Spannende Lesung mit Michael Tsokos

Reale Fälle und echte Tatorte


  • Olpe, 03.11.2015
  • Von Katja Fünfsinn
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    Katja Fünfsinn

    Redaktion

Michael Tsokos, Gerichtsmediziner und Bestseller-Autor, war zu Gast im Olper Amtsgericht. Sein neuer Roman "Zerschunden" basiert größtenteils auf wahren Begebenheiten. von s: Katja Fünfsinn
Michael Tsokos, Gerichtsmediziner und Bestseller-Autor, war zu Gast im Olper Amtsgericht. Sein neuer Roman "Zerschunden" basiert größtenteils auf wahren Begebenheiten. © s: Katja Fünfsinn

Das Foyer des Amtsgerichts wurde zur Leichenhalle: Michael Tsokos war zu Gast in Olpe und las Ausschnitte aus seinem neuen Roman "Zerschunden". Besonders spannend war dabei, dass die meisten Geschehnisse reale Fälle aus dem Leben des Gerichtsmediziners sind. Und so wurde die Lesung mit Fotos von echten Tatorten umrahmt.


Tatsächlich hätte kaum ein Ort für diese Lesung passender sein können als das Foyer des Olper Amtsgerichts: Von einigen wenigen Lampen angestrahlt begrüßte Michael Tsokos sein Publikum. Das saß im Dämmerlicht vor ihm, sichtlich gespannt darauf, was der Gerichtsmediziner und Autor erzählen würde. Der versprach direkt zu Beginn: "Rund 80 Prozent des Buches basieren auf wahren Erlebnissen und betreffen reale Personen." Die Auszüge aus seinem True-Crime-Roman "Zerschunden" werde er daher mit Fotos von echten Tatorten und - ja, die Zuschauer mussten stark sein - auch von echten Leichen umrahmen.
Tapferes und interessiertes Publikum
"In zwei Lesungen mit insgesamt 700 Leuten ist bisher nur eine Frau ohnmächtig geworden. Das ist ein guter Schnitt, finde ich", resümierte Tsokos. Und, so viel sei vorweg verraten - das Olper Publikum war tapfer und schaute interessiert auf die beiden großen Leinwände. Auf denen verwandelten sich original Aufnahmen von Gebäuden oder Räumen in comichafte Szenen.
Schreibwütiger Serienmörder
In "Zerschunden" geht es um einen Serienmörder, der seinen Opfern kurze Nachrichten auf den Körper schreibt. Die lassen die Ermittler rätselnd zurück. Der Berliner Gerichtsmediziner Dr. Fred Abel überlässt die Ermittlungsarbeit nach einer Autopsie zwar lieber der Polizei, aber in diesem Fall ist alles anders. Sein alter Freund Lars Moewig sitzt in U-Haft. Der Vorwurf: Zweifacher Mord. Zwar scheint alles zunächst so, als ob sein Freund als schreibwütiger Serienmörder infrage kommen könnte, aber so recht glauben will Abel das nicht.
Dann passiert ein dritter Mord in Bari, der das gleiche Muster aufweist. Nun steht fest, dass Moewig nicht der Serienmörder sein kann, aber die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam. Und seine kleine Tochter hat nur noch wenige Tage zu leben. Also macht sich Abel, in seinen Recherchen unterstützt von Profiler Timo Jankowski, auf die Suche nach dem wahren Täter. Eine Suche, die ihn durch halb Europa führt.
Filmausschnitte und Virtopsy
Michael Tsokos las einige Szenen aus seinem Buch vor. Anhand von Sequenzen aus deutschen oder amerikanischen Kriminalserien und -filmen stellte er zwischendurch dar, wie die Arbeit eines Rechtsmediziners abläuft - oder eben auch nicht. Denn - wie zu erwarten - längst nicht alles, was im Fernsehen gezeigt wird, entspricht der Realität. "Von einem Stück Beckenknochen kann man nicht auf das komplette Leben eines Menschen schließen." Was allerdings wie ein Auszug aus einem Science-Fiction-Film klingt, wird tatsächlich in einigen Sektionssälen durchgeführt: die Virtopsy (Virtuelle Autopsie). Dieses Verfahren erspart die Öffnung des Leichnams. Mit Hilfe eines Computertomographen kann die Todesursache am Bildschirm recherchiert werden, wie Tsokos mit kurzen Sequenzen auch bildlich zeigte. "Wir können das Verbrechen genau rekonstruieren", erläuterte er. Ein weiterer Vorteil: Die Bilder können über Jahre aufbewahrt werden.
Makabrer Humor
Wer sich nicht mit makabrem Humor anfreunden kann, sollte auf den Besuch einer Lesung von Michael Tsokos wohl besser verzichten. Wer ihn mag, wird an dem Abend voller bissig und beinahe schon stoisch vorgetragener Anekdoten viel zu lachen haben. Beispiel gefällig? Da der Mörder in seinem Roman vorwiegend in der Nähe von internationalen Flughäfen sein Unwesen treibt, wollte Michael Tsokos ihn "Miles-and-more-Killer" nennen. Seinen Verlag habe er aber nicht von dieser Idee überzeugen können. Dass dem größten Teil seines Thrillers reale Begebenheiten zugrunde liegen, ist für Tsokos selbsterklärend. So kommentierte er den - Achtung, wieder eine wahre Geschichte - Fund eines Männerkopfes mit zusammengeklebten Lippen in einem Kochtopf, während die Öffnungen des übrigen Körpers mit Bauschaum bearbeitet worden waren, mit den Worten: "Das könnte man sich gar nicht ausdenken."
Viele Bücher signiert
Tsokos' Lesung verging wie im Fluge, so interessant waren seine Anekdoten aus dem wahren Leben eines Gerichtsmediziners. Wie der Fall von Dr. Fred Abel ausgeht, verriet der Autor natürlich nicht. Wohl aber, dass "Zerschunden" der erste Teil einer Trilogie ist. Das Olper Publikum verabschiedete ihn mit viel Applaus.
Viele Zuschauer warteten anschließend geduldig darauf, eine persönliche Signierung des Autors zu erhalten. Das freute auch Georg Spielmann von der dreimann-Buchhandlung, der die Lesung organisiert hatte.
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