Flüchtlinge in Wenden

Stand, Planung und Koordination


  • Wenden, 01.12.2015
  • Von Katja Fünfsinn
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    Katja Fünfsinn

    Redaktion

Die Teilnehmer der Flüchtlingskonferenz in Wenden informierten rund 180 Zuschauer über die aktuelle Flüchtlingssituation in der Gemeinde. von s: Katja Fünfsinn
Die Teilnehmer der Flüchtlingskonferenz in Wenden informierten rund 180 Zuschauer über die aktuelle Flüchtlingssituation in der Gemeinde. © s: Katja Fünfsinn

Momentan leben 339 Asylsuchende in der Gemeinde Wenden. Da in den kommenden Wochen mit noch mehr Zuweisungen zu rechnen ist, informierten Vertreter der Gemeinde, Polizei und ehrenamtlichen Initiativen rund 180 Zuschauer über die aktuelle Situation und die Planungen.


Zu Beginn der Veranstaltung in der Aula des Konrad-Adenauer-Schulzentrums stellte Bürgermeister Bernd Clemens die Situation in der Gemeinde Wenden vor. Demnach leben derzeit 339 Asylsuchende quer über das Gemeindegebiet verteilt. Die meisten kommen aus Syrien und Afghanistan, sind zwischen 18 und 30 Jahre alt und teilen sich in 50 Familien und Ehepaare, acht alleinstehende Frauen und 153 alleinstehende Männer auf.
80 Zuweisungen im November
Anhand einer Grafik machte Clemens deutlich, dass die Zahl der zugewiesenen Flüchtlinge seit September deutlich gestiegen sei. Im November sind 80 neue Asylsuchende hinzugekommen. Die Menschen leben in Containern, Wohnungen oder noch in den Turnhallen in Ottfingen und Rothemühle. Die Gemeinde werde die bestehenden Container erweitern und weitere Wohnungen anmieten. Aber: "Im Grunde genommen haben wir keinen Platz mehr", unterstrich Clemens. "Der Wohnungsmarkt ist leergefegt." Deswegen sei es so wichtig, dass sich private Vermieter finden würden.
Denn die Container-Lieferanten bräuchten mittlerweile bis zu sechs Monate, um zu liefern. Am Gerlinger Bahnhof werde demnächst ein Haus in Holzbauweise errichtet. Generell könne man keine Angaben darüber machen, wie es in den kommenden Wochen genau weitergehen wird. Denn es sei weiterhin unklar, wie viele weitere Menschen der Gemeinde zugewiesen oder auf der anderen Seite auch wieder ausgewiesen würden.
Von Eritrea nach Wenden
Daniel Teklebrahn lebt seit einem Jahr in der Gemeinde Wenden und schilderte den Zuschauern seine Flucht aus Eritrea. Geflohen sei er vor der Gewalt, die er durch das Militär erlebt habe. Als junger Mann habe man in Eritrea keine Möglichkeit, dem Militärdienst zu entkommen, deswegen floh er über den Sudan nach Libyen und weiter über das Mittelmeer nach Italien. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Schweiz kam er schließlich nach Deutschland. Auf seiner Flucht habe er viele schlimme Erfahrungen gemacht. Bei der Überquerung des Mittelmeeres sei er beinahe ertrunken. In Libyen war er drei Monate lang inhaftiert. Die Polizisten hätten ihm eine Waffe an den Kopf gehalten und abgedrückt. "Ich wusste nicht, dass die Waffe nicht geladen war. Ich hatte Todesangst." Die Polizisten hätten nur gelacht. "Wir möchten uns bei den Deutschen bedanken, dass wir hier ein freies Leben in Frieden leben können."
Stefan Bellmann, zuständig für die Flüchtlinge in der Gemeinde Wenden, skizzierte anschließend, wie nach der Ankunft neuer Asylsuchender verfahren wird: Zwei bis fünf Tage vor der Ankunft erfolge eine Ankündigung durch die Bezirksregierung Arnsberg, die Datenaufnahme finde bei Ankunft in der Gemeinde statt. Dann würden die monatlichen Leistungen ausgezahlt und auf die Krankenversorgung hingewiesen. Anschließend werden die Flüchtlinge in die dafür vorgesehenen Einrichtungen gebracht und die Daten an die Ausländerbehörde des Kreises Olpe übermittelt. Die Kosten für dieses Verfahren sollten von den Kommunen nur vorgestreckt werden, derzeit erhielten sie aber nur 30 bis 40 Prozent zurück. Bernd Clemens ergänzte, dass derzeit dennoch nicht von einer Steuererhöhung ausgegangen werde.
Kein Sicherheitsproblem
Polizeipräsident Diethard Jungermann sprach im Anschluss über die Angst der Bevölkerung vor möglichen Straftaten der Flüchtlinge. Er unterstrich: "Wir haben kein Sicherheitsproblem." Straftaten würden vor allem die Flüchtlinge untereinander betreffen. Ansonsten seien es vor allem Ladendiebstähle, die angezeigt würden. "Es gibt keine Übergriffe auf Deutsche." Für die Unsicherheiten in der Bevölkerung mache er die vielen Gerüchte verantwortlich. "Es wurde beispielsweise erzählt, dass ein Optiker seine Waren nicht mehr vor die Tür stellt, weil ständig geklaut wurde. Wir haben nachgefragt: Das stimmt nicht."
Runder Tisch regelt Ehrenamt
Christoph Kinkel, Gemeindereferent im Pastoralverbund Wendener Land, und Marie-Luise Pfaff, Koordinatorin für die ehrenamtliche Arbeit, stellten ihr Engagement vor. Mit Hilfe eines runden Tisches werde das ehrenamtliche Engagement gesteuert, damit die Ansprechpartner in den einzelnen Gemeinden sich vernetzen können. "Die Arbeit soll ja nicht doppelt gemacht werden", erläuterte Marie-Luise Pfaff. Sie betonte, dass noch Helfer für Möbeltransporte und den Aufbau von Schränken etc. gesucht würden. Auch engagierten sich vorwiegend Frauen, es würden aber Männer für die Betreuung der männlichen Flüchtlinge gesucht. Anschließend fand unter der Leitung von Moderatorin Natascha Kempf eine Fragerunde statt, an der sich zahlreiche Zuschauer beteiligten:

Welche Leistungen erhalten die Asylsuchenden im medizinischen Bereich?

Die medizinische Versorgung bezieht sich auf Notfall- und Schmerzbehandlung. Die Gemeinde arbeitet mit dem Gesundheitsamt Olpe und Ärzten zusammen.

Gibt es Menschen, die bereits einer Arbeit nachgehen?

Einige üben Minijobs aus, bei anderen ist dies in Planung.

Gibt es Schulungen für Ehrenamtler?

Das Kommunale Integrationsforum Olpe und der Kreis Olpe bieten Informationsveranstaltungen an.

Viele wollen helfen, haben aber nur unregelmäßig Zeit. Gibt es eine Plattform, auf der kurzfristiges Engagement koordiniert wird?

Das gibt es in dieser Form nicht. Wer gerne kurzfristig helfen möchte, kann sich mit Marie-Luise Pfaff in Verbindung setzen. Jeder kann und soll sich nur so einbringen, wie es zeitlich möglich ist. Die Helfer in den einzelnen Orten sind zudem in Whats-App-Gruppen organisiert.

Stichwort Baumaßnahmen für die Unterbringung der Flüchtlinge: Wird hier versucht, Geld in die heimische Wirtschaft fließen zulassen, indem Firmen vor Ort beauftragt werden?

Wenn möglich, ja. Allerdings muss teilweise sehr schnell gehandelt werden. In dem Fall ist eine öffentliche Ausschreibung nicht möglich.

Es kursiert das Gerücht, dass Personen ihr Geld nicht zum eigenen Lebensunterhalt nutzen, sondern es zu ihren Familien schicken. Wäre es nicht besser, die Bezüge in Sachleistungen umzuwandeln?

In einem Fall trifft dieses Szenario zu. Dort werden die Leistungen in Gutscheine umgewandelt. Dass für alle Asylsuchenden umzusetzen würde einen zu großen personellen Aufwand bedeuten.

Frage an die Polizei: Reicht das Personal aus?

Die Polizei fährt Streife, um Präsenz zu zeigen. Dazu sind Extraschichten und neugestaltete Dienstpläne notwendig. Dies ist mit dem eigenen Personal zu schaffen.

Helfen die Asylsuchenden bei Umzügen oder Renovierungsarbeiten, für die immer viel Hilfe gesucht wird?

Ja, sie helfen viel und stehen sofort parat. Es werden aber Fahrzeuge und handwerklich begabte Helfer gesucht.

Es kursiert das Gerücht, dass Flüchtlinge mit dem Taxi zum Arzt fahren. Stimmt das?

Es gab einen Ausnahmefall, wo dies aus gesundheitlichen Gründen notwendig war. Die Regel ist das nicht.

Was zahlt die Gemeinde für Mietwohnungen?

Die ortsübliche Miete von durchschnittlich fünf Euro pro Quadratmeter. Informationen, dass pro Person 15 Euro pro Tag von der Gemeinde gezahlt würden, sind nur Gerüchte.

Wird darauf hingearbeitet, dass die Turnhallen wieder für den Schul- oder Vereinssport frei werden?

Das kommt auf die Zuweisungen in den kommenden Wochen an. Derzeit wird von 90 weiteren Plätzen ausgegangen, die bis Weihnachten benötigt werden. Wenn es in diesen Dimensionen weitergeht, werden die Turnhallen noch länger benötigt. Generell ist man darum bemüht, die Menschen so schnell wie möglich in Wohnungen unterzubringen.

Nach der Veranstaltung informierten sich viele Zuschauer an unterschiedlichen Ständen im Foyer über die ehrenamtlichen Aktionen. Viele trugen sich dabei in Listen ein.
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