„In diesem Dorf zu leben, ist ein Geschenk“

Wirme feiert 625-jähriges Jubiläum


  • Kirchhundem, 14.09.2023
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Josef Kneer liebt sein Heimatdorf Wirme. An diesem Wochenende feiert der Ort 625-jähriges Jubiläum. von Tine Schmidt
Josef Kneer liebt sein Heimatdorf Wirme. An diesem Wochenende feiert der Ort 625-jähriges Jubiläum. © Tine Schmidt

Wirme. 625 Jahre Wirme – und 83 davon hat Josef Kneer, oder besser gesagt „Kneers Jupp“, in dem Ort miterlebt. Im Gespräch mit LokalPlus erzählt der noch 82-Jährige, warum das 150-Seelen-Dorf so lebenswert ist, warum er ein Jahr weg war und wieso hier alle adelig sind. Ein Abstecher in die Wirme.


„Ja, so heißt es tatsächlich. Ich lebe in der Wirme“, erklärt Josef Kneer direkt zu Beginn und fügt mit einem Zwinkern hinzu: „Deswegen sind hier auch alle adelig.“ Aber tatsächlich: Die Redewendung „aus der Wirme zu kommen“ ist im Volksmund bekannt.

Josef Kneer lebt schon immer hier. „Ich wurde sogar hier an diesem Platz geboren“, sagt er. 1940 kam er in seinem Elternhaus, das später abgerissen wurde, zur Welt. 1966 baute er mit seiner Frau Brigitte das Haus, in dem sie noch heute wohnen.

Josef Kneer mit seiner Ehefrau Brigitte. von Tine Schmidt
Josef Kneer mit seiner Ehefrau Brigitte. © Tine Schmidt

Eigentlich sei Wirme in seiner Kindheit schon so „groß“ gewesen wie jetzt. Knapp zehn Häuser seien vielleicht hinzu gekommen, glaubt Kneer. Er erinnert sich an seine Kindheit und Jugend im Dorf. Schlittenfahrten die Wegescheide runter, Bolzen auf den umliegenden Wiesen und lange Nächte bei „Kusens“, der örtlichen Kneipe – auch bis ins Siegerland bekannt. „Das waren herrliche Zeiten.“

Mit drei Geschwistern wuchs er auf. Kneer erzählt von Hitlers Zeiten. Seine Schwester hatte das Downsyndrom, weshalb die NSDAP sie damals holen wollte. Sein Vater setzte sich zur Wehr. Kneer selbst bekam im Alter von fünf Jahren mit, wie ein 14-jähriges Mädchen am Kohlhagen erschossen wurde.

Immer füreinander da

Seine Familie gehörte zu den ärmsten im Dorf. In der Nachkriegszeit hätten viele Familien ein Schwein, ja manche sogar Kühe und Hühner gehabt. „Wenn geschlachtet wurde, haben wir immer etwas von anderen abbekommen“, erzählt der 82-Jährige. „Alle halfen sich untereinander.“ Mit der Heu- und Kartoffelernte verdiente man sich ein paar Mark dazu.

Genau das schätzt das Ehepaar Kneer sehr am Dorf: den Zusammenhalt. „Auch wenn man sich hier fast gegenseitig in den Kochtopf gucken kann, beim kleinsten Problem wird Hilfe angeboten“, sagt Josef Kneer. Viele Bürger hätten viel für den Ort getan.

Josef Kneer liebt sein Heimatdorf Wirme. An diesem Wochenende feiert der Dorf 625-jähriges Jubiläum. von Tine Schmidt
Josef Kneer liebt sein Heimatdorf Wirme. An diesem Wochenende feiert der Dorf 625-jähriges Jubiläum. © Tine Schmidt

Für den Senior von großer Bedeutung sind die Antennengemeinschaft und der Wasserverband, der Wirme mit eigenem Trinkwasser versorgt. Hier wirkte Kneer viele ehrenamtliche Stunden mit. Und auch im Sportverein, Schützenverein, Gesangverein und der Dorf AG war der 82-Jährige immer aktiv. Dort verbrachte er mehr Stunden als bei seiner Frau, was für manche Sprüche sorgte.

Ehefrau Brigitte erzählt, dass er als Schriftführer zur Versammlung der Dorf AG ging und seinen Posten abgeben wollte. Das tat er auch. Als er abends wiederkam, war er nämlich kein Schriftführer mehr, sondern Vorsitzender. Auch seine Frau wirkte anschließend als Vorsitzende des Vereins – übrigens zum 600. Jubiläum von Wirme - mit.

 von Tine Schmidt
© Tine Schmidt

Bei der Aufzählung, was es alles in Wirme gibt, ist Kneer fast nicht zu bremsen: Frauengemeinschaft, Böllerclub, das bekannte Wildschweingrillen, eine neue Dorfgemeinschaftshalle, den Spielplatz – „wir haben sogar Pläne zum Mähen und Putzen der Kapelle“, sagt er. Jeder helfe mit und viele setzten sich immer wieder für den Ort ein. Kneer fügt noch hinzu, dass auch der Böllerclub moderner geworden sei. Bei jedem Neugeborenen im Ort werde geböllert - aber damals nur bei Jungs, heute zum Glück auch bei Mädchen.

Feuerwehrhaus als Gemeinschaftsprojekt

Das neue Feuerwehrhaus sei das Vorzeigeprojekt von gemeinschaftlicher Arbeit gewesen, erzählt Kneer. Allein aus seiner Familie halfen drei Generationen mit – er, Schwiegersohn und Enkel.

Der Zusammenhalt und Einsatz im Dorf seien schon früher so gut gewesen, erinnert sich Kneer. „Und heute ist das sogar noch besser. Der neue Vorstand der Dorf AG macht einen so tollen Job“, lobt der Wirmer. „In dem Dorf zu leben, ist ein Geschenk.“

Info

Wirme feiert am Samstag und Sonntag, 16. und 17. September, ein Festwochenende zum 625-jährigen Jubiläum

  • Der Samstag beginnt bereits um 10.30 Uhr mit zwei Wanderrungen
  • Um 13 Uhr gibt es dann das große Erbsensuppenessen
  • Um 14 Uhr folgt die Begrüßung der Dorf AG und leistet Martin Vormberg einen Beitrag zur Dorfgeschichte
  • Ab 17 Uhr sorgt dann Magic Maschke für musikalische Unterhaltung
  • Der Sonntagmorgen beginnt um 11 Uhr mit einem Hochamt in der örtlichen Kapelle. Daran schließt sich ab 12.30 Uhr ein zünftiger Frühschoppen mit dem Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Brachthausen an
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