haben. Das ist echt toll, welche Positionen manche heute haben – und das mit Hauptschule.

Sie haben immer eng mit heimischen Unternehmen zusammengearbeitet. Wieso war das so wichtig?

Sondermann: Das war für beide Seiten wichtig: Die Schüler haben Einblicke in die Betriebe erhalten und umgekehrt haben sich die Unternehmen natürlich die Schüler angesehen. Die Hauptschule hat da mit sehr vielen Firmen und auch Handwerksunternehmen zusammengearbeitet. Aber auch der Förderverein der Hauptschule Kirchhundem hat engen Kontakt zu einigen Betrieben und dadurch viele Türen geöffnet – das war schon wichtig.

Kemper: Ja, das war einfach eine „Win-Win“-Situation. Es war auch so gut wie nie ein Problem für die Schüler, eine Praktikumsplatz zu finden. Und aus diesen vielen Praktika, und auch Langzeitpraktika, sind dann auch ganz viele Ausbildungsplätze geworden. Weil die Betriebe wussten, den oder die Schülerin kann ich gebrauchen.   
„Eure Schüler grüßen ja sogar“
Warum haben Sie hier so gerne unterrichtet?

Kemper: Das habe ich definitiv. Von Seiten des Kollegiums habe ich immer Hilfe und ein offenes Ohr erhalten. Untereinander war einfach eine super Stimmung. Es war Verlass auf den anderen und alle haben an einem Strang gezogen. Von den Schülern her hatten wir es auch einfacher, als andere Schulen in der Stadt zum Beispiel – wir sind hier einfach auf dem Land. Ich habe die Ausbildung zur S I-Lehrerin gemacht und wurde dann an der Hauptschule eingesetzt. Als als ich hier war, wollte ich an keiner anderen Schule mehr unterrichten. Ich bin überzeugte Hauptschullehrerin geworden und bleibe es auch. 

Sondermann: Da kann ich nicht viel hinzufügen. Auch wenn wir mal Besuch von Anderen hatten, waren die immer sehr angetan von unserer Schule. Dann hieß es immer „bei euch wird ja sogar mal gelacht, oder eure Schüler grüßen ja sogar“.
Rückzug für die Sekundarschule
Und wann kam dann die erste Klasse der Sekundarschule? Was hat sich seitdem verändert?

Sondermann: Zum Schuljahr 2014/15 kamen die ersten Fünftklässler der Sekundarschule. Man hat eben das komische Gefühl, dass hier etwas ausläuft. Klar, dann bekommen die Schüler natürlich mit, dass es sich baulich verändert. Aber wir hatten keine Probleme mit den Räumen.

Kemper: Wir haben Jahr für Jahr immer mehr vom Gebäude abgegeben und Platz gemacht, den die Sekundarschule auch benötigt. Wir wurden einfach immer kleiner und jetzt haben wir noch zwei Klassen. Ein geplanter Rückzug, könnte man sagen.
Große Abschlussparty am 6. Juli
Wie geht es jetzt für Sie weiter?

Kemper: Ich gehe zum 1. August an die Hauptschule in Schmallenberg. Ein paar Stunden bin ich schon jetzt dort vor Ort.

Sondermann: Ich bin ja schon pensioniert (lächelt).

Wenn Sie ehemaligen Schülern oder Kollegen noch einmal etwas sagen könnten, was wäre das?

Kemper: Dass ich mich gerne an die Zeit erinnere und hoffe, dass es allen Schülern ebenso geht.

Sondermann: Dass wir versucht haben und hoffen, ihnen einen guten Start ermöglicht zu haben. Daran haben wir immer gearbeitet, dass die Schüler das erreichen.
Info
  • Am 6. Juli findet die Party „Scool’s out for ever“ statt
  • Kirchhundemer Schützenhalle
  • Abschlussparty zum Auslaufen der Hauptschule / Ehemaligenparty
  • Ab 19 Uhr
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